Ich war Jack Falcone
Ermittler vor einem Dilemma: Sie besaßen Beweise dafür, dass er viel mehr Geld ausgab, als er mit seinem einfachen Job auf dem Flughafen von Miami verdiente. Wie konnten wir ihn zu dem Geständnis bewegen, dass er von Willy und Sal Geld angenommen hatte, wenn dies eine Garantie für eine langjährige Gefängnisstrafe oder für seine Ermordung war – oder beides?
Das FBI und die Staatsanwaltschaft in Südflorida hatten eine kreative Idee: Ein verdeckter Ermittler sollte Moya nach dessen Schicht auf dem Flughafen ansprechen. Anstatt ihn zur Rede zu stellen und ein Geständnis zu verlangen – womit Moya sein Todesurteil unterschrieben hätte –, sollte der Agent vorgeben, ein Mitglied des Drogenkartells zu sein, und behaupten, er besitze ein unterschlagenes Schriftstück, aus dem hervorgehe, dass Moya demnächst wegen Bestechung angeklagt werden solle.
Mit anderen Worten: Der verdeckte Ermittler würde nicht fragen: »Warum haben Sie das getan?« Stattdessen würde er sagen: »Hör zu, Miguel. Wir wissen, dass du Ärger hast, und wir wollen dir helfen. Melde dich, wenn du etwas brauchst, und wir hauen dich raus. Wir lassen dich in Zeiten der Not nicht im Stich.«
Die Kollegen hofften, dass Moya unter diesen Umständen zugeben würde, Bestechungsgeld angenommen zu haben. Die Frage war nun: Welcher Agent war der Richtige?
Mario Tariche, einer der Agenten, die an diesem Fall arbeiteten, hatte einen Bruder namens Rey Tariche in der New Yorker Außenstelle. Mario unterrichtete Rey über den Fall und fragte ihn, ob er einen geeigneten Agenten kenne. Ich hatte das richtige Alter – Mitte 40 –, war Kubaner wie Willy und Sal und sah selbstverständlich nicht wie ein Cop aus. Also fuhr ich nach Miami, wo man mich mit dem Fall vertraut machte. Wir schmiedeten einen Plan. Ich würde einen Cadillac mieten und mit ihm zu dem Parkplatz fahren, auf dem Moya sein Auto während der Arbeit abstellte. Am frühen Morgen würde ein FBI-Lieferwagen vorfahren und ein paar Meter von Moyas Auto entfernt parken. Ein weiterer FBI-Agent würde in der Nähe parken, seinen Platz aber rechtzeitig für mich räumen, kurz bevor Moya Feierabend hatte. Im Lieferwagen sollten sich FBI-Agenten mit Kamera und Tonband aufhalten, und auch ich sollte einen Rekorder bei mir tragen.
Nun, der Tag kam. Am Morgen fuhr Moya auf einen Parkplatz, die FBI-Fahrzeuge stellten sich neben ihn. Die Welt war in Ordnung. (Klar, ich glaube an Murphys Gesetz.) Kurz bevor Moyas Schicht endete, fuhr ich zur Garage und stellte meinen gemieteten Cadillac (mit Videokamera und Tonbandgerät für den Fall, dass Moya der Hitze in Miami entfliehen und während des Gesprächs in einem bequemen, klimatisierten Auto sitzen wollte) auf dem für mich reservierten Platz ab. Dann wartete ich auf Moya.
Das Problem war: Moya kam nicht.
Wo war er? Hatte ihn jemand gewarnt? Niemand wusste es. Wir alle flippten schier aus. Er verließ seinen Arbeitsplatz immer zur gleichen Zeit, fuhr immer zur gleichen Zeit im Shuttle zum Parkplatz und so weiter. Trotzdem konnten wir ihn nirgends sehen.
Meine größte Furcht als verdeckter Ermittler – abgesehen natürlich von dem Risiko, ermordet zu werden – ist, dass mein Aufzeichnungsgerät nicht funktioniert. Darum schaltete ich es ein und hoffte das Beste, obwohl ich Moya noch nicht gesehen hatte.
Kurze Zeit später tauchte er scheinbar aus dem Nichts auf und wollte in sein Auto steigen.
Rasch sprach ich ihn an.
»Sie kennen mich nicht«, sagte ich auf Spanisch. »Ich gehöre zur Organisation von Willy und Sal. Ich habe Insiderinformationen über eine Anklage, die gegen Sie vorbereitet wird.«
Ich zeigte ihm das Dokument, das wir im Büro aufgesetzt hatten, angeblich eine Zusammenfassung der bevorstehenden Anklage.
Natürlich war er entsetzt. Ich redete weiter und hielt mich an das Drehbuch, das wir abgesprochen hatten.
»Willy und Sal sind auf Ihrer Seite«, versicherte ich ihm. »Wir werden nicht tatenlos zusehen, falls diese ärgerliche Anklage erhoben wird. Wir sind immer für Sie da und tun für Sie, was wir können.«
Moya fragte sich bestimmt, wer dieser hünenhafte Mann war, der ihm diese schlimmen Neuigkeiten überbrachte. Er hatte offensichtlich geglaubt, er sei mit seinem Verbrechen davongekommen, und war nun völlig niedergeschmettert, als er hörte, dass ihm der Staatsanwalt auf den Fersen war. Aber ich musste noch aus ihm herauskriegen, was er mit dem Geld gemacht hatte. Das käme dem Geständnis gleich, dass er
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