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Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Titel: Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bas Kast
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dieser Kreativitätsschub aus. Eine Zweimillionenmetropole ist, gemessen an den in ihr produzierten Patenten, kreativer als zwei Einmillionenstädte zusammengenommen (und zwar um, im Schnitt, ungefähr 15 Prozent).
    Der durchschnittliche Städter aber wird mit der Größe seiner Stadt nicht nur erfinderischer, er wird auch wirtschaftlich produktiver, krimineller und anfälliger für Infektionskrankheiten: Steigt die Einwohnerzahl einer beliebigen Stadt, steigen auch ihr Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, ihre Kriminalitäts- und ihre Aids-Erkrankungsrate. [146]  
    Generell kann man sagen: Mit der Größe einer Stadt steigt ihr Tempo (wirtschaftliche Produktivität ist ja nichts anderes als der hervorgebrachte Güterwert pro Zeiteinheit ), und diese Beschleunigung zeigt sich bis ins Alltagsverhalten der Einwohner. Beispiel: Da, wie wir gesehen haben, die »Erlebnisdichte« einer Stadt um einiges größer ist als die eines Dorfs, wäre es in mancher Hinsicht rational, sich in einer Stadt langsamer fortzubewegen als auf dem Land. Schließlich wird einem in einer Millionenmetropole auf einer Strecke von wenigen Metern oftmals mehr geboten als in einem Kuhdorf auf einer Strecke von, sagen wir, mehreren hundert Metern. Tatsächlich aber ergeben Studien hierzu eher das umgekehrte Bild: Statt langsamer zu gehen, legen Menschen in großen Städten nachgerade einen Schritt zu und gehen schneller.

Die Grafik links fasst die Ergebnisse von vier verschiedenen Studien mit Messungen aus mehr als 50 Dörfern und Städten von den 1970er Jahren bis ins 21. Jahrhundert zusammen, insgesamt wurden weit über 10 000 Passanten beobachtet. Die Kürzel stehen für Stuttgart (S), Frankfurt (F) und München (M). Die Einwohnerzahl ist logarithmisch dargestellt: Eine Verzehnfachung der Einwohnerzahl geht mit einer Geschwindigkeitserhöhung von ungefähr 0,1 Meter pro Sekunde (m/s) einher. [147]  
    Insgesamt geht die Umwelt des Organismus Stadt offenkundig mit anderen Spielregeln einher als die Umwelt eines biologischen Körpers: Die Stadt mag eine Art Körper oder Organismus sein, dieser Organismus jedoch überschreitet, wie es scheint, die herkömmlichen Gesetze, die man von Organismen aus dem Tierreich kennt. Statt das Lebenstempo ihrer Bausteine zu verlangsamen, ist es, als würde die Metropole das Tempo ihrer Einwohner in vielen Lebensbereichen geradezu erhöhen: Einzelne Städter gehen umso schneller, arbeiten umso effizienter und sind umso erfinderischer, je größer die Stadt ist, in der sie leben. Mag sein, dass die Zelle eines Elefanten langsamer wird, sobald sie sich in der Umwelt eines Elefantenkörpers befindet. Ein Mensch dagegen »lebt« schneller, wenn er sich in der Umwelt einer großen Stadt befindet, und er lebt umso schneller, je mehr Einwohner seine Stadt zählt.
    Einerseits gibt es für dieses Phänomen eine ganz simple Erklärung: Menschen, die gerne Gas geben, ziehen bevorzugt in die Großstadt und erhöhen so das Tempo dort (und Menschen, die am meisten Gas geben, bevorzugen vermutlich die größten Metropolen).
    Andererseits wirkt die Umgebung der Stadt sicher auch auf ihre Bewohner zurück und beschleunigt sie und ihr tägliches Leben. Wenn wir kurz die »Unruheformel« in Erinnerung rufen: Das Tätigkeitsangebot einer Stadt fällt generell umso umfangreicher aus, je größer die Stadt ist, wodurch die innere Unruhe ihrer Einwohner ebenfalls entsprechend steigen sollte, was wiederum zur Hast veranlasst.
    Informationen aller Art, die letzten Trends etc. regen uns ebenso an wie die stimulierenden zwischenmenschlichen Kontakte, auf die wir in der Großstadt vermehrt treffen. Nirgends in der realen Welt zirkuliert so viel Wissen, nirgends kommt man mit so vielen neuen Ideen in Berührung wie in der Großstadt, mit ihren zahlreichen Universitäten, Konferenzen, Podiumsdiskussionen, Lesungen etc.
    Menschen stecken ihre Mitmenschen jedoch nicht nur mit Wissen und Ideen an, sondern unangenehmerweise auch mit Viren und Bakterien, was der Grund dafür ist, weshalb in Metropolen nicht nur die Zahl der hervorgebrachten Patente pro Einwohner ungewöhnlich hoch ist, sondern auch, als Kehrseite der regen zwischenmenschlichen Interaktionen, die Aids-Erkrankungsrate.
    Und eine kreative Idee muss bekanntlich nicht immer positiv und ein Segen für die Menschheit sein, man kann ja, statt den Einfall zu einem neuen Patent, auch die Idee zu einem äußerst raffinierten Bankraub haben. Viele Menschen bieten viele Anreize und Gelegenheiten

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