Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)
das leise Klicken zu vermeiden, nahm die braune Milchflasche heraus, schraubte den weißen Plastikdeckel ab und goss sich eine halbe Kaffeetasse voll, ehe sie aus einer Küchenschublade ein reines Leinentuch nahm.
Die Blätter wurden tiefgrün und glänzten, als sie sie mit dem in Milch getunkten Tuch abwusch, sie wusch sorgfältig die ganze Oberfläche, bei jedem einzelnen Blatt, bis zum allerkleinsten neuen Trieb, der hellgrün war und schon von sich aus glänzte. Danach säuberte sie die hohen, himmelstrebenden Blätter des Bogenhanfs auf dieselbe Weise, diesmal aber auf beiden Seiten der Blätter, bis die grüne Marmorierung deutlich zu sehen war. Sie bohrte den Finger in einigen Töpfen in die Erde, aber die war noch feucht genug. Das war schade, es machte so viel Freude, gießen zu können.
Sie beschloss, auch den Philodendron zu waschen, obwohl das eine gewaltige Arbeit war. Doch sie hatte Zeit genug. Sie nannte ihn »ihren gespreizten Blattphilodendron« nach der Form der Blätter, aber das verriet sie natürlich keinem Menschen. Wem hätte sie es auch erzählen sollen? Die Jungen interessierten sich nicht für Pflanzen, und mit den Nachbarn hatte sie keinen Umgang, das hatte Fartein beschlossen. Es könnte leicht zu viel werden, hatte er gesagt, plötzlich ließen die Nachbarn einem kein Privatleben mehr.
Der Bogenhanf hieß auch »Schwiegermutterzunge«, aber dieser Name gefiel ihr nicht, denn ihre Schwiegermutter war tot, das wäre respektlos. Es gefiel ihr auch nicht, dass manche die Pflanze den »Ewigen Juden« nannten, dann musste sie immer an den schrecklichen Hamsun denken, der ihren Heimatort in Verruf gebracht hatte. Dennoch liebte sie ihre Ewigen Juden, die wuchsen so schnell, dass man es fast mit bloßem Auge sehen konnte, sie hatte sie im ganzen Haus stehen. Wenn man sie an eine dunkle Stelle stellte, entwickelten sie in ihren winzigen zierlichen Blättern eine wunderschöne Marmorierung. Wenn sie im Licht standen, wurden sie überall saftig grün. Das Wohnzimmerfenster ging nach Westen, das Licht hier war perfekt, sie konnte jede Pflanze ziehen, die sie wollte. Außerdem ließ sich
Bogenhanf zu allen möglichen Formen züchten; wenn sie ihn im Frühjahr stark beschnitt, wurde er niedrig und dicht, wenn sie ihn frei wachsen ließ, gab es lange Ranken, die sich in einer Ampel an der Wand sehr gut machten.
Einige Zeit zuvor hatte sie vor dem Müllschacht leeres Verpackungsmaterial stehen sehen, auf dem ein Zimmerspringbrunnen abgebildet gewesen war. Sie hatte Anzeigen für solche Zimmerspringbrunnen in der Illustrierten gesehen. Das Wasser lief in einem System von Röhren im Kreis, bildete einen kleinen Springbrunnen und rieselte über drei Absätze aus von unten angeleuchtetem Kunststoff in eine kleine Auffangschale. Man konnte Topfblumen um den Brunnen herum aufstellen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wer aus ihrem Haus einen solchen Springbrunnen gekauft haben sollte.
Im Herbst und Winter machte sie ab und zu einen Abendspaziergang, wenn die Kinder im Bett lagen und Fartein fernsah. Am liebsten sah er Sendungen über Krieg, und im Fernsehen kam viel darüber. Er verschlang alles über Vietnam und andere Kriege, seit er selbst sechs Monate als UN-Soldat in Gaza gewesen war, während sie Jan-Ragnar erwartet hatte. Fartein wusste alles über Krieg und Kriegsstrategien. Dann drehte er den Fernseher ganz laut und lieferte immer wieder lautstarke Kommentare, während sein Blick am Fernsehschirm klebte und sein Hintern am Rand des Sessels balancierte.
Sie dachte daran, wie gut es immer tat, allein an die kalte Luft und in die Dunkelheit zu kommen, wenn sie wusste, dass die Jungen schliefen und ihn nicht stören konnten. Das Allerbeste war, still mitten vor dem Block zu stehen, aus so weiter Entfernung, dass sie alle Fenster sehen konnte. Ihr Fenster war das schönste und üppigste, es leuchtete vor grünem vielfachen Wuchs und
war sehr schön zusammengesetzt aus hohen und niedrigen Pflanzen. Die beiden Hängelampen mitten in dem Grün verliehen dem Fenster einen Hauch von Urwald. Und sie waren die Einzigen, die zwischen den Vorhängen auf beiden Seiten keine Tüllgardine angebracht hatten, deshalb trennte nur klares Glas die Pflanzen von denen, die von außen das Fenster anschauten.
Die junge Frau Moe aus dem Erdgeschoss hatte nur einige Kakteen in groben Töpfen auf der Fensterbank stehen, noch dazu weit auseinander. Frau Åsen hatte eine Reihe von Primeln in identischen Töpfen. Bei Frau
Weitere Kostenlose Bücher