Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)
Aber vermutlich tropfte es noch immer von dem Besteck, das sie in der linken Hand hielt.
»Zehn Menschen. Zehn Bananen. Die sollen sie teilen. Das wäre natürlich eine Banane für jeden, wenn man es theoretisch berechnet. Aber was, wenn einer dieser zehn Menschen alle zehn Bananen an sich reißt? Wie fängt man das mathematisch auf?«
»Einer, der alle zehn nimmt?«
»Ja.«
»Da ist ungerecht«, sagte sie.
»Sehr ungerecht.«
»Dann teilen sie doch gar nicht.«
»So ist die Welt. Das kann vorkommen.«
»Aber …«
»Das heißt Statistik«, sagte er. »Und es ist gerade total aktuell, über den Durchschnitt zu sprechen. Wenn es zum Beispiel um Fernseher geht. Wie viele Fernseher sind verkauft worden, und wie viele Menschen leben in Norwegen? Dann spricht man darüber, wie viele Fernseher sich durchschnittlich im Land befinden.«
»Aber niemand hat zehn Fernseher.«
»Jetzt stellst du dich dumm. Hör mir doch zu. Wie stellt man in Zahlen dar, dass das mit dem Durchschnitt eine total unbrauchbare Information über die Wirklichkeit ist, wenn wir nur diese Durchschnittszahl hören?«
»Dann … dann muss man ausrechnen … wie …«
Er stand ganz still da. Ihm fehlten die winterliche Dunkelheit und sein eigenes Spiegelbild, wenn er so dastand und rauchte.
» … dass das für alle, die von all den Bananen oder Fernsehern nichts abgekriegt haben, ganz anders ist. Wo die doch gedacht haben, sie würden auch etwas kriegen.«
Sie hatte es begriffen. Ganz intuitiv hatte sie das Prinzip der Standardabweichung erfasst.
Anna, dachte er. Anna, wenn wir dieses kleine Wundertier doch nur zusammen erleben könnten, dann würde ich mich sogar trauen, ihr Schach beizubringen.
Die Globoid-Schachtel lag im Badezimmerschrank, sie war so erleichtert. Im Trockenschrank waren alle Wäscheleinen gefüllt, und sie hatten zwei Hosen des Vaters über die Tür zwischen Wohnzimmer und Diele gehängt. Sie schluckte mit lauwarmem Wasser aus dem Hahn zwei Tabletten hinunter, putzte sich die Zähne, zog sich aus und legte sich ins Bett unter die Decke. Die war eiskalt und alles andere als sauber. Zehn Bananen. Einer
nahm alle. Das war ungerecht, aber eigentlich auch wieder egal. Das war eben Mathe.
Zehn Bananen. Einer nahm alle. Während man geglaubt hätte, jeder würde eine bekommen.
Ihr Kopf wurde ruhig, sie wusste genau, wie lange das dauerte, nachdem sie die Tabletten geschluckt hatte. Es war so schön. Wie eine kleine Kuschelstunde zwischen den Tabletten und dem Schlaf. Zehn Bananen. Und vor dem Einschlafen dachte sie immer an Peggy-Anita Foss und ein wenig an Frau Salvesen. Aber vor allem an Peggy-Anita Foss. Wenn sie doch nur so sein könnte wie sie. Oder sie sein könnte, eine Erwachsene, die selbst bestimmen durfte. Oder Barbie, aber ohne Ken. Jetzt hingen überall saubere Kleider und Handtücher. Das war ein schöner Gedanke, alles war sauber, Kleider und Gläser und Messer und Gabeln. Und morgen würde sie Chlorin kaufen und rosa Seife und Klopapier, ja, das würde sie, ja, das würde sie, vielleicht. Es würde Omelett geben. Die anderen neun, die keine einzige Banane bekamen, mussten doch wohl auch eine Art Durchschnitt haben? Das würde sie schon noch herausfinden.
Dann bekommst du Zuckerzeug und Scho-ko-lade
Sie fand es schön, den Küchenboden zu bohnern, sie stand gern barfuß vor dem großen blauen Meer, das von Schritten und Verschleiß matt geworden war, um es dann mit klarem Bohnerwachs zu bedecken und zu sehen, wie bei jedem Strich mit dem Schrubber die blaue Farbe stärker und klarer hervortrat. Sie hatte mit Bindfaden ein Geschirrtuch am Schrubber befestigt. Aber zuerst wurde der Boden mit Salmiak geputzt und zweimal gespült. Dadurch wurde er richtig entfettet, und das Bohnerwachs haftete viel besser und hielt länger.
Alle anderen bohnerten ihren Boden vor Weihnachten, aber das tat sie nie, denn dann war es draußen und drinnen so dunkel, dass doch niemand etwas merkte. Aber wenn das Licht zurückkehrte, stellte sich auch der Drang ein, es in der Wohnung von Grund auf sauber und schön zu haben. Sie hatte schon die Decken in jedem Zimmer gesäubert mit einem Lappen und einem Besen. Die Decken waren aus bemaltem Beton und wurden ein wenig fleckig, aber eben doch sauber. Wenn die Böden fertig wären, würde sie mit den Fenstern anfangen, nicht nur draußen und drinnen, sondern auch von innen. Dafür mussten sie mit dem Schraubenzieher geöffnet werden, und Steingrim freute sich immer so, wenn er nach
Weitere Kostenlose Bücher