Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)
dachte, ich müsste ein Bild von euch machen.«
Sie hatte nicht gehört oder gesehen, dass er ins Wohnzimmer gekommen war, da stand er groß und lebendig und ganz normal mit seiner Kamera in der Hand, die er bei der Arbeit als Belohnung erhalten hatte, nachdem er hundert Volkswagen verkauft hatte. Er war derselbe wie immer. Was hatte er für ein Glück.
»Nein«, sagte sie. »Ich sehe doch unmöglich aus.«
»Unsinn. Ihr seid so schön, wenn ihr so dasitzt. Wenn du stillst.«
Schön…? Sie schaute auf das Kind hinab, sorgte dafür, dass es durch die Nase Luft bekam.
Bist du das, Aud? Bist du das wirklich?
Sie hielt den Kopf des schlafenden Kindes weiterhin in der Hand, schaute zu ihm auf, er machte drei Bilder, eines mit Blitzlicht.
»Anfangs hat er geweint, wenn er Hunger hatte«, sagte er.
»Er ist ja jetzt ein wenig älter. Er verlässt sich sicher darauf, dass ich alles im Griff habe.«
Aber das hatte sie, verdammt noch mal, gar nicht. Nichts hatte sie im Griff! Wie schwer konnte es eigentlich sein, ein kleines Kind zu haben? Hier stand er tagaus, tagein und erklärte einem blöden Erstkäufer nach dem anderen Boxermotoren und deren Vorteile auf winterlicher Fahrbahn, sah sie kommen und gehen, grübeln und rechnen, zeigte ihnen kleine Musterkarten mit den verschiedenen Lackfarben, Sitzbezügen und Ratensystemen,
redete sich den Mund fusselig darüber, warum Gangschaltung und Differentiale vor dem Boxermotor lagen, über Betriebssicherheit und Haltbarkeit und billige Ersatzteile, und sie konnte nicht einmal ein normales Mittagessen auf den Tisch stellen.
Verdammt, was hatte sie ihm heute für einen Müll vorgesetzt? Kein Wunder, dass sie selbst nichts aß. Mir ist schlecht, schlecht, schlecht, das war ihr dauerndes Gequengel. Ja, ihm war auch schlecht. Ihretwegen. Wegen des Hauses hier. Wegen des Essens, das sie kochte. Und wegen der Vorstellung, wie lange es dauern würde, bis das kleine Kind der Sohn würde, den er sich wünschte. Im Moment durfte er ihn ja kaum anfassen. Das schlafende Gesicht war alles, was er sah. Wenn sie ihn zurechtmachte, wollte sie allein im Badezimmer sein.
Er steckte die Kamera wieder in ihre Tasche. Jetzt hatte er jedenfalls seine Schroffheit von vorhin wiedergutgemacht, er hatte die beiden fotografiert und noch dazu die Lüge aufgetischt, es sei schön, sie so sitzen zu sehen. Aber Herrgott, wie lange sollte das noch so weitergehen? Sie konnte ja nichts vertragen, war wieder so eine Mimose geworden wie vor ihrer Schwangerschaft.
Er ging ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein, sie war im Badezimmer verschwunden, und er hörte das Wasser laufen. Seltsam, dass das Kind nie weinte, aber was wusste er denn schon über Babys? Das Bild kam, aber es wackelte, er schlug auf den Apparat, und das Bild blieb zitternd stehen. Er versuchte, herauszufinden, worum es ging, es war dieser Bjørn Nilsen, der einen Typen mit Südwester interviewte, sicher etwas über Fischer und Fischfabriken im Norden, etwas anderes schien den Kerl ja nicht zu interessieren. Etwas später sollte es eine Sendung über den Kings-Bay-Skandal geben, das könnte sich vielleicht lohnen.
Er ging auf den Balkon und steckte sich eine Zigarette an. Sie wollte nicht, dass er in der Wohnung rauchte, wo das Kind
doch da war. Als ob Rauch Kindern je geschadet hätte, er selbst war auf der Rückbank eines Autos aufgewachsen, während die Eltern vorn ununterbrochen geraucht hatten. Aber er wusste noch, dass seine Schwester immer gekotzt hatte. Im Auto war ihr immer schlecht geworden, eine Mimose genau wie Aud.
Und wenn er daran dachte, dass es seine Idee gewesen war, das mit dem Kind! Sie hatte warten wollen. Eine Ausbildung machen. Zur Handelsschule gehen. Aber er – was war er doch für ein Idiot – war überzeugt gewesen, dass sie stark und reif werden würde, wenn sie erst Mutter wäre. Dass sie nicht mehr so verdammt abhängig von allem Möglichen anderen wäre, fast nicht im Stande, auch nur eine eigene Meinung zu haben.
Vor dem Nachbarblock wechselte ein Mann bei einem grauen Volvo PV die Reifen.
Es war doch paradox, dass er zwar Autos verkaufte, sich selbst aber keins leisten könnte. Zwar würde er sehr gute Konditionen bekommen, aber es wäre trotzdem ein wenig zu teuer. Vorher müsste er sein Taifun-Motorrad verkaufen, aber das verschob er immer wieder. Er liebte dieses Motorrad, und Aud hatte wie angeklebt an seinem Rücken gesessen und ihre Ausflüge ebenfalls geliebt. Doch, ja, da hatte sie
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