Ich will doch nur küssen
ihr Gesicht an, sodass sie ihn ansehen musste. »Nein, du bist kein Mädchen für eine Nacht. Du bist weit mehr als das.« Sie hatte ihn abgelenkt, als sie ihn vorhin bestiegen hatte, aber jetzt hatte er wieder alle fünf Sinne beisammen.
Er sah die Fragezeichen in ihren Augen. »Nur zu, frag schon.«
Sie schluckte schwer und fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. »Wie viel mehr?«
»Du bist alles für mich«, sagte er schlicht. »Ich liebe dich.«
Ihr blieb der Mund offen stehen. »Du liebst mich? Ich … «
Ausgerechnet jetzt ertönte das Gebimmel eines Mobiltelefons. Es war nicht sein Klingelton.
Ihr Blick wanderte über den Kleiderhaufen auf dem Boden. »Das ist meins.«
»Lass es klingeln.«
»Okay.« Sie holte zitternd Luft.
Doch das Telefon klingelte unerbittlich weiter, bis der magische Augenblick vorbei war.
»Also gut, geh dran.«
Sie nickte, wälzte sich auf die andere Seite und stieg aus dem Bett. Bis sie das Handy endlich gefunden hatte, war das Klingeln verstummt. Sie warf einen Blick auf die Nummer. »Meine Mutter«, sagte sie.
»Du klingst überrascht.«
»Sie ruft mich selten an.« Faith richtete sich auf, kletterte wieder ins Bett und zog die Decke über den nackten Körper, bevor sie wählte.
Ihre Mutter ging sofort ran. »Mom?«
»Hast du es schon gesehen?«, tönte Lanie Harringtons Stimme laut und vernehmlich aus dem Telefon.
»Was?«, fragte Faith.
»Dein Vater«, heulte Lanie auf. »Jetzt hat er mein Leben zum zweiten Mal zerstört!«
»Jetzt beruhige dich erst einmal, und dann erklär mir, worum es geht«, forderte Faith ihre Mutter scheinbar gefasst auf, aber bei der Erwähnung ihres Vaters hatte ihre Hand zu zittern begonnen.
Da Lanie offenbar nicht in der Lage war, eine vernünftige Unterhaltung zu führen, versprach ihr Faith, sofort zu ihr zu kommen, und beendete das Telefonat.
Das war’s dann wohl. Sie würden sich nicht mehr über die drei Worte, die Ethan ausgesprochen hatte, unterhalten. Was auch immer sie hatte antworten wollen, er würde darauf warten müssen. Das heftige Pochen seines Herzens machte ihm qualvoll bewusst, was er da unvorsichtigerweise von sich gegeben hatte, ohne eine Antwort zu bekommen.
Kapitel 17
Als Faith bei ihrer Mutter eintraf, trug Lanie noch immer ihr Nachthemd und lag hysterisch weinend im Bett.
»Mom?«
»Wie konnte er nur?« Lanie deutete mit zitternden Händen auf die aufgeschlagene Zeitschrift auf ihrem Schoß.
Faiths Beine fühlten sich hölzern an, als sie nähertrat.
»Was ist das?«
»Ein Interview.«
Faith nahm die Ausgabe des News Journal zur Hand und starrte auf das Gesicht ihres Vaters. Seine Haare waren etwas grauer geworden, und er hatte ein paar weitere Falten bekommen, aber sein Gesichtsausdruck war unverändert. Seltsam, dass ihr die Arroganz in seinem Blick und in seiner Körperhaltung, an der auch sein Gefängnisaufenthalt nichts geändert hatte, erst jetzt auffiel. Nun, früher war sie eben noch jung und naiv gewesen.
Mit einem flauen Gefühl im Magen blätterte sie zum Anfang des Artikels zurück.
»Setz dich lieber«, schlug ihre Mutter vor. »Er ist ziemlich lang.«
Faith drehte sich um und betrachtete die Frau, die sich nie wie eine Mutter verhalten hatte. »Wusstest du davon, bevor die Zeitschrift herauskam?«
Lanie stierte auf ihre Hände. »Der Reporter hat angerufen und mich um ein Interview gebeten.«
»Und du hast natürlich eingewilligt.« Ihre Mutter ergriff jede Chance auf Ruhm oder Publicity, ohne sich über die möglichen Folgen Gedanken zu machen. »Was hast du ihm erzählt?«
»Die Wahrheit, wie ich sie sehe. Unter anderem, dass dein Vater kein schlechter Mensch war, sondern lediglich missverstanden oder zu seinen Taten angestiftet wurde. Aber leider hat man mich nur auszugsweise und irreführend zitiert.«
Faith schluckte schwer. »Welche Zitate haben sie denn verwendet?«
»Ein paar über mein altes Leben und darüber, was mir am meisten fehlt.« Lanie hielt den Kopf gesenkt und vermied es, Faith anzusehen.
»Mit anderen Worten, du kommst wie eine verwöhnte Diva rüber, die keine Reue kennt.«
Jetzt hob ihre Mutter doch den Blick. »Sprich nicht so mit mir!«, echauffierte sie sich.
Faith seufzte und ließ sich mit der Zeitschrift in der Hand auf einen Stuhl im Queen-Anne-Stil plumpsen, der in einer Ecke des Zimmers stand. »Findest du nicht, dass es allmählich an der Zeit ist, endlich einmal Klartext zu reden, statt weiterhin so zu tun, als wäre alles in
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