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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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Wie konnte ich mir so was Abwegiges überhaupt einbilden? Aus welchem Grund sollte er an mir interessiert sein?
    Tonjas Augen strahlen mich an, als wir uns bei den Schränken treffen. Aber das Strahlen verlischt sofort, als sie meinem Blick begegnet.
    »Was ist los? Nicht gut gelaufen?«
    Ich schüttele den Kopf und ziehe die Englischmappe so energisch heraus, dass ein paar lose Chemieblätter auf den Boden flattern. Wut ist immer noch besser, als loszuflennen.
    »Vendela«, sagt Tonja besorgt, »habt ihr euch gestritten?«
    »Nein. Ich erzähl’s dir später«, sage ich.
    »Okay.«
    Die Englischstunde dauert ewig. Obwohl es wehtut, muss ich immer wieder zu Nils gucken. Er kriegt von alldem nichts mit, weil er schräg vor mir sitzt. Warum macht mir das so viel aus? Das Ganze ist doch eh nur ein Spiel. Wer hat gesagt, dass irgendwann Ernst daraus wird? Bleibt mir nur, nicht mehr an ihn zu denken. Deshalb können Tonja und Lukas sich ja trotzdem treffen. Deswegen muss Nils sich ja nicht mit mir abgeben.
    »Vendela!«, sagt Grace mit Nachdruck. »Are you sleeping? I asked you to translate sentence number three, please!«
    Ich starre verwirrt auf das Blatt Papier vor meiner Nase. Grace hat eine durchdringende Stimme und spricht American English. Das klingt hässlich. Ich trainiere hart, British English zu lernen. Wahrscheinlich kann Grace mich deshalb nicht leiden. Sobald ich auch nur ansatzweise unkonzentriert bin, attackiert sie mich und weist mich zurecht. Zum Glück gelingt es mir, den Satz zu übersetzen, mit unregelmäßigem Verb und allem.
    In der Pause berichte ich Tonja von dem Treffen mit Nils. Sie schüttelt den Kopf und meint, dass ich überreagiere.
    »Nils ist einfach schüchtern«, sagt sie. »Man sieht doch schon von Weitem, dass er dich mag.«
    »Überhaupt nichts sieht man«, sage ich. »Man kann nie sehen, was der Kerl denkt. Ich hab jedenfalls keinen Bock mehr, ständig Angebote zu machen, die zu nichts führen. Das ist doch nur peinlich.«
    Tonja grinst. »Stimmt. Lass ihn lieber angekrochen kommen.«
    »Das tut er nicht.«
    »Wir werden ja sehen. Übrigens hab ich gehört, dass Ellen und Madeleine Mitte September ein Klassenfest planen. Da werdet ihr es ja dann wohl auf die Reihe kriegen, wenn nicht schon vorher was passiert.«
    »Äh, ich scheiß auf ihn.«
    Tonja lacht. »Ja, sicher. Beruhig dich erst mal wieder. Das wird sich schon klären.«
    Ich sehe Tonja an und in meinem Kopf taucht vorsichtig ein Gedanke auf. Sie geht doch heute Abend mit Lukas ins Kino. Alleine.
    »Könntest du nicht … vielleicht … bei Lukas nachhaken? Ob Nils irgendwas gesagt hat? Du weißt schon. Aber ganz unauffällig! Wenn Nils mitkriegt, dass ich das wissen will, sterbe ich.«
    Tonja nickt. »Ich versuch’s. Aber das muss ja gar nichts heißen. Ich bin mir nicht mal sicher, ob Nils mit Lukas über solche Dinge spricht. Glaubst du das?«
    Ich zucke mit den Schultern. Wer weiß schon, worüber Jungs reden? Tonja und ich hocken auf meinem Bett, hören Musik und reden über alles zwischen Himmel und Erde. Ist das bei Nils und Lukas auch so? Ich habe extreme Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass Lukas Nils erzählt, wie verliebt er in Tonja ist.
    Mit einem Mal ist es ganz still um uns herum. Wir laufen los, kommen aber trotzdem eine Minute zu spät zur letzten Stunde. Britt notiert unsere Namen mit einer empörten Falte zwischen den Augenbrauen.
    Lucky, lucky day.
    Nach der Schule fährt Tonja direkt nach Hause. Sie hat ihrer Mutter versprochen, ihr beim Großeinkauf zu helfen. Und dann will sie vor ihrem Date mit Lukas natürlich noch duschen und ihre Haare stylen.
    Ich habe keine Eile, schließe in aller Ruhe mein Rad auf und schiebe es vom Schulhof. Ehe ich mich auf den Sattel schwinge, höre ich Schritte hinter mir und Silja stellt sich neben mich.
    »Hi«, sagt sie.
    »Hi«, antworte ich und werfe einen Blick über die Schulter, um nachzusehen, ob sie Line im Schlepptau hat. Hat sie nicht.
    »Hast du was vor?«, fragt Silja. »Oder magst du mit zu mir nach Hause kommen?«
    Ich sehe sie erstaunt an. Zu ihren Pflegeeltern? Eben hatte ich zu gar nichts Lust, jetzt ist meine Neugier geweckt. Ich war noch nie in einer Pflegefamilie.
    »Okay. Wo wohnst du?«
    »Smedsgatan. Das ist ganz nah.«
    Die Smedsgatan ist eine kleine Sackgasse ein paar Blocks von der Schule entfernt.
    Ich weiß nicht, wieso, aber irgendwie habe ich mir vorgestellt, dass Silja in einer Wohnung mit hohen Räumen wohnt, mit Stuck an der Decke

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