Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
ihm gut geht.« Kelly beugte sich über die Mittelkonsole. »Es ist höchste Zeit, dich von deinen Schuldgefühlen zu verabschieden.«
Er wandte den Kopf, sodass ihre Lippen nur Zentimeter voneinander entfernt waren. Kelly hätte nicht mit Sicherheit sagen können, wer von ihnen sich zuerst bewegt hatte, aber der Augenblick endete unweigerlich in einem Kuss. Kein hungriger, leidenschaftlicher Kuss, sondern ein tröstlicher, mitfühlender, und … von einer geradezu schockierenden, beängstigenden Fürsorglichkeit, fand Kelly. Denn jetzt kannte sie Nash etwas besser, und sie spürte, dass allmählich Gefühle für ihn in ihr aufkeimten. Und nach der Sanftheit zu urteilen, mit der Nash sie küsste, ging es ihm ganz ähnlich.
Als plötzlich jemand an die Scheibe klopfte, fuhr Kelly mit einem erschrockenen Quieken zurück. Sehr ladylike.
Dann leuchtete der Störenfried auch noch mit der Taschenlampe ins Innere des Wagens, sodass sie praktisch mit Blindheit geschlagen waren.
»Was zum … « Nash wandte sich von ihr ab und öffnete das Fenster.
»Wir haben einen Anruf erhalten, weil hier ein verdächtiges Fahrzeug gesichtet wurde«, verkündete eine vertraute Stimme.
»Knips die verdammte Taschenlampe aus, Dare«, knurrte Nash seinen Bruder an. »Du kennst doch meinen Wagen, also spar dir deine Spielchen, ja?«
Dare Barron schaltete die Taschenlampe aus und spähte zu ihnen hinein, die Unterarme auf dem Fensterrahmen aufgestützt. Er grinste. »Habt ihr zwei mal wieder keinen besseren Platz zum Knutschen gefunden?«
Schon wieder erwischt , dachte Kelly peinlich berührt. Dabei war diesmal gar nicht viel passiert, sie hatten bloß …
»Wir haben bloß geredet«, informierte Nash seinen Bruder.
»Ja, schon klar. Mama Garcia hat auf der Wache angerufen.«
Mama Garcia war seine Pflegemutter gewesen.
Nash stöhnte. »Bestell ihr schöne Grüße und sag ihr, dass es uns leidtut. Ich mache mit Kelly gerade die Barron-Stadttour.«
Dare nickte verständnisvoll, wohl wissend, wie schmerzhaft für Nash eine solche Reise in die Vergangenheit war.
»Ich werd’s ausrichten. Und darf ich euch einen Vorschlag machen?« Seine dunkelbraunen Augen funkelten spitzbübisch.
»Kann ich dich davon abhalten?«, knurrte Nash.
»Wenn ihr das nächste Mal das Bedürfnis zu knutschen verspürt, dann tut es zur Abwechslung mal nicht in der Öffentlichkeit. Eure exhibitionistischen Auftritte werden ja echt allmählich zur Gewohnheit«, feixte Dare.
Dann richtete er sich auf, klopfte zweimal auf das Autodach und marschierte von dannen. Kelly wäre am liebsten vor Scham im Erdboden versunken.
Hätte man Nash gezwungen, im Adamskostüm die Straße entlangzulaufen, er hätte sich nicht nackter fühlen können als jetzt, da er Kelly sein Herz ausgeschüttet hatte. Selbst die Tatsache, dass man sie schon wieder beim Knutschen erwischt hatte, störte ihn nicht so sehr wie das Gefühl, dass sie nun seine innersten Geheimnisse kannte. Okay, eigentlich konnte man in diesem Fall wohl kaum von Geheimnissen reden, schließlich kannte ganz Serendipity die Geschichte seiner Familie. Aber sie hatte instinktiv erkannt, wie sehr ihm die Umstände zu schaffen gemacht hatten.
Und hatte er sie nicht genau deshalb eingeweiht? Weil sie ihm das Gefühl gab, weniger allein zu sein? Nicht einmal seine Ex-Frau, die seine beste Freundin gewesen war, hatte ihn so gut verstanden. Und er sie genauso wenig, sonst wäre er nicht aus allen Wolken gefallen, als sie damals die Scheidung verlangt hatte.
Kelly sah ihm in die Augen, sagte aber zu seiner Verwunderung kein Wort. Er fragte sich, was ihr wohl durch den Kopf gehen mochte.
»Das war nicht ganz so vergnüglich wie beim letzten Mal, hm?«, sagte sie.
»Was?«
»Na, der Kuss – er war so ernst. Letztes Mal war irgendwie noch mehr Spaß im Spiel.«
Nash schnaubte. Typisch Kelly, dass sie sich nicht nur als Erste wieder gefangen hatte, sondern auch gleich auf den Punkt kam. »Nein, Spaß war das weiß Gott keiner.«
»Hey!« Sie boxte ihm mit gespielter Entrüstung in die Schulter. Offenbar hatte sie nicht erwartet, dass er ihr recht geben würde.
»Er war viel intensiver«, stellte Nash fest und war selbst erstaunt darüber, wie rau seine Stimme klang.
»Ja. Was das betrifft … «
Okay, diesmal bestand also nicht die Chance, diesen Kuss einfach zu überspielen, wie er es letztes Mal getan hatte. Wie es aussah, wollte Kelly darüber reden . Über sie . Nash hasste es, über seine Gefühle zu reden.
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