Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
recht.
Daniels aß ihre Suppe auf und fühlte sich besser. Als sie ihre Aufmerksamkeit auf einen großen Flachbildschirm an der Wand richtete, sah sie, dass er gerade vier Bilder von Orten unter genauer Beobachtung zeigte. Aber im Moment war sie nur daran interessiert, einen bestimmten zu sehen: Zelle Nummer vier. Sie drückte auf einen Knopf, und der geteilte Bildschirm wurde zu einem einzigen Bild. Bizarrerweise saß Makepeace nicht auf dem Bett, das dort stand. Er lag auf dem Zementfußboden und starrte, ohne zu zwinkern, an die Decke. Daniels zoomte auf eine Nahaufnahme seines Gesichts: Es zeigte keinerlei Gefühlsregung.
Nachdem sie ihn mehrere Minuten lang beobachtet hatten, brach Jo schließlich das Schweigen. »Du kannst alle Verhörstrategien haben, die du willst, Kate. Aber wenn ich ihn recht verstehe, wird er mit dieser Mauer aus Schweigen weitermachen, bis du schwarz wirst. Psychologisch gesehen interessiert ihn das nicht im Geringsten.«
»Ich muss es trotzdem versuchen! Er ist festgenommen worden, damit wir ihn verhören können, und das kriegt er, ob er will oder nicht. Die Frage ist, wie gehe ich es an, welche Methoden benutze ich? Das Gesetz erlaubt mir nicht, ihm Daumenschrauben anzulegen, so leid es mir auch tut. Ein AK -47 könnte es richten, wenn du zufällig eins in der Tasche hast.«
Jo lachte nicht.
»Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ich dir raten soll.« Jo sah wieder auf den Bildschirm. »Er ist Berufssoldat, kennt sich aus mit Verhörtechniken. Typen wie er haben gelernt, wie sie sich widersetzen, wie sie abschalten, um sich selbst zu schützen. Sie sind an Schlafentzug gewöhnt. An Kälte. Hunger. Dummerweise hast du ihn in eine schöne warme Zelle gesteckt und ihm wahrscheinlich auch etwas zu essen gegeben.«
»Du willst sagen, dass ich nicht an ihn rankomme, oder?«
»Ich will dir sagen, dass es nicht einfach wird, ihn zu brechen.«
Makepeace hatte sich keinen Zentimeter bewegt.
Tief im Inneren wusste Daniels, dass Jo recht hatte. Vom ersten Tag an war es das einzige Ziel dieses Mannes gewesen, Schrecken und Pein auszulösen, Schmerz und Leid für Adam Finch – und er war dabei überaus erfolgreich gewesen. Je länger er damit weitermachen konnte, diesen Schmerz zu schüren, umso besser für ihn. Jos Worte hatten nur bestätigt, was Daniels sich bereits gedacht hatte.
»Es tut mir leid, Kate. Ich bezweifle, dass er dir irgendwas erzählen wird, das dich zu Jessica führen wird, tot oder lebendig«, sagte sie. »Weil er nämlich weiß, dass es ihren Vater letztendlich in den Wahnsinn treiben wird, wenn sie nicht gefunden wird.«
Es klopfte an der Tür.
Naylor kam herein, er sah von seiner Dusche erfrischt aus. Er begrüßte sie beide und ließ sie wissen, dass er für das Verhör des Verdächtigen bereit war. Daniels tippte Nummern in die Fernbedienung, und das Bild schaltete von Zelle vier auf einen leeren Vernehmungsraum um: IR 2. Sie ließen Jo zur Beobachtung zurück und gingen den Korridor entlang. Sie hatten sich gerade erst hingesetzt, als Makepeace von einem Polizisten hereingebracht wurde. Daniels wartete, bis der Uniformierte den Raum verlassen hatte, und schaltete dann das Aufnahmegerät ein, wobei ihre Augen auf dem Mann ruhten, der ihr gegenübersaß.
»Dieses Verhör findet im Vernehmungsraum zwei in der Polizeistation West Road statt. Ich bin Detective Chief Inspector Kate Daniels von der Mordkommission. Außerdem anwesend ist Detective Superintendent Ron Naylor. Und Sie sind …?«
Daniels gab Makepeace ein Zeichen, als Nächster zu sprechen.
Er schwieg.
»Mr Makepeace, würden Sie die Frage beantworten, Ihren Namen bestätigen, Ihr Geburtsdatum und Ihre Anschrift?«
Makepeace starrte sie nicht an, er sah durch sie hindurch. Es war, als hätte er seine kalten, dunklen Augen auf einen Punkt irgendwo hinter ihr an der Wand gerichtet, und dort blieben sie auch die nächsten paar Minuten.
»Der Verdächtige weigert sich zu antworten«, sagte Daniels für die Aufnahme. »Wo ist sie, Jimmy?« Sie wartete auf eine Antwort. Doch Makepeace zog es vor zu schweigen. Er blinzelte nicht einmal. »Okay, sagen Sie uns, wo Sie am Dienstagabend, dem vierten Mai, zwischen sechs Uhr und Mitternacht waren.«
Makepeace sagte nichts. Das Einzige, was Daniels hören konnte, waren ihre eigenen verzweifelten Gedanken.
Wenn Jessica noch lebt, kann sie unmöglich noch viel länger durchhalten.
»Können Sie nachweisen, wo Sie sich am Mittwochabend, dem fünften Mai, zwischen
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