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Ich will vergelten: Thriller (German Edition)

Ich will vergelten: Thriller (German Edition)

Titel: Ich will vergelten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Hannah
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erinnern. Aber es kam nichts dabei heraus. Sie öffnete sie wieder, und ihr Gesicht war kränklich grau. Ein paar Minuten später sagte sie: »Er war älter, glaube ich. Klug, glaube ich …«
    »Glauben Sie? Das müssen Sie schon entschieden besser machen!«
    »Ich bin mir nicht sicher.« Carmichael sah über den Tisch hinweg in Daniels’ starren Blick, feurige Augen, die durch Stahl schneiden könnten. »Vielleicht fällt es mir wieder ein.«
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, stand Daniels auf und ging auf den Flur hinaus. Sie lief die Treppe rauf, immer zwei Stufen auf einmal, und wandte sich nach links, als sie auf dem Absatz ankam. Ihre Lederjacke hing unordentlich über der Lehne des Stuhls in Carmichaels Zimmer. In der rechten Jackentasche fand sie Browns Handy. Als sie in die Küche zurückkam, griff sie auf die Fotos zu, die er im »Fuse« aufgenommen hatte, fand ein besonders gutes, zoomte auf das Gesicht und zeigte es Lisa.
    »Ist er das?«
    Carmichael nickte leicht, und ihre Augen vernebelten sich. Sie wandte den Kopf ab, war plötzlich an den deckenhohen Türen interessiert und an dem gepflegten Garten dahinter, einem Gewächshaus, einem kleinen Schuppen und an den Obstbäumen am Gartenzaun. Draußen war ein grauer, dunkler Tag. Deprimierend, genau wie die Stimmung im Zimmer.
    »Ziehen Sie sich an«, sagte Daniels. »Wir haben zu tun. Und Sie sollten übrigens diesen verdammten Toast essen. Ich mach schließlich nicht jedem Frühstück!«
    Carmichael gelang ein schwaches Grinsen. Sie zeigte ins Wohnzimmer, bat Daniels, dort zu warten, während sie hochging und sich anzog. Daniels stand auf. Sie nahm ihren Kaffee mit und schlenderte in einen angenehmen Raum mit Holzfußboden und einem offenen Kamin mit einem Teppich vor der Feuerstelle. Zwei gemütliche rote Sofas standen rechtwinklig zueinander, und es gab einen weiteren, noch größeren Plasmafernsehschirm, der an eine Wand geschraubt war. Auf jeder Seite des Kamins stand in deckenhohen Bücherregalen eine mächtige DVD -Sammlung – die größte, die sie jemals außerhalb einer Videothek gesehen hatte.
    Es war wie ein kleines Kino.
    Carmichaels Filmgeschmack war vielseitig: Es gab alles, von romantischer Komödie bis zu Sci-Fi, Horror und alle möglichen Dramen dazwischen. Eine DVD lugte leicht hervor. In der Annahme, dass die DVD im Abspielgerät war, nahm Daniels sie in die Hand. Die Hülle zeigte Russell Crowe, Ben Affleck und Helen Mirren. Es handelte sich um einen ihrer Lieblingsthriller: State of Play – Stand der Dinge.
    Das gedämpfte Surren von Carmichaels Föhn war durch die Decke hindurch zu hören. Ein paar Minuten später verstummte es und wurde abgelöst von dem Geräusch von Füßen, die die Treppe hinuntergerannt kamen, viel schneller, als sie hinaufgegangen waren. Carmichael trat ein, fix und fertig zum Gehen, und kaute kalten Toast. Ihr Haar war zurückgebunden und hing ihr nicht mehr lose um die Schultern.
    Das muss eine herkulische Anstrengung gewesen sein, dachte Daniels.
    Carmichael stand ungeduldig da und wartete, dass Daniels sich rührte.
    »Setzen Sie sich, Lisa.« Daniels’ Ton war jetzt ein bisschen sanfter. Sie war nicht böse auf Carmichael. Ihr Ausbruch war eher der einer besorgten Mutter gewesen, die ihr Kind, das auf die Straße gerannt ist, ausschimpft und es gleichzeitig umarmt, eine Mutter, die von der Erleichterung überwältigt war, dass das Kind nicht zu Schaden gekommen war. »Ich will den Mann finden, der Sie betäubt hat, und dafür möchte ich mit Ihnen eine kognitive Befragung machen. Es ist unerlässlich, dass wir den Schweinehund finden.«
    »Funktioniert das? Wegen der Drogen, meine ich?«
    »Sie haben trotzdem ein Erinnerungsvermögen. Wir müssen nur Zugang dazu bekommen.«
    »Stimmt wohl.« Carmichael hörte sich nicht sonderlich überzeugt an, obwohl sie zu der ersten Gruppe von Detectives gehört hatte, die Daniels in kognitiver Befragungstechnik unterrichtet hatte, einer Methode, die nachweislich das Erinnerungsvermögen von Augenzeugen um bis zu fünfundvierzig Prozent steigerte.
    »Okay, sind Sie bereit?«, fragte Daniels.
    Carmichael nickte. Sie kannte die Prozedur. Sie zog die Jacke aus und machte es sich bequem. Daniels tat dasselbe und verbrachte die nächste Stunde damit, die junge Polizistin durch ihre Begegnung am Vorabend zu führen, wieder und wieder, bis sie beide erschöpft waren. Verständlicherweise war Carmichaels Erinnerungsvermögen schwankend. Aber sie erinnerte sich daran, dass

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