Ich wuensch mir dich
Pflanzentopf an seinem Platz, wie die wenigen Überlebenden einer Naturkatastrophe. Sie machten das Ausmaß der Zerstörung noch deutlicher.
Lara trat hinter Emily. »Du musst die Polizei rufen.« Sie legte ihre Hand auf Emilys Arm. Die war im Moment nicht einmal fähig zu nicken.
Lara seufzte. »Ich mach das für dich.« Während sie telefonierte, gingen Emily und Katja durch das, was von den Pflanzenreihen übrig war. Es tat Lara im Herzen weh mit anzusehen, wie Emily hilflos hier und da einen der schwarzen Plastiktöpfe aufhob, dessen Inhalt nicht herausgefallen war, ihn auf den Tisch stellte und mit der Hand vorsichtig über die Pflanze fuhr. Gerade so, als wolle sie sie trösten und sich für die Menschen entschuldigen, die dieses Chaos angerichtet hatten.
Nachdem Lara die Polizei informiert und Bescheid bekommen hatte, dass zwei Beamte in Kürze da sein würden, ging sie zu Emily. Als sie bei ihr ankam, bemerkte Lara die feuchten Rinnsale auf Emilys Wangen. In ihren Augen standen Tränen. Spontan nahm Lara das kleine Häufchen Elend vor sich in die Arme. »Das wird schon wieder«, tröstete sie Emily. »Du bist doch versichert, oder?«
Ein schwaches Nicken antwortete ihr.
»Na also. Es wird einige Arbeit machen, hier aufzuräumen und neue Pflanzen zu beschaffen, aber der Schaden wird ersetzt und in einem Monat hast du die Sache vergessen.«
Lara konnte sich gut denken, dass Emily ihr im Moment nicht glaubte. Die stand viel zu sehr unter dem Eindruck des Geschehenen, wie das stoßweise Schniefen bewies, das Emily entfuhr. Zwar kämpfte sie darum, die Fassung wiederzugewinnen, aber Lara spürte, wie es an ihrem Hals feucht wurde, was ein untrügliches Zeichen dafür war, dass Emily erneut weinte.
Lara strich ihr beruhigend über den Rücken.
»Ich gehe zum Parkplatz und nehme die Polizisten in Empfang«, flüsterte Katja Lara mit mitleidigem Blick auf Emily zu. »Damit sie nicht lange suchen müssen.« Sie huschte davon.
Lara hielt Emily weiter fest. Sie wartete einfach, dass die Frau in ihren Armen den Kummer überwand. Zumindest soweit, dass sie in der Lage war, die Tränen zurückzuhalten. Was sicher am besten gelang, wenn Emily noch ein paar davon vergoss. Nach etwa einer Minute merkte Lara, wie Emily sich beruhigte. Die Pausen zwischen dem Schniefen wurden länger. Und endlich hob sie den Kopf von Laras Schultern. Auch wenn Emilys Augen rot aussahen und noch etwas schwammen, sie hatte sich wieder gefangen.
»Entschuldige«, murmelte Emily verlegen. »Ich hab dich ganz nass geheult.« Etwas ungeschickt versuchte sie, mit dem Jackenärmel Laras Hals trocken zu wischen. Lara ihrerseits zog mit der rechten Hand ein Papiertaschentuch aus der Packung in ihrer Jackentasche und tupfte vorsichtig Emilys Augen trocken. Mit der linken Hand hielt sie Emily immer noch fest.
»Was ist denn hier los?«, durchschnitt eine scharfe Stimme plötzlich die Stille. Nadine stand in der Tür. »Vielleicht lässt du mal die Finger von meiner Frau«, fauchte sie Lara an.
Zwar machte sie damit keinen Eindruck auf Lara, aber die spürte, wie Emily zusammenzuckte. Mit einem Schritt rückwärts löste sich Emily hastig aus ihren Armen, während Nadines Augen Lara durchbohrten. Nachdem sie damit fertig war, Lara aber nicht tot umgefallen war, nahm Nadine Emily ins Visier. »Willst du mir das bitte mal erklären!«
»Ich hab‘ keine Ahnung, was genau passiert ist. Aber du siehst ja selbst.« Emily machte eine Geste durch den Raum. Im Gegensatz zu Lara, der klar war, dass Nadine nicht die Zerstörung meinte, kam Emily in all ihrer Verwirrung und nach dem Schreck des Vormittages nicht auf die Idee, dass Nadine etwas anderes meinen könnte. »Vielleicht eine Mutprobe von Jugendlichen. Ich hoffe die Polizei findet was heraus.«
Nadine starrte Emily finster an.
Lara fand es sehr befremdlich, dass Nadine Emilys Zustand überhaupt nicht aufzufallen schien. Emily war mehr als nur durch den Wind, sie war durch den Tornado! Und um sie herum sah es so aus, als wäre genau ein solcher durchgefegt. Statt zu fragen, wie es Emily ging, machte Nadine ihr eine Szene. Wieder einmal verhielt Nadine sich rücksichtslos gegenüber Emily. Dass Emily davon heute nichts bemerkte, konnte Lara nachvollziehen. Aber Nadines Verhalten wurde für sie immer unverständlicher.
Doch Lara blieb keine Zeit, sich weiter Gedanken darüber zu machen. Katja kam mit zwei Beamten im Schlepptau zurück. Nach einem kurzen Rundblick nahm einer der
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