Ich zähle bis drei
er.
»Aber vielleicht rausschießen ?« fragte ich und holte die Kanone aus der Tasche.
Die Reaktion war gleich Null. Rutley fuhr eine Weile fort, mich höhnisch anzugrinsen, und
schnalzte dann mit den Fingern. Die beiden Rausschmeißer lösten sich von der
Wand und schoben sich mit gewichtigen Schritten auf mich zu.
»Ihr seid zu alt, um jung zu
sterben, Freunde !« warnte ich.
»Ob das ein richtiger
Ballermann ist, Alf ?« fragte der eine den anderen.
»Wenn ja, hat er jedenfalls
Schiß, das Ding zu gebrauchen«, meinte der Partner mit gepreßter Stimme.
Ich senkte die Waffe und
drückte ab. Ein fürchterliches Quieken von Alf bedeutete mir, daß ich mein Ziel
ein wenig verfehlt hatte. Ich hatte, als Abschreckung gewissermaßen, beabsichtigt,
eine Kugel vor ihren Füßen in den Boden zu jagen, aber aus der Art, wie Alf auf
einem Fuß herumhüpfte und wie ein angestochenes Schwein stöhnte, mußte ich
schließen, daß ich ihm versehentlich eine Bohne in den großen Zeh geschossen
hatte.
Diesmal war die Reaktion
stürmisch. Bill warf beide Hände hoch in die Luft und schloß für den Fall, daß
ich seine Kapitulation nicht akzeptierte, fest und ergeben beide Augen. Rutley kippte fast aus dem Sessel vor Schreck über den
Schuß und knallte beide Handflächen auf die Schreibtischplatte, als er sich zu
erholen begann. Alf hüpfte weiter umher, stöhnte erbittert vor sich hin und war
blind für alles außer seiner tödlichen Wunde im großen Zeh. Ich wartete, bis er
mir vor die Kanone hüpfte, und schlug sie ihm auf den Hinterkopf. Er hörte auf,
sich um seine Wunde zu sorgen, noch ehe er mit einem widerlichen Bums auf den
Boden schlug. Ich forderte Bill auf, sich umzudrehen, und konnte an seinem
Gesicht ablesen, daß er das alles gar nicht mochte, sich aber auch nicht
traute, Einwendungen zu erheben. Eine Sekunde später schickte ich ihn zu seinem
Partner auf den Boden.
»Mr. Boyd?« Rutleys Stimme zitterte wie die eines Operettentenors, der sich um eine ganze Oktave
versungen hat. »Können wir die Sache nicht bereden ?«
»Sie haben ohnehin den besseren
Teil erwischt«, machte ich ihm klar. »Nur ich allein bin übrig, um Sie in den
nächsten zwanzig Minuten fertigzumachen .«
Daß er darüber nachsann,
entnahm ich der Tatsache, daß sein Gesicht sich grünlich verfärbte und in seiner
rechten Augenbraue ein Muskel mit doppelter Geschwindigkeit zuckte.
»Nennen Sie Ihre Forderung«,
krächzte er. »Was immer Sie wünschen, fragen Sie .«
»Erzählen Sie mir von Marvin
Reiner«, sagte ich.
Das Fünkchen Hoffnung in seinen
Augen starb einen schnellen Tod. »Er ist Mitglied hier, mehr weiß ich nicht.
Wir haben fünfzig Mitglieder im Klub, und alle zahlen zweitausend Pfund im
Jahr, bloß um dazu zu gehören. Es ist eine ziemliche Goldgrube, oder war es,
ehe Sie auftauchten...« Er schluckte heftig. »Nichts gegen Sie persönlich, Mr.
Boyd.«
»Sie kennen einen gewissen
Edward Waring ?«
»Er ist auch Mitglied. In
dieser Art Klub ist es aber gescheiter, nicht viel über die Mitglieder zu
wissen, Mr. Boyd, solange sie die entsprechenden Empfehlungen beim Eintritt
vorweisen können .«
»Angenommen, Sie hätten mich
hier bis Montag festgehalten«, fragte ich aus schlichter Neugierde. »Und dann
wäre Reiner gekommen und hätte behauptet, ich sei ein amerikanischer
Journalist, der den Verein hier mit einem Illustriertenartikel hochgehen lassen
wollte. Was hätten Sie mit mir gemacht ?«
»Ich weiß nicht«, sagte er viel
zu eilig. »Was immer Mr. Reiner vorgeschlagen hätte, vermutlich .«
»Wenn er etwa vorgeschlagen
hätte, mir einen Bleiklotz an die Knöchel zu hängen und mich noch am gleichen
Abend in die Themse zu werfen, wäre das für Sie okay gewesen ?«
Sein Mund öffnete und schloß
sich ein paarmal wortlos, und ich erkannte an seinen Augen, daß er alle
Hoffnung hatte fahrenlassen. »Ja, wenn er es verlangt hätte. Im Klub steckt zu
viel Geld, müssen Sie wissen, Mr. Boyd .«
Das war wenigstens ehrlich. Ich
konnte nicht umhin, mich zu fragen, ob Reiner überhaupt so lange gewartet
hätte. Ein Klopfen an der Tür vertrieb in Windeseile abstrakte Spekulationen
dieser Art. Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand neben der Tür und
wedelte die Kanone gegen Rutley . Nach der Art, wie er
die Augen rollte, hatte er meine Botschaft offensichtlich verstanden.
»Herein«, sagte er mit
wackeliger Stimme.
Die Tür öffnete sich, und
Della, die blonde Kellnerin, kam schicksalsergeben
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