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Ich zähle bis drei

Ich zähle bis drei

Titel: Ich zähle bis drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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    »Damals bist du zum erstenmal
Charlie Van Hulsden begegnet ?«
    »Er sagte immer, er bete mich
an .« Ihre Stimme wurde zärtlich. »Das sollte ein
Riesenwitz sein, weil ich gerade achtzehn war und er so um die Fünfunddreißig.
Er behandelte mich zuerst auch wie seine kleine Schwester, aber das änderte
sich bald .«
    »Du hast auch ihn ins Treibhaus
gelockt ?«
    »Es gibt Zeiten, da hasse ich
dich, Danny Boyd! So war es überhaupt nicht. Es war eine sehr zarte Bindung.
Ich liebte ihn leidenschaftlich, aber er meinte, er sei zu alt für mich. Er
hielt meine Hand, und ein paarmal küßte er mich sogar. Das war alles. Ich hatte
vermutlich weit mehr sexuelle Erfahrung als er, aber es war wunderbar, wie eine
scheue, unschuldige Jungfrau behandelt zu werden .« Sie
produzierte einen gespielten Seufzer. »Ach ja, noch einmal achtzehn sein .«
    »Trank er damals ?«
    Ihr Gesicht wurde hart. »Er hat
erst zu trinken angefangen, nachdem er Sorcha geheiratet hat. Dieses Luder
würde jeden Mann zur Flasche treiben, in purer Notwehr. Charlie war im Grunde
seines Wesens ein sehr gütiger Mensch und trotz seines Alters immer noch ein
bißchen naiv. Er hatte einfach nicht das Zeug, mit einer Katze wie ihr fertig
zu werden, und sie hat ihn systematisch vernichtet. Ich frage mich immer noch,
ob er nicht vielleicht freiwillig aus dem Fenster gestiegen ist, weil er es
nicht mehr aushalten konnte .«
    »Und wie kam es, daß du trotz
der Heirat weiter zur Familie gehörtest? Ich hätte geschworen, daß sie sich
strikt geweigert hätte, Charlie mit einer alten Erinnerung — die auch noch so
verdammt viel jünger war als sie — neben sich leben zu lassen .«
    »Da kennst du Sorcha schlecht«,
sagte sie gepreßt. »Ich glaube, sie ahnte, was Charlie für mich empfand,
vielleicht hat er es ihr im Suff sogar mal erzählt. Sie ist eine ausgemachte
Sadistin. Sie sorgt für ihren Spaß, indem sie andere Menschen verletzt,
seelisch, nicht physisch. Sie wußte genau, daß Charlies wunderlicher Ehrenkodex
ihm verbot, mir zu nahezutreten. Folglich amüsierte es sie, mich so oft wie
möglich da zu haben und Charlies Reaktion zu beobachten .«
    »Ich schätze, ihren Schmuck zu
stehlen wäre eine kindische Rache für Charlies Tod«, sagte ich beiläufig. »Aber
es wäre immerhin etwas Greifbares gewesen. Eine winzige Erleichterung in allem
Schmerz?«
    »Kannst du nicht mal für eine
Weile die Klappe halten ?« fragte sie eisig. »Wenn ich
mir noch lange diese widerlichen Anspielungen anhören muß, wird mir speiübel,
und das ist wörtlich zu nehmen !«
    Ich schwieg, und sie fuhr eine
geschlagene Stunde in frostiger Stille. Wir hatten inzwischen die Hauptstraße
verlassen und eine traumhaft schöne Sommerlandschaft erreicht. Der frühe Abend
war sonnendurchglüht und mild, und ich genoß die Fahrt über die schmalen
baumflankierten Landwege. Schließlich nahm Daphne das Gas weg und ließ den
Wagen durch die gewundene Hauptstraße eines Dörfchens kriechen.
    »Little Widdingham «,
sagte Daphne und schreckte mich auf. »Mittelpunkt unserer bäuerlichen Welt
hier. Mit einer Anzahl unehelicher Kinder pro Kopf und Kate, die jedes andere
englische Dorf um Längen schlägt.«
    »Du machst doch Witze, oder ?«
    Sie grinste. »Na ja, so scheint
es wenigstens .«
    Nach gut drei Kilometern bog
sie vom Feldweg ab und fuhr mit unvermindertem Tempo von sechzig Stundenkilometern
einen imponierenden Privatweg entlang.
    »Das Herrenhaus«, sagte sie
leichthin. »Die altehrwürdige Ruine. Wir befinden uns jetzt auf dem Gelände von
Little Widdingham Manor .«
    Alles, was ich vor mir sah,
waren Gras und Bäume in hügeliger Landschaft. »Wie groß ist eigentlich der
Besitz ?«
    »Zweihundert Morgen. Das Haus
liegt gleich hinter dem nächsten Erdbuckel .«
    Ein ganzer Morgen herrlichsten
Rasens dehnte sich vor dem eleganten, drei Stockwerke hohen Herrenhaus, dessen efeubewachsene Fassade von der späten Abendsonne in
ein weiches goldenes Licht getaucht wurde.
    »Das ist ja traumhaft«, sagte
ich. »Wie alt ist das Haus ?«
    »Queen Anne«, sagte sie
gleichgültig, »so dreihundert Jahre alt, glaube ich. Es verliert entschieden an
Reiz, wenn ich an früher denke. Die Winter waren schlicht qualvoll, bis Papa
Zentralheizung einbauen ließ. Und daß ich mich sonderlich heimisch gefühlt
hätte, wenn ich durch die vier Wohnräume oder die einundzwanzig Schlafzimmer
tobte, kann ich eigentlich nicht behaupten .«
    Sie hielt vor einer Garage, die
eine ganze Flotte von

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