Ich zähle bis drei
Minisportwagen hätte aufnehmen können, und wir stiegen
aus.
»Ayling — unser Butler — holt
nachher deine Koffer«, sagte sie. »Rüste dich für das ganze hirnrissige Ritual
unseres Einzugs ins Haus, Danny. Mrs. Danby , die
Haushälterin, ist eine rheumatische Fünfundsiebzigerin und blind wie ein Maulwurf. Ihre jüngere Schwester kocht, und was sie kocht,
ist gut, aber man muß Geduld haben, weil sie sich nicht mehr so flink bewegen
kann wie vor ihrer letzten Operation. Ayling ist ein behender Jüngling von fünfundsechzig, und erst im letzten
Sommer erwischte ich ihn dabei, wie er lüstern auf die Nackte in Öl —
unbekannter Meister — schielte, die über der Haupttreppe hängt.«
»Scheint doch alles ganz
interessant, oder ?« spekulierte ich.
»Ayling wird sich um dich
kümmern, sobald wir im Haus sind«, sagte sie mißmutig, »unterdessen werde ich
Mrs. Danby begrüßen und etwa eine Viertelstunde
warten, bis sie sich erinnert, wer, zum Teufel, ich bin. Ayling wird dir im
Gästezimmer das Bad einlassen und deine Sachen eingeräumt haben. Du wirst mit
ihm ausgedehnt über den passenden Anzug zum Abendessen diskutieren, über den
Ausbruch von Maul- und Klauenseuche unter dem Dorfvieh und über das Reißen in
seinem Rücken, das ihn jeden Sommer überfällt, seit er mit acht Jahren vom
Pferd gefallen ist.« Sie lachte kurz und freundlos. »Wenn wir Glück haben,
sehen wir uns dann in einer Stunde zum Aperitif. Stör dich nicht an meinem
Gebrauch der Einzahl. Bis die Köchin das Essen zubereitet hat, wird Mitternacht
nahe und wir beide randvoll sein .«
»Netter Ablauf.« Ich lächelte
sie duldsam an. »Ist das alles original oder hast du dir ein paar Gags bei
einem Komiker im Fernsehen ausgeliehen ?«
»Sie mühte sich redlich, den
vorschnellen Gast zu warnen«, zitierte Daphne resigniert. »Der arme Narr aber
wollte nicht hören .«
Ungefähr achtzig Minuten später
schlich ich nervös die majestätische Treppe hinunter in die Halle und suchte,
einen nach dem andern, die Wohnräume ab. Beim dritten Anlauf entdeckte ich
Daphne, die damit beschäftigt war, einen handfesten Martini zu mixen. Sie trug ein weißes, den alten Griechen nachempfundenes
Strickkleid, das durch zwei dünne Träger gehalten wurde. Oben bot es einen
faszinierenden Einblick in die zauberhafte Mulde zwischen ihren Brüsten, unten
war es so minikurz, daß ihre nackten Beine sich im allerbesten Licht zeigen
konnten.
»Sie sind gewiß Helena von
Troja ?« mutmaßte ich.
»Und genau wie viele Gags sind
hier bei einem Komiker im Fernsehen gestohlen worden, schätzen Sie ?« schnarrte sie.
»Du hattest recht«, murmelte
ich ergeben.
»Wie steht’s denn dieses Jahr
mit der Maul- und Klauenseuche ?« Sie füllte zwei
Gläser und reichte eines mir. »Katastrophal?«
»Mittel.« Ich schauderte. »Ich
habe gar nicht gewußt, was Schafe alles kriegen können .«
»Dann warte, bis Ayling bei den
Schweinen landet .« Sie grinste niederträchtig.
»Ich könnte ja vor morgen
schnell noch Vegetarier werden«, stöhnte ich.
»Ich habe bessere Nachrichten«,
sagte sie. »Die Köchin liegt mit Zipperlein im Bett — erinnere mich, daß ich
Ayling sage, er soll eine Frau aus dem Dorf holen, ehe die andern morgen
eintreffen —, darum habe ich mir erlaubt, ein schlicht perfektes Mal für uns in
meinem Schlafzimmer zu servieren.« Ihre blauen Augen musterten mich über den Rand
ihres Glases hinweg. »Nimm den Rest Martini mit nach oben, Danny. Ich kann
nichts umkommen sehen .«
Zwei Stunden später kam ich
wieder in den Wohnraum, mixte frische Martinis und schlich zurück nach oben.
Ich schlich nicht etwa aus Schuldgefühl, sondern aus sicherer Angst, dem Butler
zu begegnen und eine Lektion über die besonders unangenehmen Aspekte der
Schweinepest über mich ergehen lassen zu müssen.
»Heil dem siegreichen Eroberer !« rief Daphne mir zu, als ich die Schlafzimmertür hinter
mir geschlossen hatte.
Das weiße Mondlicht flutete
durch die Fenster und tauchte Daphnes nackten Körper auf dem Bett in zartes
Licht. Ich füllte die Gläser, und als ich eines Daphne
reichte, lachte sie weich.
»Woher weißt du, daß der
Martini so lustig ist, wenn du ihn noch gar nicht probiert hast ?« wollte ich wissen.
Schläfrig antwortete sie: »Ich
überlege gerade. Von Hauslehrer zu Hauslehrer, in etwa acht Jahren. Von Richard
Hasenherz zu Danny Löwenherz! Ob ich dazwischen auch nichts ausgelassen habe ?«
»Du bringst mich aus dem
Konzept«, sagte ich,
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