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Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten

Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten

Titel: Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Hannigan
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ohne die Lippen zu bewegen, und es sah aus, als ob er sich mit seinem Teller unterhalten würde, aber er sprach mit mir.
    Also, wenn jemand spricht und seine Lippen bewegen sich nicht, ist das kein gutes Zeichen. Ich schob meinen Stuhl zurück und drehte die Schuhspitzen in Richtung Tür, für den Fall, dass sie genau in diese Richtung würden laufen müssen.
    Daddy holte tief Luft. Man konnte hören, wie er sie durch die Nase sog, dann presste er sie zwischen den Zähnen wieder heraus, dass es klang wie ein Zischen. Danach
atmete er noch einmal durch, aber diesmal klang es nicht ganz so laut. Seine Gesichtsfarbe wandelte sich von tiefem Purpur zu einem mittleren Rot. Dabei atmete er weiter tief ein und aus und sein Gesicht verwandelte sich allmählich in ein leichtes Hellrot, danach in ein leuchtendes Rosa und dann sah er mich schließlich an.
    »Ida B«, sagte er noch einmal und hatte jetzt die Handballen flach auf dem Tisch liegen. »Das ganze Jahr über war ich oft derart wütend, dass ich glaubte, ich würde so laut und so lange schreien, bis der Berg in einen Haufen lauter kleiner Steine zusammenfiele. Und oft war ich so traurig, dass ich dachte, wenn ich anfinge zu weinen, würde ich nie wieder aufhören.«
    Daddy unterbrach sich, aber nur um noch ein paar reinigende Atemzüge zu machen. »Keiner von uns findet das schön, was bei uns passiert ist, Ida B, aber wir versuchen, das Beste draus zu machen«, fuhr er schließlich fort. »Wenn wir die ganze Zeit wütend und traurig geblieben wären, wäre alles genauso schwer, aber außerdem wären wir auch noch unglücklich.« Er schaute wieder auf seinen Teller und Mama legte ihre Hand auf seinen Arm und fing an ihn zu streicheln.
    Ich hatte mich kaum einen Zentimeter bewegt, seit Daddy die Gabel auf den Tisch geworfen hatte. Vielmehr saß ich immer noch da wie eine Marmorstatue der Göttin Depressiva, der Schutzheiligen von Furcht und Sprachlosigkeit: Mund und Augen weit aufgerissen, Arme und Beine abgespreizt und alles steif wie ein Brett.
    Schließlich brach Mama das Schweigen.
    »Wir wissen, dass es schwer war, Süße«, sagte sie und
sah mich dabei an, ohne von Daddy abzulassen. »Wir hätten vielleicht mehr über alles sprechen sollen. Ich glaube, wir waren zu sehr in unseren eigenen Problemen und Sorgen gefangen und haben uns keine Gedanken gemacht, dass es dir vielleicht helfen würde, wenn wir darüber reden.«
    Sie lächelte und legte ihre Handfläche auf meine Wange - wie eine Wiege für mein Gesicht. »Es tut mir Leid, dass sich so viel verändert hat, Ida B. Wir haben getan, was wir unter den gegebenen Umständen für das Beste hielten.«
    Also, ein Teil von mir wusste jetzt, dass diese Leute da, die mein Daddy und meine Mama waren, alles versuchten, die Dinge richtig zu machen. Ein Teil von mir wusste auch, dass sie mir zeigten, wie sehr sie sich Gedanken machten - über die Bäume, über das Land und über mich. Und derselbe Teil von mir wusste auch, dass da drüben auf der anderen Seite des Tisches etwas saß, das man Liebe nannte, eine Umarmung, wenn ich sie haben wollte, und Reden und Bemühen und warme Gefühle, sobald ich nur sagte: »Einverstanden«. Und wenn ich es auch bloß flüsterte.
    Aber dieser Teil von mir war inzwischen zu klein. Und mein Herz hatte ihn dazu verdammt, sich hinter meinem linken Knie zu verkriechen, deshalb hatte er nicht viel zu sagen.
    Dagegen redete mein kaltes, hartes Herz umso mehr. Es erklärte mir laut und deutlich: »Lass diese Leute bloß nicht wieder zu dir rein.«
    Deshalb schaute ich Mama und Daddy an, schob meinen
Stuhl zurück und legte tausend Kilometer Abstand zwischen uns.
    Ohne zu fragen, ob ich dürfe, stand ich auf, drehte mich um, ging in mein Zimmer und schloss die Tür ganz fest zu.
    »Gut gemacht«, sagte mir mein Herz. »Wieder gesiegt.«
    Aber mitten in der Nacht wachte ich mit schrecklichen Schmerzen auf, die ihren Ursprung hinter meinem linken Knie hatten. Und die Schmerzen blieben auch das ganze Wochenende da.

24. KAPITEL

    Auch wenn du eine Schlacht gewinnst, gilt: Solange der Feind ein Herz hat, das schlägt, und ein Gehirn, das arbeitet, sollte man besser auf Gegenangriffe gefasst sein.
    Deshalb bereitete ich mich das ganze Wochenende und auch am Montagmorgen während der Busfahrt zur Schule auf Claire und Vergeltung vor. Claire war klug, sie hatte Freunde, und ich wusste, sie würde einen Weg finden, mir heimzuzahlen, dass ich ihr und ihrem Bruder Angst gemacht hatte.
    Also, ich brauche

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