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Idioten auf zwei Pfoten

Idioten auf zwei Pfoten

Titel: Idioten auf zwei Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edda Minck
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Kenntnis nehmen wollen, gnädige Frau!«
    »Aus! Es reicht, Herr Schröder!«, rief sie und kam ein paar Schritte auf mich zu, sodass ich mich ins Körbchen verkriechen musste. Dann ging sie, ohne sich noch einmal umzudrehen, aus dem Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. Ich hörte, wie sie ihre Sachen nahm und die Wohnung verließ.
    Das, glaube ich, Alfonso, ist kein gutes Zeichen. Ich weiß, ich habe die guten Sitten außer Acht gelassen, und nach allem, was Scooter mir erzählt hatte, hätte ich mich wenigstens mit einem Satz bedanken sollen – aber der Schmerz über die Ungerechtigkeiten, die mir laufend widerfahren, sitzt einfach zu tief. Da versucht man die Welt von einem Tyrannen zu befreien, und was erntet man? Nichts als Hohn und Spott und Vorhaltungen. Zweihundertfünfzig Euro? Hundertfünfzig Euro? Das ist mir zu abstrakt – ein Hund braucht kein Geld. Wenn Gott gewollt hätte, dass Hunde Portemonnaies mit sich führen, hätte er aus ihnen Beutelratten gemacht!
    Ich errege mich noch immer, Alfonso. Das ist nicht gut. Ich muss mich beruhigen. Ich muss die Situation neu bewerten. Wohin hat mich mein Temperament gebracht? Ich befürchte, meine Ansprache hat mich um Lichtjahre zurückgeworfen. Werde ich es wiedergutmachen können? Das sind alles Fragen, deren Beantwortung ein gerüttelt Maß an Muße und Zeit benötigt. Deswegen bin ich in mich gegangen und habe Folgendes beschlossen: Ich übertrage dir offiziell die Führung des Rudels. Bis ich wieder da bin, und wer weiß, wann das sein wird, ernenne ich dich hiermit vor aller Welt, die Zeuge dieses Aktes meiner Weitsicht und Großherzigkeit ist, zum Regenten und Vizekönig von Vila do Santo Chouriço. Nimm, Alfonso I., die Worte Ferndando Pessoas zum Geleit:  »Stumm betrachte ich den See, den eine Brise kräuselt. Nichts weiß ich, wenn ich an das Ganze denke … Oder es ist das Ganze, das mich vergisst.«

Kapitel 4
2. September
    Vielleicht war ich etwas voreilig, Alfonso, mein Freund, dir die Amtsgeschäfte zu übertragen, andererseits beruhigt es mich doch, dass ich mein Rudel in guten Händen weiß. So kann ich mich mit ganzer Kraft meinem Fluchtplan widmen, ohne fürchten zu müssen, dass zwischenzeitlich eine fremde Meute mein Stadtviertel übernimmt. Ich möchte niemals so sehr an den Rand der Verzweiflung geraten wie mein geliebter Pessoa, der einmal schrieb:   »Mein Leben – eine Tragödie, ausgepfiffen von den Göttern …«
    Es liegt schließlich in der Macht eines jeden selbst, ob aus seinem Leben eine Tragödie, eine Komödie oder ein Heldenepos wird. Und im Gegensatz zu Pessoas pessimistischer Einsicht halte ich Freundschaft für möglich. Er als Mensch, und da liegt einer der großen Unterschiede zwischen Pelz und Nichtpelz, hat an den Verrat geglaubt. Aber als ich die Ereignisse der letzten Wochen Revue passieren ließ, da war ich zuweilen nahe daran, ihm beizupflichten. Dennoch bin ich nicht so tief gefallen, um mich in Zynismus und Selbstmitleid zu suhlen. Noch bin ich am Leben, noch atme ich. Also ist noch nicht alles verloren.
    Nach meiner großen Ansprache an die Madame fürchtete ich das Schlimmste, weiß ich doch, dass die Zweibeiner die Wahrheit nicht vertragen können. Sie hatte große Zweifel, sehr große Zweifel, was unser Zusammenleben betrifft. Ich konnte es an ihrem Gesicht ablesen. Am liebsten hätte ich ihr zugerufen: »So lassen Sie mich doch endlich gehen, Madame. Wir verstehen uns einfach nicht. Öffnen Sie die Türe, und ich werde mich davonmachen, und in ein paar Tagen haben Sie vergessen, wer ich bin und dass ich jemals da war.«
    Aber ich enthielt mich eines Kommentars. Niemals wäre sie auf die Idee gekommen, mir die Freiheit zu schenken. Nein, Alfonso, mein Freund, so direkt denken die Zweibeiner nicht. Sie sind es, die immer wieder an den Ort des Verbrechens zurückkehren, wie man so sagt, was lediglich bedeutet, dass sie dieselben Fehler immer wieder begehen. Wie mein Vater Dom João, 27. schon bemerkte, würde eher ein Kamel durch ein Nadelöhr gehen, als dass man einem Menschen begegnet, der aus Fehlern gelernt hätte. Und so musste ich fürchten, dass sie auf die simple Idee, die Türe für mich zu öffnen, nicht kommen würde. Sie, sollte sie zu dem Schluss gelangen, endgültig meiner überdrüssig geworden zu sein, würde mich einfach zurück ins Gefängnis bringen. Und dann wäre jede Chance auf eine Flucht vertan.
    Ich hielt mich also in den folgenden Tagen ein wenig zurück, ruhte sehr

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