Idioten auf zwei Pfoten
verschließen möchte. Und im Park erzählte mir Scooter, dass alle Hunde sich über mich und meinen Kampf gegen Armani das Maul zerrissen. Aber nicht ich war der Held in ihren Geschichten – sie beschwerten sich vielmehr darüber, wie ich, der froh sein konnte, halbwegs geduldet zu sein, es hatte wagen können, Armanis Alphastellung infrage zu stellen. Scooter sah das natürlich nicht so. Es amüsierte ihn, dass ich dem Dicken tatsächlich ein Stück vom Ohr abgebissen hatte, und fragte mich, wie der Fettsack geschmeckt hat. Allerdings riet er mir, vor dem nächsten Fight lieber noch mal nachzudenken.
»Oder willst du dein anderes Auge auch noch verlieren, Kamikaze?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Ja, guck nicht so, du hast deinen Spitznamen weg. Kamikaze, klingt doch gut. Und merk dir noch eins – hohe Tierarztrechnungen bringen die Zweibeiner auf die Palme. Hier ist nichts umsonst.«
Erst da dämmerte mir, dass Madame mich während meiner Ohnmacht wieder zu dieser Frau gebracht haben musste, die mir schon einen Zahn gezogen hatte. Was hatte sie davon abgehalten, mir noch etwas abzuschneiden?
»Ich habe sie nicht drum gebeten, mich zum Arzt zu schleppen. Ich war bewusstlos«, sagte ich.
»Kein Wunder, du hast geblutet wie ein Schwein, hat mir einer erzählt, und wenn Madame mit dir nicht die nächste U-Bahn gekriegt hätte, wäre für dich alles zu spät gewesen. Du hast Glück gehabt, dass sie so geistesgegenwärtig war, nicht erst nach Hause zu rennen, um den Wagen zu holen.«
»U-Bahn?«
»Ja, U-Bahn. So ähnlich wie Bus, nur ›U‹, wie unter der Erde. Mein Gott, João, du bist ja wirklich vom Planet der Ahnungslosen. Was hast du denn gedacht, was da unten in dem Loch ist!«
»Nichts. Ich hatte lediglich den deutschen Namen dafür noch nie gehört. Bei uns sagt man anders dazu«, erklärte ich schnell, denn das Letzte, was ich wollte war, dass Scooter dachte, ich sei ein Hinterwäldler.
»Ha, ha … Lass mal die Luft raus. Du siehst jetzt schon aus wie ein aufgeblasener vierbeiniger Knallfrosch. Natürlich hast du gedacht, dass da unten ein Monster wohnt. Das denken alle, die vom Dorf kommen«, sagte Scooter und lachte, dass seine großen Segelohren in alle Richtungen flogen. »Und was deinen Orden betrifft, João: Das ist eine Hundemarke. Ist dir noch nicht aufgefallen, dass wir fast alle eine haben? Ein Blechstück, auf dem deine Registriernummer steht.« Er trabte davon und japste immer wieder: »Orden … einen Orden … Wie uncool …!«
Ein Mops verbirgt seinen Kummer zwischen den Falten in seinem Fell. Bei den Menschen heilt die Zeit alle Wunden, sagt man. Und so hatte sich auch die gnädige Frau weitestgehend wieder beruhigt, bis es heute früh an der Tür klingelte. Der Postbote brachte einen Brief. Madame riss ihn auf. Ihre Miene verfinsterte sich mit jeder Zeile, die sie las. Sichtlich erschüttert wankte sie zum Küchentisch und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Dann legte sie den Brief auf den Tisch und sagte: »Schröder! Schau mich an.«
Ich guckte natürlich einen Meter an ihr vorbei und bereitete mich innerlich auf die nächste Sorgenfalte vor. Trotzdem fuhr sie fort: »So! Zweihundertfünfzig Euro Tierarztrechnung, Freundchen, weil du einen Zuchtrüden perforieren musstest. Plus einhundertfünfzig für deine OP. Ich hoffe, du hattest deinen Spaß.«
»Ich kann doch nichts dafür«, sagte ich. »Er hat angefangen, er hat gesagt … Er hat gesagt, ich gehöre in die Tötungsstation!«
»Herr Schröder, Sitz und Aus! Ab ins Körbchen. Du bringst uns beide in Teufels Küche.«
»Ach!«, sagte ich und sprang auf. »In Teufels Küche bin ich schon seit Wochen. Ich passe auf, dass wir uns nicht verlaufen; ich ertrage schlechtes Essen; ich muss auf Sie aufpassen und auch noch gegen andere verteidigen! Wenn Sie ein ordentlicher Rudelführer wären, dann hätten Sie diesem schwachköpfigen Burro was zwischen die Lefzen gegeben! Und noch etwas! Ich will es nur mal betonen: Ich bin nicht freiwillig hier! Ich habe niemals gesagt, dass ich mit solchen Idioten auf zwei Pfoten zusammenleben möchte. Mit Ihnen nicht, mit den anderen nicht, und auch nicht mit ihren Rassepinklern. Ich bin ein freier Hund und keine Registriernummer, die man auf ein Stück Blech graviert. Ich bin der König der Straßen von Vila do Santo Chouriço, ein Mops von Stand und Ehre! Mein Land ist Portugal. Mein Rudel, das seit Wochen ohne meinen Schutz ist, wartet auf mich. Wenn Sie das bitte endlich zur
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