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Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Titel: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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Geschichte
ein.
    Im Grünen Zimmer warteten die
Gäste darauf, daß man ihnen sagte, was eigentlich los war. Sie hörten viel
Getöse in den Räumen für Maske und Garderobe, aber niemand dachte daran,
hereinzukommen und ihnen zu erklären, was los war. Eine Zeile erschien auf dem
Monitor und versicherte, das normale Programm werde so bald wie möglich
fortgesetzt. Martialische Klänge ertönten, und Mrs. Bignall fragte die
Umsitzenden nachdenklich, ob sie glaubten, daß die Regierung gestürzt worden
sei, aber dann begann die Sendung Scheidewege, und alle kamen zu dem
Schluß, daß es noch nicht soweit war. Schließlich erschien ein sehr junger
Polizist, teilte ihnen mit, sie bräuchten sich keine Sorgen zu machen und
möchten doch bitte jetzt gehen.
    «Aber was ist passiert?» fragte
Mrs. Bignall. «Warum wurde das Programm abgebrochen, bevor Mr. Pringle hier
seinen Beitrag leisten konnte?» Der Constable starrte in die mittlere
Entfernung zwischen ihrem Kopf und der Zimmerdecke.
    «Der Regisseur hatte einen
Unfall, gnädige Frau.» Mr. Pringle hüstelte und zeigte auf den Bildschirm.
    «Wir, äh, hörten etwas von —
von Blut?» Es war der erste Mordfall des Beamten. Seine Erregung besiegte die
gebotene Zurückhaltung.
    «Es war ein ziemlich fataler
Unfall», räumte er ein.
    «Petronella wird es wissen.»
Mrs. Bignall war zuversichtlich. «Wir werden alles erfahren, wenn sie
wiederkommt.» Sie standen auf einem nassen Straßenpflaster und sahen, wie eine
große schwarze Limousine vorbeiflitzte. «Was für eine Art, Ihr so den
Besuch zu verderben, ts-ts-ts...»
     
     
    Montag, 2. April 1984, 23.55:08 Uhr
    «Ich bin erschöpft, absolut
total fertig. Halb England hat in der Nachrichtenredaktion angerufen, seit es
passiert ist...»
    «Seit was passiert ist?»
    «Und die HMS Ark Royal möchte sich Ashley Fallowfields annehmen.»
    «Petronella, wir warten immer
noch darauf, etwas zu erfahren. Wir wissen noch nichts.»
    Sie schaute auf von ihrem
Kakao. «Von Christopher, meint ihr?»
    «War er das, was man einen
Regisseur nennt?»
    Sie nickte. «Nennt ist richtig.
Verdammte Übertreibung. Der könnte nicht mal bei einer Straßenüberquerung Regie
führen, aber er ist nun mal Malcolm Gordons Neffe. Das heißt, er war es. Und
Malcolm ist der Gott von B & W.»
    «Aber was ist Christopher
zugestoßen?»
    «Jemand hat Dorothys Spieker,
auf dem sie ihre Papiere aufspießt, in ihn gestochen.» Petronella betrachtete
Mr. Pringles buntgemusterten Pullover. «Ungefähr dort.» Ihr Finger zeigte vorn
rechts auf den unteren Rand seines Brustkorbs. «Er drang irgendwie schräg nach
oben gerichtet ein.» Sie änderte den Winkel ihres Fingers. «Etwa so. Zumindest
hat das einer der Polizisten gesagt. Der Spieker ist etwa acht Zoll lang, und
der Täter hat so stark damit gestoßen, daß eine Arterie zerrissen ist. Offenbar
gab es deshalb soviel Blut. Es spritzte heraus wie aus einem Wasserhahn.»
    «Aber gewiß...» Mr. Pringle war
erstaunt. «Waren denn da keine Leute bei ihm?»
    «Jede Menge. Alle wurden
vollgespritzt», antwortete Petronella fröhlich. «Schauen Sie, ich zeige es
Ihnen.» Und sie zeichnete mit dem Finger etwas auf die Tischdecke.
    «Der Regieraum ist über dem
Studio an einer Endwand und ein wenig länglich. Drinnen sind an einer langen
Wand lauter Monitore. Der Regisseur sitzt mit dem Gesicht zu ihnen an einem
Pult; die Bildmischerin sitzt mit ihren Reglern links von ihm, und die
Programmassistentin ist an seiner rechten Seite. Sie kümmert sich um die Zeiten.
Können Sie mir folgen?» Sie nickten.
    «Okay. Hinter ihnen an der
anderen langen Wand steht eine Bank für die leitende Programmredakteurin und
die Redakteure. Zwischen Regiepult und Bank ist nicht viel Platz, weil das normalerweise
nicht nötig ist.» Wieder nickten sie.
    «Der einzige Weg aus der
Nachrichtenredaktion in die Regie führt über einen Laufsteg über dem Studio.
Sie gingen heute abend so spät hinüber, daß die Technik in große Aufregung
geriet, aber so sind die halt in der Nachrichtenredaktion, immer lassen sie es
auf die letzte Minute ankommen. Die denken, es macht die Nachrichten
aufregender.»
    «Vielleicht hat der Regisseur
es hinausgeschoben», sagte Mr. Pringle nachdenklich, «weil er eine Vorahnung
hatte?» Petronella erwog diesen Einwand, wobei sie die Nase kräuselte. «Ich
bezweifle es. Nach dem, was alle sagten, hat Christopher Gordon den ganzen Tag
über die Hölle um sich verbreitet. So war er nun mal, seit Malcolm ihn

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