Ihr Auftritt, Mr. Pringle!
die ihre Sachen einsammelte. Sie wollten Jack
Kemp sein Mittagessen ins Lagerhaus bringen.
«Penelope — seine Frau — hat
mich gebeten, ihm etwas zu essen zu geben», erläuterte Artemis. «Sie möchte,
daß Jack etwas Kräftiges in sich hat, bevor er verhaftet wird.» Mr. Pringle kam
zu dem Schluß, daß auch er besser mit Jack sprach, bevor es soweit war. Er
wußte, wie schwierig es später werden konnte. Alle nahmen stillschweigend an,
daß es bald zur Verhaftung kommen mußte.
«Wir wissen alle, daß die
Polizei vor Ihnen angefangen hat, Pringle», sagte Jonathan freundlich, «und daß
Sie Zeit brauchen, um aufzuholen. Aber Sie werden es so bald wie möglich
herausfinden, wer es wirklich getan hat, nicht wahr? Jack wird es hinter
Gittern nicht besonders gut gefallen, vor allem wenn der Wein knapp wird.»
Mr. Pringle seufzte. Er war in
etwa so deprimiert, wie Herakles es vor seiner ersten Tat gewesen sein mußte.
Um ihn herum in der Nachrichtenredaktion machte sich Geschäftigkeit breit.
Schlagzeilen für die Mittagssendung kamen herein. Er beobachtete Dorothy, als
zwei Redakteure ihr die Vorzüge ihrer jeweiligen Beiträge erklärten. Sie hörte
zu, gab ihr Urteil ab, und beide Männer gingen ohne Einwendungen wieder an ihre
Schreibmaschinen. Eine Frau, die es schaffte, Autorität auszuüben—wie hatte sie
an jenem Abend reagiert, als man ihr Christopher als Regisseur aufzwang? Hatte
sie nicht protestiert?
In einem langen Korridor, weit
entfernt von der Nachrichtenredaktion, hielt ein Mann einen anderen an.
«Ich möchte Sie sprechen...»
«Lassen Sie sich einen Termin
geben. Ich bin jetzt zu sehr beschäftigt...»
«Es ist eine persönliche
Angelegenheit.»
«Oh, ja?» Der größere der
beiden richtete sich noch mehr auf. «Wenn es um Geld geht, kann ich Ihnen nicht
helfen.»
Der Blonde errötete. «Es geht
um — Montag abend.»
Der andere zögerte einen Moment
und ging dann nachdenklich weiter. «Lassen Sie sich einen Termin geben», rief
er. Die Aufforderung hallte durch den Korridor, und jeder konnte sie hören.
Ein Gespräch mit Dorothy zu
arrangieren war schwierig gewesen. Nicht heute, hatte sie gesagt, sie sei noch
zu müde und erschüttert. Vielleicht morgen. Mr. Pringle war zufrieden. Es gab
noch viele andere, die kräftiger und beweglicher waren und eher den Mord verübt
haben konnten. Er beobachtete Dorothy. Ihre lähmende Krankheit mußte äußerst
schmerzhaft sein, um so tiefe Falten zu verursachen. Was war es? Arthritis?
Polio? Sie mußte mal attraktiv gewesen sein. Wie alt war sie? Und was hatte sie
gesehen, wo sie doch direkt hinter dem Opfer gesessen hatte? Hatte sie etwas
bemerkt in dem dichten Gedränge?
«Fertig?» Artemis stand vor
ihm.
Sie trug eine lederne
Bomberpilotenjacke und einen Helm. Mr. Pringle hatte die verrückte Idee, sie
werde ihn nun wie James Bond zu einem wartenden Hubschrauber führen. Er wurde
herb enttäuscht. Draußen gab sie ihm einen zweiten Helm. «Klettern Sie rauf.
Ich muß dies Scheusal mit dem Kickstarter in Gang bringen. Meine Maschine ist
nicht mit dieser japanischen Elektronik versaut worden, sie ist britisch.»
Mr. Pringle preßte seine
ältlichen Knie gegen die Seiten. Er war zu entsetzt, um zuzugeben, daß er noch
nie auf einem Motorrad gesessen hatte. Die Maschine vibrierte unter ihm, es
roch unangenehm. Artemis schwang sich auf den Sitz. Sie hatte ihm zwei
Tragetaschen gegeben, jede um einen Arm geschlungen. Sie wogen eine Tonne, als
er sich um ihre Taille klammerte.
«Okay?» übertönte sie mit ihrem
Ruf das Brüllen des Motors. Er nickte und schloß die Augen.
Der Wind wehte ihre Worte nach
hinten zu ihm. «Ihre Formulare sind alle verteilt. Hilary kann ihres erst heute
abend ausfüllen. Vorher muß sie sich Wackel-Willie widmen. Jonathan
verteilt den Rest für mich heute während der Mittagspause in der Kantine. Ich
habe auf jedes einzelne den Namen geschrieben, so daß er damit zurechtkommen
wird.» Die Meinung einer Produktionsassistentin von einem Regisseur ist nie
sehr hoch, folgerte Mr. Pringle. «Ich dachte mir, wir könnten das für Fitz in
seiner Wohnung abliefern, nachdem wir Jack gefüttert haben. Er wurde heute
morgen krank, und ich hab ihn verpaßt.»
«Ich danke Ihnen. Sie sind sehr
tüch...» Ein lautes Hupen unterbrach ihn. Es stank nach verbranntem Gummi.
«Haben Sie das gesehen?»
Artemis machte eine beredte, für die Royal Air Force typische Handbewegung. Das
Motorrad wackelte gewaltig. «Einige Fahrer brauchen
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