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Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Titel: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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welcher Reihenfolge sie stattfanden, das ist
das Unangenehme. Da war soviel Gedränge von Leuten, die normalerweise dort
nichts zu suchen hatten.»
    «Können Sie sagen, wo Sie genau
gestanden haben? Das wäre zumindest ein Ausgangspunkt.»
    Jack richtete sich abrupt auf.
«Wir brauchen einen Plan. Wie wir ihn für Schauspieler benutzen — hier, ich
zeige es Ihnen.» Er ging zu einigen großen Abfallbehältern in einer Ecke des
Kulissenlagers, seine fast weißen Jodhpurs schimmerten in der Dunkelheit. «Es ist
ein sogenannter Kameraplan», rief er und stöberte weiter, «der maßstabgerecht
gezeichnet ist. Ah, hier haben wir ihn.» Er schwang eine Papierrolle. «Er ist
etwas schmutzig, aber Sie bekommen einen allgemeinen Eindruck.»
    Mr. Pringle betrachtete ihn.
Unter Schmutz und Kaffeeflecken sah er ein Diagramm wie das auf Eddies
Regelpult. «Ist das der Grundriß des Studios?»
    «Ja, das Bühnenbild
eingezeichnet unter dem Beleuchtungsnetz, sehen Sie? Diese Formen sind
Möbelstücke, maßstabgerecht gezeichnet, damit ein Regisseur die Bewegungen der
Schauspieler planen kann und austüfteln, wo er die Kameras postieren muß. Wenn
man ein so kleines Bühnenbild wie dies hat, kommt man direkt in Versuchung,
winzige Personen einzuzeichnen. Was war das überhaupt?» Er las die Beschreibung.
«Claudias Boudoir? Wann haben wir das gebraucht? Oh, ich erinnere mich, es war
ein schrecklicher Werbefilm, den wir für die Milch-Marketingbehörde produziert
haben. Jedenfalls stellen diese Linien die Wände des Boudoirs dar, und dies ist
ein Doppelbett, sehen Sie?»
    Mr. Pringle schaute auf das
Rechteck, das den meisten Platz im Boudoir beanspruchte. «Ich verstehe.»
    «Alles ist genau
maßstabgerecht, einschließlich des Milchmanns, der neben Claudia im Bett
liegt.» Mr. Pringle blickte sehr aufmerksam auf das Papier.
    «Und hier —» Jack zeigte auf
einen anderen Schnörkel — «hat der Regisseur — übrigens ein kompletter
Idiot...»
    «Hornsey?» sagte Mr. Pringle
verständnisvoll.
    «Nicht Hornsey, nein, aber
dennoch ein völliger Kretin. Er hat versucht, eine Kamera neben dem Bett
einzupassen, um eine hübsche Nahaufnahme zu bekommen. Aber er hat sie zu klein
gezeichnet. Jemand anders, vermutlich der Kameramann, hat sie auf die richtige
Größe gebracht. Sehen Sie, wie sie das Bett überlappt?»
    Mr. Pringle starrte auf den Kreis,
der den größten Teil vom Körper des Milchmanns abdeckte. «Was passierte?»
    «Der Milchmann mußte die Knie
eng an den Körper ziehen, ebenso die Fersen, während Claudia ihn verführte. Schauspieler
müssen manchmal Opfer bringen», sagte Jack gefühllos. «Gewöhnlich beklagen sie
sich auch nicht, wenn es ein Werbefilm ist, wegen des Honorars bei
Wiederholungen. Sie brauchen einen Plan vom Regieraum. Dann kann Ihnen jeder
zeigen, wo er gestanden hat.»
    «Das ist eine ausgezeichnete
Idee.»
    Jack strahlte. Er drehte den
Plan um und gab Mr. Pringle einen Bleistift. «Ich glaube, ich kann nicht so gut
zeichnen wie Sie.»
    Mit Jacks Unterstützung
skizzierte Mr. Pringle den Grundriß aus dem Gedächtnis. Als er fertig war,
schauten sie ihn an.
    «Ein Designer ist nötig, um ihn
maßstabgerecht zu zeichnen.»
    «Ich bin heute bei Rupert zum
Abendessen.»
    «Das wäre es dann. Ich stand
etwa hier, Carl war neben mir. Dorothy ist an ihrem Tisch. Fitz und Charles
sitzen immer beiderseits von ihr, wenn sie in der Schicht sind.» Jack zeichnete
rasch numerierte Kreuze und fügte einen Schlüssel an der Seite des Plans hinzu.
Das Endergebnis stellte ihn nicht zufrieden.
    «Jetzt haben Sie einen groben
Eindruck vom vorhandenen Platz. So war es aber nicht am Montag, eher wie in
einer U-Bahn zur Hauptverkehrszeit. Schauen Sie mal, was Rupert daraus machen
kann, er war ungefähr hier.» Jack fügte noch ein kleines Kreuz hinzu. «Ich
erinnere mich, weil ich wenige Sekunden, bevor es zum zweitenmal dunkel wurde,
noch mit ihm gesprochen habe.»
    Es waren nur Sekunden, auf die
es ankam. Mr. Pringle wollte Jack bitten, alles noch einmal durchzugehen, aber
er überlegte es sich anders. Jack war müde. Vielleicht, wenn er wieder munter
war und Mr. Pringle einen maßstabgerechten Grundriß hatte. Als letztes fragte
er, ob Jack gehört hatte, daß jemand schrie. Jack schüttelte den Kopf. «Das
könnte passiert sein, als ich Krach machte und den armen Schweinehund anschrie,
er solle sich aufrecht hinsetzen.» Mr. Pringle dankte ihm und rief Fitz an, um
mit ihm für den nächsten Morgen eine Verabredung zu

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