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Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Titel: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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sagen. Ich
zerstörte eine Lüge. Schlimm ist nur, ich habe ihm auch noch andere Dinge
erzählt.»
    «Nämlich?»
    Er zögerte. «Daß ich knapp bei
Kasse bin», sagte er schließlich «Das hätte ich Malcolm nicht sagen sollen.» Er
senkte seine Stimme zu einem Flüstern. «Denn das war das Schlimmste überhaupt.
Er ließ mich auf Knien um meinen Job betteln.»
    Mr. Pringle konnte die ihm
lebhaft dargestellte Szene nicht ertragen. «Wie boshaft», sagte er. «Wie
schlimm, schlimm boshaft.»
    Von unten rief Mrs. Bignall:
«Ich bin fast fertig, danach mache ich uns Tee. Wo haben Sie Ihren Staubsauger,
Rupert?»
    Es war fast neun, ehe sie gehen
konnten. Mrs. Bignall hatte den Mülleimer gefüllt und die Fenster aufgerissen.
Rupert schaute apathisch zu. Seine Fügsamkeit beunruhigte Mr. Pringle. «Soll
ich Artemis bitten...?»
    «Nein, nein.» Rupert versuchte
zu lächeln, diesmal parodierte er Mr. Pringle: «Irgendwann, alter Knabe, muß
man mal allein sein.»
    Mr. Pringle fühlte sich den
Tränen nahe. Christopher Gordon mochte ein Opfer gewesen sein. Auf seine Art
war auch Rupert White eins.
     
     
    Donnerstag, 5. April 1984, spätabends
    Sie fanden ein Motel, in dem
Mrs. Bignall ihren Appetit auf Schweinefleischpastete und Pommes frites stillen
konnte. Als sie über Ruperts mißliche Lage sprachen, fragte sie: «Wird die
Polizei Malcolm Gordon glauben?»
    «Ich hoffe, nicht. Ihre
forensischen Tests werden vielleicht ergeben, daß Rupert das Bild nicht
zerstört hat. Ich kann es nicht beweisen. Theoretisch könnte er genügend
Zeit gehabt haben, es zu tun, bevor er an dem Abend das Essen zubereitete...»
Er erinnerte sich an Ruperts Glücksgefühl, an die Freude, mit der Wohnung
anzugeben, an die Aufmerksamkeit beim Essen. «Es ist einfach nicht möglich.» In
seinem Kopf drehte sich alles. Er brauchte Ablenkung.
    «Erzähl mal, was zwischen dir
und Mrs. Pugh war.»
    Sie plapperte los wie ein
Wasserfall. Es hatte mit einem beiläufigen Hinweis auf Billy begonnen, den Mrs.
Pugh falsch interpretierte. Sie hatte mit schwerem Sarkasmus über Herbert
Bignalls sexuelle Neigungen gekontert. «Die ich nie geleugnet habe, ich weiß
also nicht, warum sie die alle hervorzerren mußte. Wir haben beide unsere Toten
bestattet. Versuchen wir, uns an das Beste zu erinnern, sage ich immer.» Von da
an ging es ständig bergab, und der Disput erreichte seinen Tiefpunkt, als die
beiden Damen ihre Schulzeit wieder aufleben ließen. «Sie beschuldigte mich, ich
hätte abgeschrieben. Ich!» Mrs. Bignall konnte es immer noch nicht glauben.
«Jeder wußte, daß sie das einfältigste Mädchen in der Schule war. Ich ließ sie von mir abschreiben, weil sie mir leid tat.»
    Mr. Pringle widmete seine
Aufmerksamkeit wieder der Fleischpastete.
    «Und ich lieh ihr immer meine
Nylons, wenn sie zu einer Party ging — was, wie ich zugebe, nicht oft vorkam,
weil Florence nicht sehr beliebt war. Das war direkt nach dem Krieg, als Nylons
rar wie Goldstaub waren. Ungefähr zu der Zeit lernte sie Billy kennen. Nur das wollte
sie immer, heiraten und eine Familie gründen, egal mit wem. Es tat mir leid,
daß sie und Billy keine Kinder bekommen konnten. Ich wollte nie welche, da ich
eine Karrierefrau war.»
    Mr. Pringle brauchte einige
Augenblicke, bis ihm Bricklayers einfiel.
    «Als Herbert und ich
heirateten, wußte ich, Kinder kamen sowieso nicht in Frage», seufzte sie. «Er
wäre ganz abgehauen, wenn ich mich mit Babies abgegeben hätte.»
    Mr. Pringle wartete, bis ihr
Zorn verflogen war. «Verstehe ich richtig, daß wir uns eine neue Unterkunft
suchen müssen?»
    «O nein, Liebster. Florence
mußte heute abend mal allein gelassen werden, um ihr eine Lektion zu erteilen,
mehr nicht. Wir gehen zurück, wenn du fertig bist, aber wir distanzieren uns.
Morgen früh wird sie wieder bei Verstand sein. Sie sagt immerzu, sie sorge sich
um Petronella — was Blödsinn ist. Ich wette, das ungezogene Mädchen amüsiert
sich, wo sie nur kann.»
    Mr. Pringle nahm dankbar zur
Kenntnis, daß die Aufregung kaum der Rede wert war. Einige Stücke seines
Puzzles lagen an der richtigen Stelle. Jetzt müßte er sich hinsetzen und
nachdenken können. Er war froh, daß Mrs. Pugh Distanz halten würde. So hatte er
mehr Ruhe. Als sie in der Prior Park Road hielten, bemerkten sie mit Erstaunen,
daß es im Haus dunkel war. Normalerweise ließ Florence die Innen- und
Außenbeleuchtung brennen.
    Drinnen war es totenstill. «Sie
wird schmollend in der Küche sitzen», meinte Mrs.

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