Ihr Auftritt, Mr. Pringle!
irgendwo
etwas essen. Ich brauche einen Drink, ich weiß nicht, wie es bei euch damit
steht.»
«Oh, ja.» Jack schaute auf,
versoffen, traurig. «Ich kann nicht nach Hause gehen. Sophie hat Windpocken und
die Masern. Suchen wir uns eine Kneipe. Ich muß Pringle Vernunft beibringen —
Dorothy konnte nicht seine Mutter gewesen sein, sie war viel zu nett...»
«Suchen Sie Mr. P., dann können
Sie es ihm sagen», betonte Mrs. Bignall.
«Liebe Frau, Ihr Wunsch ist mir
Befehl», sagte Jonathan.
Im Vorzimmer war nichts von Mr.
Pringle zu sehen. Jonathan schaute auf Enids Schreibtisch. Sein Entwurf lag
nicht dort. Malcolm mußte ihn bereits haben. Er mußte ihn davon abhalten, ihn
zu lesen, bevor er gehört hatte, welche Änderung es geben werde — es könnte der
Sache ein ganz anderes Gesicht geben. Er klopfte an die Tür und ging hinein,
ohne dazu aufgefordert worden zu sein.
«Malcolm, ich dachte, es sollte Ein Sprung der Freude heißen, denn... Hallo? Ist Pringle ohnmächtig
geworden? Und was ist mit Fitz passiert?»
Sonnabend, 7. April 1984,
spätabends
Auf der Unfallstation gab es
weitere Anzeichen für ein Gemetzel. Mr. Pringle lag zwischen zerrissenen
Sportzeitschriften und Bierdosen und wartete darauf, an die Reihe zu kommen.
Die Krankenschwester erinnerte sich an ihn. «Oh, nein, nicht schon wieder.»
Fitz lag in der angrenzenden Intensivstation. Er hatte das Bewußtsein noch
nicht wiedererlangt. Mr. Pringle hoffte, daß er selbst nicht so blau um den
Mund herum war. Man hatte auf Fitz’ Gesicht mit Heftpflaster eine
Sauerstoffmaske befestigt, am Kopf und auf der Brust waren Elektroden. Seine
Frau saß neben ihm und hielt seine Hand. Vielleicht hatte Fitz sich deshalb
nicht die Mühe gemacht, die Augen zu öffnen, dachte Mr. Pringle. Er fragte
sich, ob sie daran gedacht hatte, Kaffeebohnen zu kaufen.
Auf dem Schränkchen neben
seinem Bett stand eine ähnliche Kollektion von Flaschen, wie er sie das erste
Mal auf der Hexen-Bar gesehen hatte. Seine Anhänger waren auf dem Weg zum
Krankenhaus an einem Wein- und Spirituosengeschäft vorbeigekommen. Jemand aus
der Gruppe, wahrscheinlich Artemis, hatte an einen Korkenzieher und an eine
Packung Plastikbecher gedacht. Aber seine Freunde standen nicht an seinem Bett,
um ihm die fiebernde Stirn zu kühlen. Sie klebten am Fernsehgerät in der Ecke
und warteten auf das Ende der Werbung. Nur Mrs. Bignall hielt treu an Mr.
Pringles Seite aus.
Ein erschreckendes Gerücht war
bei Bath & Wells aufgekommen, als sie auf den Krankenwagen warteten —
es verbreitete sich wie ein Lauffeuer —, sie mußten feststellen, ob es stimmte.
Für Leute vom Fernsehen war die Sendung Wirklichkeit; das Leben selbst weniger,
jedenfalls glaubte das Mr. Pringle. Sie wollten es kaum glauben, als man ihnen
sagte, Malcolm sei der Mörder, aber dann hatten sie es schnell begriffen.
Letzten Endes hatte ihn niemand leiden können. Aber sie verstanden nicht, warum
er gemordet hatte — sie nahmen an, der Grund für die Zerstörung des Bildes sei
Neid gewesen. Mr. Pringle bemühte sich, ihnen zu sagen, daß er dies schon immer
als Hintergrund für beide Verbrechen gehalten habe, aber es schmerzte zu sehr
zu sprechen. Er war die ganze Zeit über nicht so weit von der Wahrheit entfernt
gewesen. Sobald er einen Kugelschreiber halten konnte, würde er seine Gedanken
zu Papier bringen und der Polizei mitteilen.
Dorothys Tod war etwas anderes.
Wer der Generation angehörte, für die uneheliche Geburten alltäglich sind, war
verblüfft. «Warum auf Erden hat sie nicht einfach gesagt, daß sie seine Mutter
ist? Warum verschwieg sie es?» wollte Artemis wissen. Mrs. Bignall glaubte,
dies zu verstehen.
«Damals war es nicht das
gleiche, meint Liebe. Als ich noch zur Schule ging, wurde ein Mädchen von ihr
verwiesen, wenn es eine Nacht mit einem Jungen verbracht hatte. Selbst wenn sie
nicht schwanger wurde, mußte ihre Mutter wegen der Schande außerhalb der Stadt
einkaufen.»
«Aber inzwischen hätte sie es
doch zugeben können. Niemand hätte sich daran gestört. Warum hat sie die ganze
Zeit geschwiegen? Und —» fügte Artemis hitzig hinzu — «wie konnte sie da sitzen
und ihn so umbringen lassen? Ihren einzigen Sohn?»
«Ich glaube, sie wußte nicht,
daß Malcolm das tun würde, nicht wahr, Liebster?» Mr. Pringle lag ihr zu Füßen
auf seiner Trage und fragte sich, ob der Krankenwagen wohl jemals kommen würde.
Er stöhnte. Mrs. Bignall hielt dies für Zustimmung. «War dies vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher