Ihr letzter Tanz
Apartmentgebäuden und vereinzelten Einfamilienhäusern, darunter ein Café, das nicht zu einer der großen Ketten gehörte, und ein schöner kleiner Blumenladen. Der Strand selbst war lediglich drei Blocks entfernt, und Quinn fühlte sich versucht, am Boulevard entlangzuspazieren, um die Umgebung kennen zu lernen.
An dem Strandabschnitt, der zur Bucht hin gelegen war, hatten sich die Sonnenhungrigen versammelt. Ein Volleyballspiel war im Gange, und ein Stück weiter war eine Mutter damit beschäftigt, zusammen mit ihren beiden Kindern eine Sandburg zu bauen. Ein junges, tiefgebräuntes Pärchen rieb sich gegenseitig mit Sonnenschutzcreme ein. Quinn musste eingestehen, dass der Strand während der Woche durchaus seinen Reiz hatte. In den Keys fanden sich weit weniger Sandstrände, dafür konnte man dort seine Zeit in völliger Abgeschiedenheit verbringen.
Auf einem Strandstück vor einem eleganten Art déco-Hotel mischte sich unter die Gebräunten und die Schönen auch das „gewöhnlichere“ Volk. Eine beleibte Frau, deren Badeanzug deutlich zu knapp geschnitten war, spazierte neben einem hageren Mann, der in einem Scooter saß. Beide lächelten zufrieden und nickten Quinn zu, als sie an ihm vorbeikamen. Er erwiderte den Gruß dachte bei sich, dass man so glücklich war, wie man sich selbst im Geiste sah – und dieses Paar machte einen rundum glücklichen Eindruck. Wer war er schon, dass er über sie urteilen konnte, ob sie angemessen angezogen waren oder nicht? Er selbst ging in teuren Schuhen, langer Hose und maßgeschneidertem Hemd am Strand entlang.
Etwas den Strand hinunter brach gerade eine Gruppe Jugendlicher auf. Sie packten Handtücher, Liegestühle und Verpflegung zusammen und verabschiedeten sich lautstark. Während er weiterging, beobachtete er, dass sie fast alle den Strand verließen – bis auf eine junge, hochgewachsene Frau, die so schlank war, dass es fast an Magersucht grenzte. Sie hatte langes, dunkelbraunes Haar, und ihre großen Augen nahmen einen traurigen Ausdruck an, als auch der Letzte der Gruppe gegangen war. Quinn dachte darüber nach, zu ihr zu gehen und sie anzusprechen, da sie so völlig einsam wirkte. Aber das hier war South Beach, und sie konnte theoretisch ein Undercover-Cop sein.
Nein, dafür ist sie nicht alt genug, entschied er.
Als er sich ihr näherte, drehte sie sich zu ihm um und sah ihn an. Sie musterte ihn von oben bis unten, schluckte einmal und sprach ihn an: „Hey, Mister, hast ’n Dollar?“
„Bist du von zu Hause weggelaufen?“
Sie errötete ein wenig, erwiderte aber: „Nicht wirklich. Ich bin achtzehn. Ehrlich.“
„Aber du bist weggelaufen.“
„Ich bin ausgezogen. Ich hab’ die High School abgeschlossen, hab’ aber noch keinen Job gefunden. Keinen richtigen Job jedenfalls.“
„Dann lebst du also auf der Straße.“
„Der Strand ist nicht so mies wie die Straße“, gab sie grinsend zurück. „Echt nicht. Wenn man schon obdachlos ist, dann ist das hier genau richtig.“
„Aber du hast ein Zuhause, oder?“
„Bist du ’n Cop oder was?“
„Nein, nur ein besorgter Bürger. Ich möchte nicht dein Foto in der Zeitung sehen, und gleich daneben die Schlagzeile: ,Wer kennt diese Frau? Ihre Leiche wurde am Samstagabend gefunden.‘“
Sie schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Ich pass’ schon auf. Also? Hast ’n Dollar oder nicht? ’Ne Moralpredigt brauch’ ich nicht.“
„Nur die Ruhe.“ Er holte seine Brieftasche heraus und hielt einen Fünfer hoch.
Sie kniff die Augen zusammen und kam näher. „Was willst du von mir?“ fragte sie ein wenig verunsichert. „Ich bin nicht irgend so ’ne billige Nutte.“
Quinn schüttelte den Kopf. „Ich will nur von dir hören, dass du dir davon etwas zu essen holst und dass du kein Junkie bist.“
„Hey, siehst du vielleicht an meinen Armen irgendwelche Einstiche?“ Sie trug einen Tanktop zu einer Jeans, von der sie die Beine abgeschnitten hatte. Ihre Worte klangen stolz und überzeugt zugleich.
„Dann kauf’ dir was zu essen. Und hör zu. Wenn du Hilfe brauchst, dann kannst du sie bekommen. Geh zu den Cops, die Jungs hier am Strand sind anständige Typen. Und wenn du das nicht willst, dann kannst du auch zur Wache South Beach gehen. Da arbeitet eine Frau, die Opferanwältin ist. Sie ist wirklich erstklassig. Warte, ich gebe dir ihre Visitenkarte. Falls du mal irgendwelche Schwierigkeiten hast, ruf sie an.“
Einen Moment lang sah es so aus, als würde sie mit dem Fünfer
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