Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)
verstörten Ehemann los und fing an, wild auf ihn einzuschlagen, schlug ihm auf den Kopf und ins Gesicht, bevor Reynolds und Walters sie wegzerren konnten. Dann sank sie bäuchlings neben dem sechs Jahre alten Golf zu Boden, in dem ihre Familie von Swindon gekommen war, um eine Woche im Einklang mit der Natur zu verbringen. Instinktiv schauten Reynolds und Walters beide hilfesuchend Elizabeth Rice an, und diese verdrehte die Augen, hockte sich aber neben Mrs Knox hin. Die Frau war auf dem staubigen Asphalt erschlafft wie eine alte Luftmatratze, und sie weinte sich noch eine Weile aus. Rice tätschelte ihr dreimal den Rücken, ehe Mrs Knox aufhörte, ihre Hand abzuschütteln, dann machte sie sich daran, auf sie einzureden, als wäre sie ein Kind, das sich wehgetan hatte – sanfte Worte der Ruhe und der Hoffnung, die Reynolds nicht einmal herausgebracht hätte, wenn es um sein Leben gegangen wäre. Er war fast verblüfft, sie von Rice zu hören.
Wenigstens hatte sich die Lage jetzt wieder so weit beruhigt, dass er nachdenken konnte.
»Das meint sie nicht ernst«, sagte er zu Mr Knox. »Sie ist aufgewühlt, das ist alles. Das ist doch verständlich.«
Jeff Knox nickte stumm, sah aber nicht überzeugt aus – als würde er die Worte seiner Frau jetzt nie wieder loswerden, ob sie ihren Sohn nun fanden oder nicht.
»Ich hab ihn wirklich zum Auto zurückgeschickt«, sagte er kläglich. »Um ein Handtuch zu holen. Er ist ins Wasser gefallen. Nur mit einem Bein, bis zum Knie. Hat auf den Trittsteinen rumgealbert, verstehen Sie?«
Reynolds nickte, und Mr Knox schaute abermals auf seine schlaff daliegende Frau hinunter, ehe sein Blick weiterwanderte – zur anderen Seite des Tals hinüber, als könne er ihn vielleicht noch ausmachen. Als könne das Ganze vielleicht doch noch ein glückliches Ende nehmen.
»Es sind doch nur ein paar hundert Meter, und er ist ein vernünftiger Junge. Ich dachte, ihm könnte nichts passieren. Da waren doch noch andere Autos. Andere Leute. Wir waren doch nur fünf Minuten hinter ihm. Es ist neun Uhr morgens, Herrgott noch mal!«
Er stockte zornig, und Reynolds wusste, dass Knox, wenn Gott jetzt hier wäre, mit genau demselben hoffnungslosen, hilflosen Entsetzen auf ihn einschlagen würde, wie seine Frau es getan hatte.
»Ich habe die Kennzeichen von sämtlichen anderen Wagen, Sir«, meldete sich Walters zu Wort. »Ein paar davon sehen aus, als wären sie mutwillig beschädigt worden.«
Interessiert wandte Reynolds sich zu ihm um.
»Nicht besonders schwer. Nur ’n paar Fenster kaputt.«
»Irgendwas gestohlen?«
»Nicht dass ich bisher wüsste, aber es sind noch nicht alle wieder bei ihren Fahrzeugen, also werden wir’s dann rausfinden.«
»Vielleicht ist der Täter gestört worden.«
Walters führte ihn zu einem Toyota RAV4 hinüber, bei dem ein tennisballgroßes Loch in die hintere Seitenscheibe geschlagen worden war. Reynolds beugte sich vor und legte die Hände seitlich ans Gesicht, um in das dunkle Wageninnere spähen zu können. Mit einem Ruck fuhr er zurück, als ein Gewirr aus Fell, Zähnen und Sabber nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt gegen das Glas krachte.
»Scheiße!«
Mit hämmerndem Herzen drosch Reynolds seinerseits einmal gegen das Glas, als Rache an dem Schäferhund, der den größten Teil des Rücksitzes einnahm.
Dann schielte er rasch zu Walters hinüber, um zu sehen, ob er lachte, doch der PC sah bloß betroffen aus. Gott sei Dank.
Reynolds ließ seinen Blick über den Parkplatz wandern. Im Gegensatz zu dem Tatort am Dunkery Beacon war dies hier ein richtiger Parkplatz – vielleicht dreißig Parkbuchten und ein sorgfältig auf rustikal getrimmtes Toilettenhäuschen. Der Tag war noch jung. Vielleicht ein Dutzend Autos standen hier. Neben einigen standen oder saßen die anscheinend gelangweilten Besitzer. Leute in Wanderausrüstung, Kinder in Shorts, angeleinte Hunde, Fahrräder und Rucksäcke.
»Okay, Walters. Lassen Sie niemanden auf den Parkplatz rauf und lassen Sie niemanden wegfahren.«
»Ja, Sir.«
»Und das mit diesem Zettel am Lenkrad. Das halten wir zurück.«
»Ja, Sir.«
Reynolds’ optimistische Stimmung war verflogen. John Took mochte ja durchaus von Arschlöchern belagert werden, doch die hoffnungsvolle Theorie, dass eins dieser Arschlöcher Jess Took als persönlichen Racheakt gekidnappt hatte, war gerade sauber versenkt worden.
Das Versprechen des Hirsches war zum bösen Voodoozauber geworden. Er blickte auf das Moor hinaus, das
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