Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)
entspannt erscheinender Haltung auf die Tür gerichtet.
Dr. Gunther Schneider saß etwa drei Meter vor ihm an der linken Wand, gegenüber der Zelle, in der Christoph, der engelsgleich aussehende Patient mit der dissoziativen Identitätsstörung, die ihn manchmal glauben machte, er sei seine eigene, von ihm selbst geschaffene Schwester Mona, auf der Pritsche kauerte und die Szene, die sich vor ihm abspielte, mit seinen fast schwarzen Augen und unglaublicher Gelassenheit beobachtete, ohne sich auch nur das kleinste bisschen zu rühren.
» Schließen Sie die Tür hinter sich ab!«, befahl Achim Volz mit einer Geste der Pistole in Gernots Richtung. Dann erhob er sich und kam zu ihnen hinüber. Zuerst filzte er Gernot und dann Max Hoffmann nach Waffen, anschließend Inga Jäger.
» Danke, dass Sie gekommen sind, Frau Staatsanwältin.«
» Sie haben mir schließlich keine Wahl gelassen«, antwortete sie kühl.
» Entspannen Sie sich«, sagte er. » Das hier wird kein großes Drama.« Dann schüttelte er den Kopf. » Na ja, eigentlich wird es schon ein großes Drama, aber wenn alles ruhig verläuft, wird kein Blut fließen, das verspreche ich Ihnen. Sie sind nur hier, um zwei Geständnisse aufzunehmen.«
» Zwei?«, fragte Inga Jäger erstaunt.
» Ja«, sagte Achim Volz. » Zwei. Meines und das von ihm.« Er deutete auf Gunther.
Gunther hob den Kopf und sah ihn erstaunt an.
» Ja, mein lieber Doktor Schneider«, sagte Achim Volz, während er zurück in seine Ecke ging, ohne sie aus den Augen zu lassen. » Heute kommt alles raus. Die Wahrheit auf den Tisch. Und das vor laufender Kamera, sodass es endlich das ganze Land erfährt.«
» Wir wissen doch bereits alles«, sagte Inga Jäger. » Wozu das ganze unnötige Theater hier?«
» Sie sprechen erstaunlich mutig mit einem Mann, der eine Pistole auf Sie richtet, Frau Staatsanwältin«, sagte Volz. » Und, nein, Sie wissen noch nicht alles. Noch lange nicht.«
» Was meinen Sie?«
» Das erfahren Sie gleich. Hier meine Forderung: Ihr Journalist wird gleich die Kamera einschalten, und wir streamen live ins Internet. Und wenn wir Glück haben, wovon ich ganz stark ausgehe, hängt sich noch der eine oder andere Fernsehsender in die Leitung und überträgt die Geständnisse ebenfalls live.«
Er hielt ein etwa sechs Meter langes Kabel hoch, das mit einem Ende an sein Notebook, das vor ihm auf dem Boden stand, angeschlossen war, und warf das andere Ende Max Hoffmann zu.
» Sie werden mich nicht für eine öffentliche Show instrumentalisieren«, stellte Inga Jäger mit ernster Stimme klar.
» Sie sind hier kein Instrument«, sagte Achim Volz. » Sie sind eine offizielle behördliche Zeugin– und mein Garant dafür, dass Staatsanwaltschaft und Regierung die Wahrheit nie wieder unter den Teppich kehren können. Und ganz abgesehen davon, lasse ich Ihnen, wie Sie selbst schon sagten, gar keine andere Wahl.«
Er machte Max Hoffmann mit der Mündung seiner Luger klar, dass er jetzt besser das Kabel an die Kamera anschloss, und der Journalist folgte der Aufforderung unverzüglich.
» Was auch immer wir jetzt übertragen«, sagte er mit seiner dunklen Stimme, » ich habe die Verwertungsrechte daran. Geht das klar?«
Inga Jäger war erstaunt, dass Hoffmann trotz all seines Charmes dermaßen kaltblütig sein konnte.
» Von mir aus«, sagte Volz mit einem Achselzucken. » Hauptsache, Sie legen gleich los.«
» Von mir erfahren Sie nichts«, schaltete sich da Gunther Schneider ein. » Ich werde bei dieser Posse nicht mitspielen.«
» Du wagst es, hier von einer Posse zu sprechen?«, schrie Volz ohne Vorwarnung mit unglaublicher Lautstärke und voller Zorn. Speichelfäden flogen von seinen Lippen. » Ausgerechnet du?!« Er stand auf und zielte auf Gunthers Bruder Gernot. » Wenn du nicht genau das tust, was ich von dir verlange, knalle ich ihn ab! Und du weißt ganz genau, dass ich dazu fähig bin– und mehr als willens! Also spielst du besser mit bei dieser Posse, wie du es nennst, und beendest sie, damit ihr beide hier lebend herauskommt!«
77
Nur ein paar hundert Meter Luftlinie entfernt: In der Mauer des Hospitalkellers von Kloster Eberbach klaffte ein etwa mannshohes und einen Meter breites Loch. Stockfinster und spinnwebenbehangen, wie es war, erinnerte es an den neu entdeckten Schlund einer uralten Drachenhöhle.
Stumpf und Lauer brachen die letzten der Bruchsteine aus den Seiten, während die Otto und Oberle Taschenlampen, Nachtsichtgeräte, Sauerstoffmasken,
Weitere Kostenlose Bücher