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Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Hagen
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» Ich bin neidisch. Und zwar ausgesprochen.«
    » Sie müssen das einmal so sehen: Ärzte helfen Menschen. Das zahlt sich eben aus.«
    » Bei uns nicht«, entgegnete Gebert trocken und verzog die Mundwinkel. » Wir helfen den Menschen schließlich mindestens genauso viel, bekämpfen Verbrechen wie Mediziner Krankheiten, und das mit wesentlich höherem Risiko für das eigene Leben. Aber anders als die meisten Ärzte kann ich mir gerade mal eine Dreizimmerwohnung leisten, und mein winziges Büro beim LKA würde hier locker fünfzehnmal reinpassen. Das System stinkt.«
    Ja, das tut es wirklich, wenn man es auf diese Weise betrachtet, fand Inga Jäger und musste unwillkürlich wieder an ihren Mann denken. Daran, dass er den Kampf gegen das Verbrechen wirklich mit dem Leben bezahlt hatte. Sie schob den Gedanken beiseite, um sich auf die vor ihr liegende Aufgabe zu konzentrieren.
    » Wir sind eben Idealisten«, sagte sie mit einem tief aus der Brust heraus dringenden Seufzen.
    » Das sollten meines Erachtens nach Ärzte auch sein: Idealisten«, grummelte Gebert, stieg die breiten Stufen zu der schmuckvoll gearbeiteten Tür hinauf und drückte die Klingel neben dem Messingschild mit der Aufschrift:
    Dr. med. Sieglinde Reichard – Kinderärztin – privat.
    Die junge Frau, die ihnen kurz darauf öffnete, hatte vom vielen Weinen ganz gerötete Augen und bat sie mit einer zitterigen Geste hinein.
    » Saskia Lietzmann?«, fragte Gebert, nur um auf Nummer sicher zu gehen.
    Sie nickte, und Inga Jäger hatte ausreichend Gelegenheit, sie näher zu betrachten.
    Saskia Lietzmann war etwa beneidenswerte eins siebzig groß, schlank und hatte kastanienbraunes, glattes Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, der ihr bis weit in den Rücken ihres makellos weißen Kittels hing. Ihre Figur war, soweit der Stoff das zu erkennen erlaubte, atemberaubend, und das tiefe Smaragdgrün ihrer Augen bildete trotz des verheulten Zustands einen reizenden Kontrast zu ihrem wohlgebräunten Teint.
    Kein Wunder, dass ein freigeistiger Mann, wie Heiko Reichard es wohl gerne war oder auch nur gerne wäre und der ihr als Mitarbeiterin seiner Frau zweifellos öfter immer wieder begegnet war, sie früher oder später seiner Sammlung von weiblichen Jagdtrophäen einverleiben musste.
    Nicht zum ersten Mal an diesem Tag fragte sich Inga Jäger, wie gefühlskalt oder weltfremd wohl ein Mann sein musste, der seiner Frau nicht nur zumutete, ihn mit anderen Frauen zu teilen, sondern dann auch noch die Dreistigkeit besaß, ausgerechnet ihre engste Mitarbeiterin, mit der sie Tag für Tag zusammenarbeiten musste, zu verführen oder sich von ihr verführen zu lassen. Ganz zu schweigen davon, dass er es zugelassen hatte, dass sie dann auch noch den Platz seiner Frau als Muse eroberte.
    Es fiel ihr nicht schwer, sich vorzustellen, wie verraten Sieglinde Reichard sich gefühlt haben musste– erst recht, als dann auch noch sein bisheriger Misserfolg sich endlich in Erfolg zu verwandeln schien. Und sie hätte es verstanden, wäre es Heiko Reichards Leiche gewesen, die jetzt in der Pathologie lag… oder wenn Sieglinde Reichard Selbstmord begangen hätte. Was sie aber nicht verstand, war, dass Sieglinde Reichards Tod ausgerechnet den beiden Menschen, die sie betrogen hatten, so nahe zu gehen schien.
    Irgendetwas war verdammt faul an diesem Fall, das spürte sie deutlich… und auch, dass sie noch ganz weit davon entfernt war, ihn aufzuklären.
    Während Saskia Lietzmann sie nun über den frisch polierten Parkettboden nach hinten zum Büro Dr. Reichards führte, bemerkte Inga Jäger, wie liebevoll verspielt die Praxis eingerichtet war. Im Wartezimmer gab es ein antikes, aber wundervoll restauriertes pechschwarz glänzendes Schaukelpferd mit pinkfarbener Mähne und Schweif, niedrige Tische mit Zeichenblöcken und Büchsen voller Wachsmalstiften, naturbelassene Holzbauklötzchen, Lego-Steine, eine elektrische Spielzeugeisenbahn und sogar ein aufklappbares, voll eingerichtetes Puppenhaus, das so aussah wie die Praxis.
    Die mit Mahagoni getäfelten Wände waren geschmückt mit Zeichnungen der kleinen Patienten. Viele von ihnen bildeten, bei ausreichender Vorstellungskraft, die Ärztin in ihrem Kittel und einem Stethoskop ab.
    Inga Jägers Zuneigung zu der Ermordeten und ihr Mitgefühl wuchsen mit jedem einzelnen Schritt. Sie schwor sich, alles daranzusetzen, ihren Killer zur Strecke zu bringen. Und nach allem, was sie bisher wusste, war es durchaus im Bereich

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