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Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Hagen
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Krügers Haltung wieder jede Anspannung.
    » Sie fischen im Trüben, oder?« Er klang so resigniert, wie er blickte.
    » Wir versuchen gerade, ein ziemlich kompliziertes Puzzle zu lösen«, gab Inga Jäger zu.
    » Na, dann mal viel Spaß«, schnaubte er müde und wandte sich wieder seinen Töpfen und Pfannen zu.
    Da tauchte ein Schatten in der Tür auf, und fast automatisch zog Krüger den Kopf zwischen die Schultern. Der Neuankömmling war zwar gut einen Kopf kleiner als Gebert, aber breitschultrig und dynamisch wie ein Pitbull Terrier.
    Er trug eine Kochuniform und statt einer Mütze eine schwarze Bandana auf dem Kopf.
    Damit wirkte er wie eine Mischung aus Pirat und Preisboxer.
    » Was ist hier los?«, fragte er laut und wohl ganz absichtlich drohend.
    Inga Jäger sah, wie Ludwig Krügers Augen ängstlich flackerten, und erkannte, dass er, wie er es gesagt hatte, um seinen Job fürchtete, wenn man hier von seiner Vergangenheit erfuhr.
    » Nichts«, sagte sie deshalb schnell. » Wir haben uns geirrt. Eine dumme Namensverwechslung.«
    » Dann sehen Sie zu, dass Sie aus meiner Küche kommen«, sagte der Koch– offenbar der Küchenchef oder zumindest sein Stellvertreter. » Wir haben hier jede Menge zu tun!«
    Gebert wollte sich den Kerl schon vornehmen– er war einfach nicht der Typ, der eine Herausforderung unbeantwortet ließ–, aber Inga Jäger legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Unterarm.
    » Schon gut«, sagte sie. » Entschuldigen Sie bitte die Störung. Sie auch, Herr Krüger.«
    Krüger nickte und fing wieder an zu spülen. Inga Jäger zog Gebert an dem Küchenchef vorbei nach draußen.

29
    Klarenthal-Nord.
    Wiesbaden-Klarenthal ist eine Trabanten-Siedlung im Nordwesten Wiesbadens an den Hängen der südlichen Taunusausläufer. Mit seinen Mehrfamilien- und Hochhäusern eine der zahlreichen sozialen Bausünden, die der Architekt und Städteplaner Ernst May nach dem Zweiten Weltkrieg in ganz Deutschland begangen hat. Inga Jäger kannte sie auch noch aus Hamburg und Bremen. Lieblos auf dem Reißbrett entworfene Satellitenstädte zum Aussiedeln der sozial Schwachen– die meisten davon seit ihrer Gründung und bis heute Ghettos… auch wenn man sie anders nennt, weil man sich ihrer auch schon so zu sehr schämt.
    Trostlos… seelenlos… schlimmer noch: Seelen fressend. Die einzige Inspiration darin bestehend, in noch nicht völlig desillusionierten Jugendlichen den tief brennenden Wunsch zu nähren, so schnell wie möglich von hier fortzukommen und nie wieder zurückkehren zu müssen.
    » Und in den Innenstädten stehen die großen und schön geräumigen Wohnungen allesamt leer«, sagte Inga Jäger ungehalten.
    » So können ihre wohlbetuchten Besitzer sie unter Angabe völlig überteuerter Tabellenmietpreise als Verluste von der Einkommenssteuer absetzen, ohne dass die Buden dabei durch Bewohntwerden an Wert verlieren.« Sie nahm sich den letzten Bissen ihres inzwischen fast kalt gewordenen Burgers, den sie auf der Fahrt vom Hotel Nassauer Hof hierher noch schnell gekauft hatte, um das grollende Loch in ihrem Bauch zu stopfen.
    » Diesmal habe ich aber nichts gesagt«, erwiderte Gebert gespielt defensiv, während er den Wagen parkte. » Aber Sie haben recht, es ist wirklich eine Schande. Und wir von der Polizei und vom Ordnungsamt spielen Sisyphus, um diese Sauställe hier einigermaßen sauber zu halten. Vermutlich tun wir’s aus purem Egoismus heraus– weil wir wissen, dass wir früher oder später selbst hier leben werden, weil unsere dünne Pension einfach nicht mehr hergibt.«
    » Sisyphus?« Sie schlürfte ihre Cola leer.
    » Der heimliche Vater des Odysseus«, sagte Gebert. » Ein verdammt schlauer Fuchs. Hat den Tod ausgetrickst, indem er ihn betrunken machte, und ist dann später sogar dem Hades von der Schüppe gesprungen. Dafür hat man ihn dann aber auch besonders hart bestraft. Er ist jetzt schon seit Jahrtausenden Tag für Tag gezwungen, einen riesigen Felsen einen Berg hochzurollen, und jedes Mal, kurz bevor er die Spitze des Berges erreicht, entgleitet ihm der Felsen, rollt nach unten, und Sisyphus muss wieder ganz von vorn anfangen. Daher nennt man eine Arbeit, die trotz großer Anstrengung einfach nicht zu bewältigen ist, Sisyphusarbeit.«
    » Ich weiß«, sagte Inga Jäger und öffnete die Wagentür.
    » Wie? Sie wissen das?« Auch Gebert stieg aus. » Warum fragen Sie dann?«
    » Ich war einfach nur erstaunt, dass Sie es auch wissen.« Sie grinste frech.
    Es machte Spaß, ihn zu

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