Ihr unschuldiges Herz: Kriminalroman (German Edition)
liebt meine Fleischklößchen«, sagte Gebert, ohne Elli erst zu fragen. » Selbst wenn sie schon zu Abend gegessen hat. Was sie, wie ich sie kenne, bestimmt noch nicht getan hat, wenn sie jetzt noch im Büro ist.«
» Dann soll sie die Daten auf ein Notebook packen und hierher zum Essen kommen. Wir reden, wenn Tanya im Bett ist.«
Tanyas Gesicht hellte sich wieder auf.
39
Tanya hatte einen Heidenspaß mit Gebert und Elli, die einander privat noch mehr auf ihr ruppige, aber herzliche Art neckten als schon auf der Arbeit.
Das machte es Inga, sosehr sie auch gespannt darauf war, was die Forensikerin entdeckt haben mochte, sehr viel leichter, die Ermittlungen für zwei Stunden auszusetzen und für die Zeit des gemeinsamen Essens nicht über den Job zu reden.
Die Pasta und vor allem die im Backofen eingedickte Tomatensauce mit den Fleischklößchen waren zum Reinlegen lecker, und zum ersten Mal in ihren neuen vier Wänden Besuch zu haben und dabei gleichzeitig ihre neuen Kollegen im ungezwungenen Rahmen näher kennenzulernen, erfüllte Inga mit Freude und Dankbarkeit.
Für eine alleinerziehende Mutter in ihrer verantwortungsvollen Position war es eine ständige Gratwanderung, berufliche Herausforderungen und Privatleben miteinander in Einklang zu bringen. Heute war einer der Abende, an denen es funktionierte. Nicht zuletzt dank des Einfühlungsvermögens, das Gebert an den Tag legte. Das ging sogar so weit, dass er Tanya, als es für sie an der Zeit war, ins Bett zu gehen, und sie sich natürlich dagegen sträubte, vorschlug, ihr noch eine Gutenacht-Geschichte vorzulesen.
Schon lange nicht mehr hatte sich die Kleine so schnell bettfertig gemacht wie heute.
Jetzt war Gebert bei ihr im Kinderzimmer, um sein gemachtes Versprechen mit ihrem Lieblingsbuch– Pippi in Taka-Tuka-Land von Astrid Lindgren– einzulösen, und Inga und Elli räumten den Tisch ab und das bis auf den letzten Rest leer gegessene Geschirr in die Spülmaschine.
» Wie schlimm ist es?«, stellte Inga nun endlich die Frage, die ihr natürlich trotz des schönen Abends schon seit Ellis Anruf durch den Kopf ging.
» Schlimm«, antwortete Elli, während sie die Edelstahlpfanne mit Wasser und Spülmittel füllte, um den vom Backofen verkrusteten Rand einweichen zu lassen. » Ich kann es noch nicht mit absoluter Gewissheit sagen, aber es sieht so aus, als hätten wir es mit drei weiteren Morden zu tun.«
Inga stockte der Atem, und es brauchte einen Moment, bis die Information in all ihrem Schrecken wirklich zu ihr durchgedrungen war.
Drei weitere Morde!
» Gleicher Modus Operandi?«
» So, wie es bisher aussieht, ja.«
» Also insgesamt sechs?«
» Ja, insgesamt sechs«, bestätigte Elli mit ernstem Gesicht. » Und dass ich die anderen drei entdeckt habe, war fast purer Zufall. Oder vielleicht auch Zeichen meiner latenten Genialität, da bin ich mir nie sicher, wissen Sie?«
» Details?«
» Na ja, eigentlich hatte ich mit den ersten beiden Entdeckungen das System ja schon ausgereizt«, meinte Elli und nahm einen Stahlschwamm zur Hand, um damit zu beginnen, die Pfanne zu schrubben. » Da war nicht mehr viel zu holen. Aber um ganz sicherzugehen, habe ich den Suchlauf auf die anderen LKA s erweitert, für den Fall, dass die noch irgendwelche Daten haben, die noch nicht in die Server des BKA eingespeist sind.«
» Also sind die anderen Morde tatsächlich woanders begangen worden«, vermutete Inga und sortierte die Gabeln und die Löffel in den Besteckkorb der Spülmaschine. Bei dem Gedanken, einen Serienmörder zu jagen, der sein blutiges Handwerk deutschlandweit ausübte, lief ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Der Fall würde vom LKA zum BKA wechseln, und sie würde für die nationalen Ermittlungen eine Sonderkommission einrichten und koordinieren müssen– ganz zu schweigen von dem zu erwartenden Kompetenzgerangel mit den jeweils für die einzelnen Bundesländer zuständigen Staatsanwaltschaften. Der einzige Weg, das zu vermeiden, war, die Ermittlungen in die Hände der Bundesstaatsanwaltschaft als übergeordnete Instanz zu legen– falls die nicht schon ganz von selbst den Fall an sich reißen würde… was Inga auf der einen Seite ganz recht sein konnte, weil es sie von der Verantwortung entbinden und sie aus der Schusslinie der Presse auf der einen und des Innenministeriums auf der anderen Seite nehmen würde. Im Gegensatz zur allgemein verbreiteten Ansicht werden Serienmörder nur ganz selten gefasst, und unter den Augen der
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