Ihr wahrer Name
dem Ajax-Gebäude auf und ab zu marschieren.«
»Natürlich sind wir das. Jeder Tag ohne Störung ist in einem großen Unternehmen ein guter Tag.« »Ja. Es überrascht Sie wahrscheinlich nicht zu erfahren, daß er seine Demonstranten jetzt vor dem Beth Israel Hospital postiert hat. Er hat Seemannsgarn gesponnen, und er behauptet, er hätte es von Ihnen. Sie hätten eine interne Durchforstung der Edelweiß- und Ajax-Policen zugesagt, vorausgesetzt, er läßt die Ajax in Ruhe und belästigt statt dessen das Beth Israel.« »Wie bitte? >Seemannsgarn Das Wort ist mir neu.«
»Es heißt soviel wie Unsinn, Blödsinn. Was soll das Krankenhaus denn mit fehlenden Holocaust-Vermögen zu tun haben?«
»Das weiß ich nicht, Ms. Warshawski... Vic... ich habe das Gefühl, daß ich Sie nach dem netten Abend gestern so nennen darf. Über das Krankenhaus und die Holocaust-Vermögen müßten Sie sich mit Max Loewenthal unterhalten. Ist das alles? Haben Sie irgendwelche neuen oder unerwarteten Informationen über jenes ungewöhnliche Blatt Papier aus Mr. Fepples Büro gefunden?«
Jetzt wurde die Sache interessant. »Das Blatt Papier ist im Labor, und die Leute dort sagen, es sei irgendwann in den dreißiger Jahren in einer Manufaktur außerhalb von Basel hergestellt worden. Fällt Ihnen dazu etwas ein?«
»1931 war meine Mutter gerade erst auf die Welt gekommen, Ms. Warshawski, deshalb sagt mir Papier aus dieser Zeit nicht sehr viel. Sagt es Ihnen denn etwas?«
»Noch nicht, Mr. Rossy, aber ich werde Ihr starkes Interesse daran im Hinterkopf behalten. Übrigens ist ein Gerücht im Umlauf. Angeblich hat Alderman Durham seine Kampagne für Entschädigungszahlungen im Zusammenhang mit der Sklaverei erst begonnen, nachdem die Ajax durch den IHARA unter Druck geraten ist. Haben Sie davon gehört?«
Wieder sein herzhaftes Lachen. »Das schlimme an dem Posten in der Geschäftsleitung ist, daß man zu isoliert ist. Ich höre keine Gerüchte mehr, wie schade, denn sie sind das Ol, das den großen Motor der Industrie am Laufen hält, finden Sie nicht auch? Dieses Gerücht ist interessant, ja, aber ich habe noch nichts davon mitbekommen.« »Gilt das auch für Signora Rossy? «
Nun zögerte er kurz, bevor er antwortete. »Sie wird sich sicher dafür interessieren, wenn ich ihr davon erzähle. Ihnen dürfte ja gestern abend nicht entgangen sein, daß sie regen Anteil an allem nimmt, was die Ajax betrifft. Und ich werde ihr außerdem erzählen, daß ich wieder ein Wort von Ihnen gelernt habe. >Seemannsgarn<. Für dieses Seemannsgarn habe ich eine Besprechung verlassen. Auf Wiederhören.«
Was hatte mir der Anruf gebracht? So gut wie nichts, aber ich diktierte trotzdem den ungefähren Wortlaut sofort meinem Textverarbeitungsdienst, damit ich ihn mir noch einmal genauer ansehen konnte, wenn ich nicht mehr so unter Druck stand - ich mußte noch eine ganze Menge Anrufe erledigen.
Nach einem Blick auf Mary Louises Notizen setzte ich mich mit Freeman Carter in Verbindung. Er war wie üblich in Eile, sagte aber, er persönlich sei überzeugt von Isaiah Sommers' Unschuld. Allerdings seien der anonyme Anruf und die Fingerabdrücke keine guten Zeichen. »Tja, dann müssen wir wohl den wirklichen Mörder finden«, sagte ich betont fröhlich.
»Ich glaube nicht, daß der Mann es sich leisten kann, dich weiter zu engagieren, Vic.«
»Das kann er sich bei dir auch nicht, Freeman, und trotzdem bitte ich dich, daß du dich um ihn kümmerst.«
Freeman kicherte. »Dann soll ich das also auch anschreiben?«
»Ich schick' dir doch jeden Monat 'ne hübsche Summe«, wehrte ich mich.
»Ja, stimmt. Dein Konto ist derzeit dreizehntausend im Minus - natürlich ohne das Honorar für Sommers. Aber du sorgst dafür, daß ich irgendwelche Beweise an die Hand bekomme? Wunderbar. Ich wußte ja, daß man sich auf dich verlassen kann. In der Zwischenzeit erinnere ich den Staatsanwalt immer wieder daran, daß Fepple am Freitag abend eine Verabredung mit einer Person hatte, die den Namen Connie Ingram verwendete. Und daß er ein Zusammentreffen zwischen dir und besagter Person verhindern wollte. Ich muß los, Vic - wir reden morgen weiter.« Die unbezahlte Rechnung bei Freeman gehörte zu meinen größten Sorgen. Die Sache war im vorigen Jahr aus dem Ruder gelaufen, als ich ernsthafte Probleme mit dem Gesetz gehabt hatte, doch schon zuvor hatte sie sich auf mehrere Tausend Dollar belaufen. In letzter Zeit hatte ich immer einen Tausender monatlich abbezahlt, aber
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