Ihr wahrer Name
möglicherweise seine Objektivität in bezug auf Paul Radbuka beeinträchtige. Daraufhin legte er beleidigt auf; ich wäre nur nicht bereit, Rheas gute Seiten wahrzunehmen. Ich war immer noch wütend über dieses Gespräch, als Murray Ryerson vom Herald-Star anrief. Beth Blacksin hatte ihm von meiner Unterhaltung mit Posner bei der Demonstration vom Vortrag erzählt.
»Um der alten Zeiten willen, V. I.«, bettelte er. »Es bleibt auch unter uns. Worum ging's da?« »Versprichst du hoch und heilig, daß es unter uns bleibt, Murray? Mögen deine Hoden schrumpfen, wenn du auch nur mit deiner Mutter über die Sache redest. Ganz zu schweigen von Beth Blacksin.« »Pfadfinderehrenwort, Warshawski.«
Ein solches Versprechen hatte er bisher immer gehalten. »Also unter uns: Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat, aber Posner und Durham hatten jeweils eine Privataudienz bei Bertrand Rossy, dem leitenden Direktor der Edelweiß Rück, der in Chicago ist, um die Übernahme der Ajax zu überwachen. Ich habe überlegt, ob Rossy Posner etwas geboten hat, um ihn dazu zu bringen, daß er seine Protestaktionen vor dem Ajax-Gebäude beendet und sich zum Beth Israel verzieht, doch meine Fragen an Posner haben mich nicht recht weitergebracht. Vielleicht redet er ja mit dir - vor Frauen hat er Angst.«
»Möglicherweise nur vor dir, V. I. - mir machst du auch angst, und ich bin doppelt so groß wie Posner. Aber Durham, dem hat noch nie jemand was anhängen können, obwohl der Bürgermeister den Bullen gesagt hat, sie sollen ihn nicht aus den Augen lassen. Der Typ ist glatt wie ein Aal. Ich versprech' dir, wenn ich irgendwas Aufregendes über einen von den beiden erfahre, gebe ich dir Bescheid.«
Nach diesem Telefonat fühlte ich mich ein bißchen besser: Es war gut, einen Verbündeten zu haben. Ich fuhr mit der Hochbahn ins Stadtzentrum, um mich dort mit Klienten zu treffen, die mich tatsächlich dafür bezahlten, daß ich anspruchsvolle Arbeit für sie verrichtete, und kehrte kurz vor zwei wieder ins Büro zurück. Das Telefon klingelte, als ich die Tür öffnete. Ich hob in dem Moment ab, in dem mein Anrufbeantwortungsdienst übernehmen wollte. Es war Tim Streeter; im Hintergrund hörte ich Calia heulen. »Tim, was ist denn los?«
»Wir haben ein kleines Problem, Vic. Ich versuch' schon seit Stunden, dich zu erreichen, aber du hast dein Handy ausgestellt. Unser Freund war heute morgen wieder da. Ich muß zugeben, daß ich nicht mit ihm gerechnet hatte; ich dachte, er konzentriert sich jetzt auf Posner. Hast du übrigens schon gewußt, daß er überallhin mit dem Fahrrad fährt? Calia und ich waren auf der Schaukel drüben im Park, da ist er auf dem Fahrrad über den Rasen auf uns zugesaust. Er hat die Hand nach Calia ausge streckt. Natürlich habe ich sie hochgehoben, bevor er sie berühren konnte, aber er hat Nibusher erwischt, du weißt schon, den kleinen blauen Hund, den sie überallhin mitnimmt.« Hinter ihm hörte ich Calia kreischen: »Nicht Nibusher, sondern Ninshubur, der treue Hund. Er vermißt mich, er braucht mich jetzt, ich will ihn sofort wiederhaben, Tim!«
»Oje«, sagte ich. »Max muß eine Unterlassungsverfügung für diesen Typ beantragen. Der Kerl ist völlig unberechenbar. Und diese verdammte Therapeutin ist auch keine Hilfe, ganz zu schweigen von Strzepek. Ich hätte Paul doch folgen und seine Privatadresse rausfinden sollen. Würdest du bitte deinen Bruder anrufen und ihm sagen, er möchte Radbuka von Posners Büro oder Rhea Wiells Praxis aus oder wo er auch immer als nächstes auftaucht, verfolgen?« »Schon erledigt. Ich hab' ihm leider nicht aus dem Park nachlaufen können, weil ich bei der Kleinen bleiben mußte. Das ist eine ziemlich ungute Situation.« »Wissen Max und Agnes Bescheid? Okay, gib mir mal kurz Calia.«
Zuerst weigerte sich Calia, mit »Tante Vicory« zu reden. Sie war müde, hatte Angst und reagierte so, wie Kinder es eben tun, nämlich mit Sturheit, aber als Tim sagte, ich wolle ihr etwas über Nebbisher mitteilen, meldete sie sich widerstrebend.
»Tim ist sehr, sehr unartig. Er hat nichts dagegen gemacht, daß der böse Mann Ninshubur nimmt, und jetzt sagt er auch noch seinen Namen falsch.«
»Tim hat ein schlechtes Gewissen, daß er nicht richtig auf Ninshubur aufgepaßt hat, Kleines. Aber ich werde versuchen, dein Hündchen zurückzubringen, bevor du heute abend ins Bett gehst. Ich verlasse gleich das Büro, um nach ihm zu suchen, ja?« »Okay, Tante Vicory«, sagte sie mit
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