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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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zur Schnecke gemacht worden. »Daß du es mir nie mehr wagst, in dieses Gebäude zu kommen und meine Angestellten hinter meinem Rücken zu beeinflussen!«
    »Du hast ein Recht, wütend zu sein, Ralph«, sagte ich ganz ruhig, »aber zwei Menschen sind tot, und ein dritter befindet sich in kritischem Zustand, und zwar wegen irgendeiner Betrügerei, die die Midway Agency im Hinblick auf den Anspruch von Aaron Sommers versucht hat. Ich möchte herausfinden, um was es da genau ging, bevor noch jemand erschossen wird.« »Damit beschäftigt sich schon die Chicagoer Polizei.« Er preßte die Lippen vor Zorn fest aufeinander. »Uberlaß ihr diese Arbeit.«
    »Das würde ich ja, wenn die Beamten eine Ahnung hätten. Ich weiß Dinge, die sie nicht wissen, oder zumindest ziehe ich logische Schlüsse, zu denen sie nicht in der Lage sind.« »Dann sag den Beamten, was du weißt.«
    »Würde ich ja, wenn ich Beweise hätte. Deshalb möchte ich Connie Ingrams Arbeitskopie sehen.«
    Er starrte mich düster an und sagte dann: »Karen, gehen Sie zurück ins Konferenzzimmer und sagen Sie den anderen, daß ich in zwei Minuten bei Ihnen bin. Denise, haben wir irgendwo Kaffee, Brötchen oder so was Ähnliches? Könnten Sie die Sachen reinbringen?«
    Der Zorn ließ immer noch eine Ader an seiner Schläfe pochen, doch er bemühte sich, ihn nicht an seiner Untergebenen auszulassen. Mit einer Bewegung des Kopfes dirigierte er mich in Richtung seines Büros. Bei mir waren keine geschliffenen Manieren nötig.
    »Na schön. Du hast zwei Minuten Zeit, mich zu überzeugen, dann bin ich wieder bei meinen Leuten.« Er schloß die Tür und warf einen deutlich sichtbaren Blick auf seine Uhr. »Der Vertreter, der Aaron Sommers 1971 die Versicherung verkauft hat, war in illegale Machenschaften verwickelt«, sagte ich. »Howard Fepple wußte offenbar nichts darüber, bis er sich mit der Akte von Aaron Sommers beschäftigt hat. Ich war bei ihm im Büro, als er hineingeschaut hat: Es war ihm von den Augen abzulesen, daß sich irgend etwas darin befand - Dokumente, Notizen, was auch immer -, das seine Aufmerksamkeit geweckt hat. Als er Connie die Agenturmaterialien zugefaxt hat, war wahrscheinlich auch was dabei, was ihm seiner Meinung nach die Möglichkeit verschaffen würde, die Gesellschaft zu erpressen.
    Niemand weiß, was der frühere Vertreter Ulf Hoffman getrieben hat. Alle Kopien vom Original der Sommers-Akte sind verschwunden. Übrig ist nur noch die bereinigte Version. Du hast gestern selber gesagt, daß eigentlich handschriftliche Notizen des Vertreters drin sein sollten, aber auch die sind verschwunden. Wenn Connie eine Arbeitskopie angefertigt hat, ist die Gold wert. Und sie wäre reinstes Dynamit.«
    »Und?« Er hielt die Arme verschränkt, nicht bereit, auf mich zuzugehen.
    Ich holte tief Luft. »Ich glaube, daß Connie direkt und unter vier Augen Bertrand Rossy...«
    »Verdammt, nein!« brüllte er. »Was zum Teufel soll das jetzt wieder?«
    »Ralph, bitte. Ich weiß, daß das für dich wie ein Dejä-vu-Erlebnis sein muß, wenn ich hier reinschneie und deinen Chef beschuldige. Aber bitte hör mir nur einen Augenblick zu. Ulf Hoffman war in den dreißiger Jahren Vertreter für die Edelweiß in Wien. Damals hieß das Unternehmen allerdings noch Nesthorn. Er hat armen Juden Lebensversicherungen verkauft. Dann kam der Krieg, und kein Mensch weiß, was er die nächsten acht Jahre getrieben hat, doch 1947 ist er jedenfalls in Baltimore gelandet. Von dort aus ist er nach Chicago gezogen und hat wieder die einzige Arbeit getan, von der er eine Ahnung hatte: Er hat armen Leuten, diesmal Afroamerikanern in der Chicagoer South Side, Lebensversicherungen verkauft.« »Das ist ja eine faszinierende Geschichte«, unterbrach mich Ralph voller Sarkasmus, »aber meine Leute warten auf mich.«
    »Der alte Ulf hatte eine Liste seiner Wiener Kunden. Das sind die Lebensversicherungen, von denen die Edelweiß behauptet, sie nie verkauft zu haben«, sagte ich. »Die offizielle Version lautet, die Edelweiß sei damals nur regional tätig gewesen und habe nichts mit Leuten zu tun gehabt, die im Holocaust umgekommen sind. Die Edelweiß war damals tatsächlich ein kleines Unternehmen, aber die Nesthorn war der größte Versicherer in Europa. Wenn Hoffmans Bücher an die Öffentlichkeit kommen, wird die Scharade von Rossy und Janoff letzten Dienstag in Springfield daß sie die Legislative dazu gebracht haben, den Holocaust Asset Recovery Act zu kippen - in einem

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