Ihr wahrer Name
ihr ins Global-Gebäude zu kommen, weil sie noch die ganzen Interviews und Aufnahmen von den Demonstrationen des Tages bearbeiten müsse. Sie habe sich mit Murray Ryerson getroffen - er würde sich im Studio zu uns gesellen. Ich dachte wehmütig an das Feldbett in dem Raum hinter meinem Büro, sammelte aber meine Sachen zusammen und fuhr wieder ins Stadtzentrum.
Das Interview mit Beth und Murray, das Beth aufnahm, dauerte zwanzig Minuten. Ich achtete darauf, meinen Klienten nicht in die Sache zu verwickeln, gab ihnen aber bereitwillig den Namen von Howard Fepple - es wurde Zeit, daß ihm noch jemand außer mir auf die Pelle rückte. Beth freute sich so sehr über diese neue Quelle, daß sie mir gern mitteilte, was sie wußte, doch weder sie noch Murray hatte eine Ahnung, wer Durham die Information über die Birnbaums zugespielt hatte.
»Ich hab' ungefähr dreißig Sekunden mit Durham gesprochen, der behauptet, daß alle es wissen«, sagte Murray. »Außerdem habe ich mich mit dem Rechtsberater der Birnbaums unterhalten, der meint, das alles sei lange her. Und an die Frau, die die Firmengeschichte geschrieben hat, eine gewisse Amy Blount, bin ich nicht rangekommen - jemand von der Ajax hat gesagt, sie könnte es gewesen sein.«
»Ich hab' mit ihr gesprochen«, erklärte ich, nicht ganz ohne Stolz. »Aber ich wette, daß sie es nicht war. Es muß jemand anderes bei der Ajax gewesen sein. Vielleicht auch jemand im Unternehmen der Birnbaums, der noch ein Hühnchen mit ihnen zu rupfen hat. Hast du mit Bertrand Rossy geredet? Ich kann mir vorstellen, daß der vor Wut kocht - die Schweizer sind an solche Protestaktionen auf der Straße wahrscheinlich nicht gewöhnt. Wenn Durham meinen Namen nicht ins Spiel gebracht hätte, würde ich mir jetzt vermutlich eins grinsen.«
»Du erinnerst dich doch noch, daß wir in der Sendung über Paul Radbuka am Mittwoch die Zuschauer aufgefordert haben, ihm bei der Suche nach seiner kleinen Freundin Miriam behilflich zu sein«, sagte Beth unvermittelt, der dieses Thema mehr am Herzen lag. »Es sind ungefähr hundertdreißig E-Mails eingegangen. Meine Assistentin geht ihnen allen nach. Die meisten sind wahrscheinlich von Leuten, die unbedingt berühmt werden wollen, aber es wäre der große Coup, wenn sich rausstellen würde, daß einer von ihnen sie tatsächlich kennt. Stell dir mal vor, wie sie sich vor laufender Kamera wiedersehen!«
»Ich hoffe, ihr macht das nicht vor laufender Kamera«, fuhr ich sie an. »Denn vielleicht kommt dabei bloß heiße Luft raus.«
»Was?« Beth starrte mich verständnislos an. »Glaubst du, er hat sich seine kleine Freundin ausgedacht? Nein, Vic, da täuschst du dich.«
Murray, der mit seinen fast zwei Metern an einem Aktenschrank gelehnt war, richtete sich plötzlich auf und begann, mich mit Fragen zu bombardieren: Welche Insider-Informationen hatte ich über Paul Radbuka? Was wußte ich über seine Spielkameradin Miriam? Und was über Rhea Wiell? »Fehlanzeige in allen Punkten«, sagte ich. »Ich habe nicht mit dem Mann geredet. Aber ich habe mich heute vormittag mit Rhea Wiell getroffen.« »Sie ist keine Betrügerin, Vic«, sagte Beth sofort.
»Das weiß ich. Aber sie glaubt so unerschütterlich an sich, daß... es ist so ein Gefühl, ich kann das nicht richtig erklären«, schloß ich den Satz, ohne in Worte fassen zu können, weshalb mich ihr verzückter Blick während unseres Gesprächs über Paul Radbuka aus der Ruhe gebracht hatte. »Ich stimme dir zu, daß eine so erfahrene Therapeutin wie Rhea Wiell keine Betrügerin sein kann. Aber egal... wahrscheinlich bin ich erst in der Lage, mir eine Meinung zu bilden, wenn ich Radbuka persönlich kennengelernt habe«, sagte ich. »Du wirst ihm glauben«, versprach mir Beth.
Kurz darauf ging sie, um das Interview für die Zehn-Uhr-Nachrichten zu bearbeiten. Murray versuchte, mich zu einem Drink zu überreden. »Ach, Warshawski, wir arbeiten so gut zusammen, da wäre es doch schade, wenn wir uns nicht mehr an alte Gewohnheiten erinnern würden.« »Murray, du alter Süßholzraspler, ich sehe doch genau, wie gierig du auf ein Gespräch unter vier Augen über die Sache mit Radbuka bist. Aber heute abend geht's nicht - ich habe Lotty Herschel versprochen, in einer halben Stunde bei ihr zu sein.«
Er begleitete mich den Flur entlang zum Fenster des Wachmannes, wo ich meinen Besucherpaß abgab. »Um was geht's dir bei der Geschichte wirklich, Warshawski? Um Radbuka und Wiell? Oder um Durham und die
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