Ihr wahrer Name
große Fabrik sowie einen Einzelhandel hier in Illinois eröffnet.«
»Das heißt, daß die Birnbaums schon 1858 eine Wirtschaftsmacht darstellten.« »Das glaube ich nicht. Meiner Ansicht nach hat sich das Familienvermögen erst durch den Bürgerkrieg angesammelt, aber darüber war in den Ajax-Archiven nicht viel zu finden. Ich schließe das aus der Liste der versicherten Vermögenswerte. Die Pflüge der Birnbaums waren nur ein kleiner Teil der Schiffsladung.«
»Wer könnte Durham Ihrer Meinung nach von der Pflugladung der Birnbaums erzählt haben?« »Ist das ein subtiler Versuch, mich zu einem Geständnis zu bringen?«
Sie hätte mir diese Frage durchaus mit einem Augenzwinkern stellen können, doch das tat sie nicht. Ich bemühte mich, gelassen zu bleiben. »Ich bin für alles offen, muß aber die verfügbaren Fakten in meine Überlegungen einbeziehen. Sie hatten Zugang zu den Archiven. Vielleicht haben Sie Durham die Daten weitergegeben. Wenn nicht, haben Sie vielleicht eine Ahnung, wer es getan haben könnte.«
»Dann sind Sie also tatsächlich hierhergekommen, um mich zu beschuldigen.« Sie reckte angriffslustig das Kinn vor.
Ich stützte meinen Kopf auf die Hände, weil ich von dem Thema genug hatte. »Eigentlich bin ich zu Ihnen gekommen, um bessere Informationen zu erhalten als die, die ich bereits habe. Aber lassen wir das. Ich habe heute abend ein Interview mit Channel 13 über diese ganze traurige Angelegenheit; ich muß nach Hause und mich umziehen.«
Sie preßte die Lippen zusammen. »Wollen Sie im Fernsehen Anschuldigungen gegen mich erheben?«
»Ich bin nicht hierhergekommen, um Sie zu beschuldigen, aber Sie sind mir und meinen Motiven gegenüber so argwöhnisch, daß Sie mir das vermutlich nicht glauben. Ich habe Sie in der Hoffnung aufgesucht, daß einer geübten Beobachterin wie Ihnen etwas aufgefallen sein könnte, das es mir ermöglicht, in dieser Sache einen neuen gedanklichen Ansatz zu finden.«
Sie sah mich unsicher an. »Wenn ich Ihnen sage, daß ich Durham die Akten nicht gegeben habe, glauben Sie mir das?«
Ich breitete die Hände aus. »Warum nicht?«
Sie holte tief Luft und sagte dann hastig, den Blick auf die Bücher über ihrem Computer gerichtet: »Ich bin keine Anhängerin von Mr. Durham. Ich bin mir der Rassendiskriminierung, die es in diesem Land immer noch gibt, vollkommen bewußt. Ich habe über die wirtschaftliche und kommerzielle Geschichte der Schwarzen geforscht und geschrieben und bin deshalb mit der Geschichte dieser Diskriminierung vertrauter als die meisten: Sie reicht tief und weit zurück. Den Auftrag, die Firmengeschichte für die Ajax zu schreiben, habe ich übernommen, weil ich große Probleme habe, wissenschaftliche Geschichts und Wirtschaftsprogramme außerhalb der afroamerikanischen Studien, die mich aufgrund ihrer zu großen Spezialisierung nicht interessieren, auf mich aufmerksam zu machen. Außerdem muß ich Geld verdienen, während ich nach einem Job suche. Und die Ajax-Archive liefern Stoff für eine interessante Monographie. Ich bin der Meinung, daß man sich nicht auf die Opferrolle der Afroamerikaner konzentrieren sollte, das erzeugt nur Mitleid bei den weißen Amerikanern, und solange sie uns bemitleiden, haben sie keinen Respekt vor uns.« Sie wurde rot, als sei es ihr peinlich, ihre Überzeugungen vor einer Fremden auszubreiten.
Lottys vehemente Reaktion auf Max' Konferenzteilnahme und das Thema Juden als Opfer fiel mir ein. Ich nickte und erklärte Amy Blount, ich könne ihr durchaus glauben.
»Außerdem«, fügte sie hinzu, »würde ich es für unmoralisch halten, die Ajax-Akten einem Außenstehenden zukommen zu lassen. Schließlich hat die Gesellschaft mir ihre Dokumente anvertraut.«
»Wenn Sie es nicht gewesen sind, könnten Sie sich vorstellen, wer es war?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist ein großes Unternehmen, und die Akten sind strenggenommen auch nicht geheim. Jedenfalls waren sie das nicht, als ich meine Nachforschungen angestellt habe. Sie bewahren das ganze alte Material in der Unternehmensbibliothek auf, in Kartons, Hunderten von Kartons. Die neueren Unterlagen sind sorgfältig geordnet, aber die ersten hundert Jahre... bei denen war es eher eine Frage der Geduld, sich durchzukämpfen, nicht das Problem, überhaupt Zugang zu bekommen. Allerdings muß man sich an die Bibliothekarin wenden, wenn man sie sehen will. Doch wenn sich jemand unbedingt mit den Dokumenten beschäftigen möchte, ist das vermutlich auch kein
Weitere Kostenlose Bücher