Illusion - das Zeichen der Nacht
hat geträumt, er könnte wieder tätowieren, und ist ziemlich sicher, dass er mit seiner kranken Hand einige der Symbole gezeichnet hat, die aus diesem Buch stammen.«
Sie unterbrach sich, als sie merkte, dass Alex gar nicht zuhörte.
»Ich hoffe, Argo hat sich das Ganze nur ausgedacht«, sagte er und sah sie wieder an. »Ehrlich gesagt wäre es mir lieber, wenn es dieses Buch gar nicht gäbe.«
Jana hob die Augenbrauen. »Was redest du denn da! Warum das denn? Wenn es die Kopie dieses Buchs gibt und wir sie in die Hände bekommen, überleg doch mal, was wir damit alles anfangen könnten! Wir könnten Erik wieder lebendig machen …«
»Vergiss es, Jana.« Alex’ Stimme klang plötzlich rau wie Sandpapier. »Du träumst mit offenen Augen.«
Jana ärgerte sich über den überheblichen Ton, der in dieser Bemerkung mitschwang. »Ich träume nicht«, widersprach sie mit fester Stimme. »Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie dieses Buch einen Toten wieder zum Leben erweckt hat. Jemand hat es auf Video aufgenommen. Ein Magier namens Armand ist verbrannt und dann ist er aus seiner Asche wiederauferstanden. Und das Buch befand sich vor ihm. Es war im Spiegel zu sehen.«
Der Bericht schien Alex nicht zu beeindrucken. »Das war bestimmt getrickst«, erwiderte er ungeduldig. »Und selbst wenn es stimmen würde, halte ich es nicht für eine gute Idee, damit zu experimentieren. Wenn das Buch wirklich so mächtig ist, könnte es jede Menge Unheil anrichten. Es wäre, als würden wir alles rückgängig machen, was wir in den letzten Monaten erreicht haben.«
»Was haben wir denn erreicht?«, warf Jana ihm aufbrausend an den Kopf. »Dass wir Medu einen Teil unserer Magie verloren haben und dass diese Magie jetzt auf die Menschen übergegangen ist? Du findest das wahrscheinlich großartig, aber ich bin davon nicht so begeistert. Die Menschen können mit der Magie nicht gut umgehen, das steht fest. Manche haben Angst davor, andere wenden sie falsch an, manche werden sogar verletzt oder vollkommen von ihr beherrscht …«
»Irgendwann gewöhnen sie sich daran. Nur eine Frage der Zeit.«
Jana stieß ein skeptisches Lachen aus. »Jaja, das hättest du gern. Schließlich bist du dafür verantwortlich. Aber genau deswegen hätte ich eine andere Reaktion von dir erwartet.«
Alex sah sie verständnislos an.
»Ich rede von Erik«, erklärte Jana. »Ich dachte, du würdest dir mehr als jeder andere wünschen, dass er zu uns zurückkommt.«
Alex’ gerunzelte Stirn signalisierte ihr, dass sie sich auf heikles Terrain begeben hatte. »Er war mein bester Freund«, sagte er leise, ohne sie anzusehen. »Klar wäre es mir lieber gewesen, die Dinge wären anders gelaufen. Aber jetzt ist daran nichts mehr zu ändern. Wenn Erik wieder lebendig werden würde, was meinst du, was dann passieren würde? Viele Medu würden es als Erfüllung ihrer alten Prophezeiung auffassen: der König, der zurückkommt, der Anbruch einer neuen Blütezeit für die Klane …«
»Und das wäre schlecht?«, fragte Jana sarkastisch.
»Es wäre gefährlich. Es würde Glaukos und anderen wie ihm einen Vorwand liefern, sich das zurückzuholen, was sie verloren haben. Ich glaube nicht, dass die Menschen dabei gut wegkämen. Und dann würde es wieder mit den Reibereien zwischen den Klanen losgehen.«
Jana musterte ihn eingehend, um zu erkennen, was sich hinter seinem Gesichtsausdruck verbarg. »Du willst nicht, dass Erik zurückkommt«, schloss sie. »Und zwar nicht wegen der Medu oder wegen der Prophezeiung. Du hast Angst vor ihm. Das ist ja lachhaft. Er hat sein Leben für dich gegeben.«
Alex hielt stumm dem anklagenden Blick seiner Freundin stand. »Ich habe keine Angst vor ihm«, verteidigte er sich leise. »Aber ich verstehe einfach nicht, warum du willst, dass er zurückkommt. Wenn er wieder da ist, werden die Drakul sich die ganze Macht zurückholen, die sie verloren haben.«
»Wenn Erik der Anführer ist, wäre mir das egal«, erwiderte Jana. »Er wäre ein guter König für die Medu. Der einzig mögliche König.«
Alex stand auf und ging zum Fenster. »Die Prophezeiung wird nie in Erfüllung gehen, Jana«, sagte er, ohne sich zu ihr umzudrehen. »Jedenfalls nicht mit Erik. Niemand kann den Tod überleben, nicht einmal ein Medu-Prinz. Kein Buch kann das bewirken, auch wenn es noch so mächtig ist.«
Alex’ Worte rieselten auf Jana herab wie frostiger, feindseliger Regen. In sich fühlte sie eine klamme Kälte, die zugleich Wut war. »Versuch nicht,
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