Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
die Ashjafal kannten Mittel und Wege, sie fern zu halten.
König Tahut hatte Fay von Kindesbeinen an vor diesen Geschöpfen gewarnt. Kinder, die von den Waldgeistern allein im Wald erwischt wurden, wurden verschleppt und nie wieder gefunden. Selbst Ritter und ganze Armeen verschwanden, ohne eine Spur zu hinterlassen.
Fay linste noch einmal durch das Astloch und konnte die schattenhaften, grünen Gestalten erkennen, die Philemon an den Zügeln festhielten. Die Stute war außer sich vor Angst. Sie rollte mit den Augen, wieherte ängstlich und versuchte den grapschenden Händen der Geister zu entkommen. Fay konnte zwar Arme und Hände an ihnen erkennen, aber keine Füße. Es machte den Anschein, als würden diese Wesen in einer Wolke aus grünem Nebel über dem Boden dahinschweben.
Auf einmal bäumte sich Philemon kerzengerade auf, warf den zierlichen Kopf mit der fließenden Mähne zurück und riss sich los. Die Waldgeister versuchten vor dem Pferd eine Mauer aus grünem Nebel zu bilden, aber die Windstute war nicht zu halten und donnerte zwischen den glänzenden Drachenbäumen in den finsteren Wald hinein.
Fay keuchte erschrocken und spürte, wie die Panik langsam von ihr Besitz ergriff. Sie begann mit den Fäusten gegen den Deckel der Truhe zu hämmern.
„Hilfe!“, rief sie. „Hilfeee!!“
Ihre Stimme klang durch die dicke Luft in der Truhe rau und gepresst. Plötzlich fiel die Angst vor dem engen Raum wie eine Schar schwarzer Vögel über die Prinzessin her. Sie schlug wie wild mit Händen und Füßen gegen das Holz und rief so laut sie konnte um Hilfe. Aber sie wusste, dass sie sich mitten in den Wäldern von Ayn befand. Und hier gab es nichts und niemanden, der sie hätte hören können.
*
Nicht weit entfernt stolperte Prinz Miray zwischen den hellblauen Zelten Richtung Bäume davon. Es fror ihn, und die schwarze Wolke, die sich seit gestern um seine Gedanken gelegt hatte, war über Nacht noch um einiges gewachsen.
Andamar hatte ihn zum Holzsammeln geschickt und das vor den Augen der anderen Ritter. Er war vor Scham puterrot im Gesicht angelaufen, hatte aber nicht widersprochen. Miray wollte heute Morgen keinen Streit vom Zaun brechen. Er hatte von Andamar und dem Wald, den zugigen Zelten und dem Leben unter freiem Himmel (und am Busen von Mutter Natur) die Nase gestrichen voll!
Eine Sekunde später wurden seine Gedanken von einem leisen Rufen unterbrochen. Miray blieb stehen, legte die Hand auf die schuppige Borke eines Baumstammes und lauschte.
„Hilfeee ...“, wehte es durch den Wind getragen näher.
Miray fröstelte es. Er hatte heute Morgen seine Rüstung nicht angelegt, sondern nur ein einfaches Lederwams übergestreift. Deshalb war er unbewaffnet und schutzlos. Allerdings befand sich ein kleines Ledertäschchen an seiner Hüfte, in dem er einige Fläschchen aufbewahrte, die Andamar ihm gegeben hatte. Tinkturen und Mittel, die Effèlans Alchemisten zusammengemixt hatten. Jeder der Ashjafal trug diese Fläschchen immer bei sich, und einige der Tränke halfen Waldgeister zu bannen. Die gab es zwar in Effèlan nicht mehr, aber jedermann wusste, dass sie in Faranjoma in vielen Teilen der Wälder immer noch ein großes Problem darstellten.
Nach weiteren drei Schritten tat sich eine kleine, unregelmäßige Lichtung vor Miray auf. Sieben schleierhafte Wesen erschienen vor ihm. Ihre hässlichen Fratzen und ihre leeren Augen waren auf eine Truhe gerichtet, die zwischen ihnen im hohen Gras stand. Einer der Waldgeister war gerade damit beschäftigt, einen langen, rostigen Nagel in den Deckel zu schlagen. Aus der Kiste drangen deutliche Hilferufe.
Miray spürte, wie sein Herz schneller schlug. Er spielte mit dem Gedanken, Andamar zu holen. Aber der Ritter hätte sich in seiner Frühstücksruhe sicher nicht von ihm stören lassen. Der Gefangene in der Truhe hatte keine Zeit, darauf zu warten, bis Andamar gegessen, sich angezogen und gespornt hatte.
Miray ging hinter einem der Baumstämme in Deckung und holte eine kleine Flasche aus seinem Lederbeutel. Eine silbrige Flüssigkeit befand sich darin, die träge hin und her floss.
Der Prinz schüttete sich eine Kleinigkeit davon auf die flache Hand, sprang dann rasch hinter dem Baumstamm hervor und blies die nun zu Pulver zerfallene Flüssigkeit von seiner Handfläche in die Luft.
Die sieben Waldgeister hielten
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