Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
erschrocken inne und blickten der glitzernden Staubwolke entgegen, die auf sie zugeflogen kam. Sie rissen ihre zahnlosen Münder zu einem stummen Schrei auf, versuchten zu entkommen und gerieten in Panik. Aber der Silberstaub legte sich auf ihre grünen Gewänder und begann sie langsam aufzulösen. Ein zischendes Geräusch war zu vernehmen, und eine dunkelgraue Rauchwolke stieg in die Luft auf. In weniger als einer Minute, waren die sieben Erscheinungen verschwunden. Nur mehr der schwache Duft nach Schwefel und Salpeter hing über der Lichtung in der Luft.
„Hilfe!! Lasst mich raus!!“, brüllte die Truhe und wackelte hin und her.
„Pst! Sei leise!“ Miray eilte heran und ließ sich auf die Knie sinken. Er untersuchte das Schloss am Deckel und holte rasch einen schlanken Dolch unter seinem Hemd hervor.
„Mach nicht so einen Lärm“, redete er weiter auf die Gefangene ein. „Hier wimmelt es nur so von diesen Biestern. Wenn man sich mit Waldgeistern anlegt, kann man sich auf einiges gefasst machen.“
„Das brauchst du mir nicht zu erzählen!“, kam es barsch aus der Kiste.
Miray bearbeitete das Schloss mit der Spitze des Dolches. Schon ein paar Sekunden später erklang ein leises Klicken und der Deckel sprang auf. Rasch stemmte der Prinz ihn in die Höhe und sah sich einer jungen blonden Frau gegenüber, deren Gesicht von Tränen und der Hitze ganz rot und geschwollen aussah.
Das Mädchen schob Miray beiseite, kletterte so schnell es konnte auf wackeligen Knien aus der Truhe und schüttelte sich wie ein Hund, der aus einem Teich geklettert war. Im nächsten Moment fiel Miray die silberne Rüstung auf, die das Mädchen trug.
Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen, klappte ihn aber wieder zu.
Das ist einer der Wächter, schoss es ihm durch den Kopf. Das Mädchen ist einer der Gardisten aus Shidabayra, die Andamar so rachsüchtig verfolgt!
„Was glotzt du mich so an“, erkundigte sich Fay bei dem immer noch vor ihr knienden Prinzen und wischte sich die Nase in den Ärmel, der unter der Rüstung hervorlugte.
„Nichts ... du trägst eine Rüstung ...“
„Na und!“
„Es war dumm, sich von Waldgeistern fangen zu lassen. Jedermann weiß, dass sie ihre Opfer in Truhen überall im Wald vergraben. Und sie vergraben sie so tief, dass man ihre Schreie nicht mehr hören kann.“
„Das war mir bekannt“, entgegnete Fay nüchtern und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Sie musste ja furchtbar aussehen! „Deswegen meine jämmerlichen Hilferufe.“
„Ja ... das war klug, ich hätte dich sonst nicht gefunden.“
„Wie hast du sie verjagt?“ Fay blickte auf Mirays rechte Hand, die immer noch von dem silbrigen Pulver glitzerte. „Bist du ein ... ein Hexer? Ihr seid doch wirklich überall, bleib mir ja vom Leibe!“
Die Prinzessin nahm hastig Abstand, während Miray sich langsam erhob. „Was hast du gegen Hexer?“, fragte er lauernd. „Bist du so erschrocken, weil König Tahut uns für böse hält?“
„Nimm nicht den Namen meines ... Königs in den Mund!“
Schritte, die zwischen den Bäumen näher kamen, unterbrachen die hitzige Unterhaltung.
Miray reckte den Hals und konnte zwei Ashjafal erkennen, die Brennholz sammelten.
„Du musst von hier verschwinden“, zischte er und versuchte das seltsame Rittermädchen mit einer Handbewegung zu verjagen. Fay warf dem Königssohn noch einen fragenden Blick zu, drehte sich aber dann gehorsam um und rannte so leise wie möglich tiefer in den Wald hinein. Die finsteren Drachenbäume hatten sie schon nach wenigen Sekunden verschluckt.
Gerade wollte auch Miray sich umdrehen und zurückgehen, als er einen Schimmer zwischen den Ästen entdeckte. Einen Moment erfasste ihn ein Schauer, da er Angst hatte, die Waldgeister könnten zurückgekehrt sein. Aber dann musste er feststellen, dass die Erscheinung nichts mit dem schauerlichen Äußeren der grünen Schattenwesen gemein hatte.
Da stand eine junge Frau mit langen, schwarzen Haaren, ganz in Weiß gekleidet. Sie schimmerte durchsichtig wie Glas und ihr Blick war voll Sehnsucht auf Miray gerichtet. Eine Weile sahen sie sich wortlos an, dann hauchte die Gestalt ein „Ich danke dir“ und verschwand, als hätte der Wind sie davongeweht.
14. Räuberbande
Bunte Bänder, die im Sonnenlicht flatterten. Kleine silberne Bälle, die in die Luft geworfen wurden. Männer mit langen Zipfelmützen, an deren Enden Schellen baumelten. Frauen in seidigen
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