Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
von Magie die Fesseln belegt sind“, murmelte Andamar und untersuchte die Hände und Füße des Prinzen.
„Welche Art von Magie kann das schon sein!“, fauchte Miray. „Die schlimmste Art, wie ich mir vorstellen kann. Vermutlich kann sie mir nur der wieder abnehmen, der sie mir auch angelegt hat.“
„Was schlicht und ergreifend unmöglich sein dürfte. Außer Ihr habt vor, die Grauen Hexer lieb darum zu bitten.“
„Ich kann nichts dafür, dass ...“
„Also, da bin ich nicht ganz Eurer Meinung, mein Prinz, wenn Ihr erlaubt. Ich habe gesehen, wie Ihr vor Yrismin davongerannt seid, wie ein Hase auf der Flucht. Ihr wolltet fort von uns. Ihr dachtet ... nein unterbrecht mich nicht ... Ihr dachtet, Ihr könntet einfach so verschwinden ... von mir und dem König!“
Miray blickte Andamar weinerlich an. Es hatte nicht viel Sinn, das alles zu leugnen. Schließlich war es die Wahrheit, und er konnte nicht besonders gut lügen. Außerdem musste man jeden seiner Gedanken an seinem Gesicht ablesen können, so elend, wie er sich im Moment fühlte.
„Ich werde Euch nach Effèlan zurückbringen, ob mit oder ohne Fesseln!“, bellte der Ritter.
„Die Pferde stehen nicht weit von hier. Ich werde versuchen, die Fußfesseln zu lösen, dann habt Ihr immer noch die an den Händen. Wenn wir Glück haben, ist der Zauber, der darauf liegt, damit zufrieden.“
Andamar ließ das Taschenmesser neuerlich aufblitzen und schnitt die Fußfesseln mit einem Ruck durch. Der Schrei des Prinzen gellte noch eine ganze Weile durch den Wald, und die Grauen Hexer, die ihn hörten, hoben witternd die Nasen.
21. Entscheidungen
Miro von Usonday stand auf dem Dach des baufälligen Gebäudes, in dem sie seit einigen Jahren ihren Unterschlupf gefunden hatte und fröstelte. Der Himmel sah schon wieder so aus, als wollte er jeden Moment seine feuchte Last über der Stadt entleeren, und die Kälte zog in großen Schwaden aus den Wäldern von Ayn herauf.
Seit ein paar Tagen schon hielt Miro Ausschau nach Nyasinta. Zuerst hatte sie es in den unteren Räumen mit der Kristallkugel versucht. Dann war sie immer öfter auf den Dachgarten hinausgeklettert, wo sie ihre Heilkräuter in großen Töpfen aus Ton zog. Hier war sie Nyasinta zum ersten Mal nach ihrem Tode begegnet. Das war schon ein oder zwei Jahre nach ihrer Vertreibung aus Shidabayra gewesen. Miro war am Ende ihrer Kräfte angelangt und hatte nicht mehr ein noch aus gewusst. Sie hatte sich mit letzter Kraft in dieses Haus, mitten im Armenviertel, geschleppt und sich hier auf dem Dachgarten, der damals nichts weiter als ein ausgebrochener Mauervorsprung gewesen war, zum Sterben niedergelegt. Da war ihr die Drachenhüterin erschienen. Eingefasst von einem strahlenden, warmen Licht. Wie ein Engel hatte sie sich über sie gebeugt und ihr mit sanfter, aber eindringlicher Stimme erklärt, dass sie nicht so eigennützig handeln dürfe. Dass sie nicht einfach aufgeben könne, sie noch gebraucht werde und sie sich sofort zu erheben habe, weil sonst sie, Nyasinta in eigener Person, ihr einen Tritt in den Hintern verpassen würde.
Miro konnte sich noch gut daran erinnern, wie tot das Haus gewirkt hatte. Und wie schwer es gewesen war, ein paar Holzbretter zum Ausbessern der Böden aufzutreiben.
Sie seufzte und trat zu den Lavendelbüschen in den Töpfen vor der Balustrade, die in üppigem Lila blühten. Ihr Duft war trotz der feuchten Kälte übermächtig und hüllte sie in eine angenehme Wolke aus Kindheitserinnerungen. Miro seufzte und fuhr durch eine sanfte Berührung an ihrer Schulter erschrocken herum.
Nyasinta stand hinter ihr. Die weißen Schleier wehten um ihre schlanke Gestalt.
„Warum bist du hier draußen und wartest auf mich? Du holst dir noch eine Erkältung.“
„Ich habe mir Sorgen gemacht. Ich kann zwar in den Karten lesen und die Kristallkugeln befragen, aber wenn ich mir Sorgen mache, funktionieren die Dinge nicht wie sonst.“
„Es tut mir leid, dass ich dich so lange warten ließ. Meine Kinder waren ständig in Gefahr. Komm herein, damit ich dir alles erzählen kann.“
Sie betraten das Haus durch eine schmale Öffnung und kamen in das, mit einem breiten, schwarzen Ofen beheizte, Innere.
Sie gingen in die Küche und ließen sich dort am Tisch nieder.
„Ich würde dir ja gerne einen heißen Pfefferminztee anbieten“, räumte Miro ein. „Aber ich fürchte, solche irdischen
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