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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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unwirklichen Stille ersetzt.
    „Arne!“, schrie ich. Ich taumelte hoch, stürzte zum Abgrund und sah hinunter. Arne hing an einem der Seile einige Meter tiefer. Ich versuchte, das Seil zu greifen, um ihn hochzuzerren. Doch meine Kraft reichte nicht aus.
    Arne begann, abzurutschen.
    Zwei weitere Hände packten den Strick. Johannes zog mit mir und gemeinsam gelang es uns, Arne aus dem Abgrund zu befreien.
    Keuchend hob ich meinen Blick. Der Eingang, aus dem wir wenige Minuten zuvor geflohen waren, war vollkommen verschüttet – ebenso die Rattenmänner, die noch kurz zuvor versucht hatten, uns zu töten.
    Der röhrende Donner kehrte zurück.
    „Schnell!“, rief ich. „Das war erst der Anfang. Die Schüsse haben die Schneemassen gelöst. Die werden alle runterkommen!“
    Wir warfen Cecilia über den Sattel ihres Pferdes und banden ihre Hände und Füße unter dem Bauch des Tieres zusammen.
    Clement war schon halb im Sattel, wir gaben ihm einen Schubs, so dass er auf der anderen Seite fast herunterfiel. Johannes zurrte dessen Hände am Sattelknauf mit dem Zügel fest.
    „Kommst du zurecht?“, fragte er ihn schroff und Clement antwortete mit einem Nicken.
    Es donnerte erneut, der Boden erbebte. Arne hatte es alleine auf den Rücken seines Pferdes geschafft und auch Johannes und ich saßen bereits im Sattel. Ich ergriff Arnes Zügel und Johannes nahm den von Cecilias Pferd.
    Wir brauchten die Tiere nicht anzutreiben. Sie stürmten wie von einem Katapult geschossen los, während sich die nächste Lawine in Richtung der Ebene wälzte, größer noch als die erste, und auf ihrem Weg den dichten Wald abholzte, als wären die mächtigen Tannen lediglich Zahnstocher.
    Wir flogen im gestreckten Galopp vorwärts, erklommen in panischer Hast den mit Geröll bedeckten Abhang und hielten erst an, als wir den Schutz des Passes erreichten. Die Pferde waren nass vor Schweiß, wir selbst zitterten vor Erschöpfung, unsere Ohren, unsere Sinne betäubt von dem apokalyptischen Lärm der Zerstörung.
    Das Tal war verschwunden. Die zahlreichen Bäume abrasiert, ihre Stämme wie Treibholz zerschlagen.
    Nichts erinnerte mehr an die Festung der Rattenmenschen. Vor uns erstreckte sich eine einzige weiße Wüste, durchbrochen von Felsgestein und zerfetzten Tannen.
    Und es herrschte Ruhe.
    Ruhe, wie auf einem Friedhof.
     

 
    10
     
    W ie in Trance ritten wir durch den Pass. Schwer im Sattel schwankend ließ ich mein Pferd selbst die Geschwindigkeit bestimmen, während ich die Welt um mich herum vergaß. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich in die beginnende Dunkelheit, ohne etwas wahrzunehmen. Mein Kopf und mein Herz waren leer.
    Das Tageslicht erstarb. Die Nacht kam, doch wir zogen weiter.
    Ohne Vorwarnung hielt mein Fuchs mit einem Ruck an, ich wurde unsanft nach vorne geworfen und erwachte wie aus einem bösen Traum. Leicht desorientiert blickte ich mich um. Meine Augen blieben an Johannes hängen, der neben meinem Pferd stand und dessen Trense festhielt.
    „Endstation für heute“, sagte er, und seine Stimme klang unwirklich und fremd in meinen Ohren.
    Ich versuchte abzusteigen, aber es gelang mir nicht. Nach mehreren vergeblichen Anläufen packte mich Johannes kurzerhand an der Taille und zog mich zu sich herunter. Ich wäre wie ein nasser Sack zu Boden gefallen, wenn er mich nicht festgehalten hätte.
    „Willkommen in unserem Camp“, sagte er und drückte mich an sich.
    Seine Nähe war mir unerträglich. Seine Berührung ließ mich erschauern.
    Ich versuchte, mich freizureißen, aber er verstärkte seinen Druck. Panik stieg in mir auf, bis ich die Wärme seines Körpers spürte. Ich hatte Tränen in den Augen, während ich von einem erbärmlichen Schluchzen durchgeschüttelt wurde.
    Johannes legte mir die Hand auf den Hinterkopf, streichelte über mein Haar und flüsterte ein paar Mal meinen Namen. Dann sagte er: „Es ist in Ordnung. Wir haben es geschafft. Wir sind noch am Leben.“
    Nach und nach beruhigte ich mich, die Angst verließ mich und wurde von Müdigkeit und Erschöpfung ersetzt.
    Irgendwann ließ mich Johannes los, trat einen Schritt zurück und hielt nur noch meine Hände fest. „Geht es wieder?“, fragte er.
    Nickend senkte ich meinen Kopf.
    „Für ein Mädchen hast du dich gut gehalten“, ertönte Clements Stimme.
    Ich sah in die Richtung, aus der er gesprochen hatte. Clement lag am Boden auf einer Decke. Arne war gerade damit beschäftigt, ihm einen Verband um den Kopf zu wickeln.
    „ Gut gehalten -

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