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Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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bitteren und verhärmten Ausdruck angenommen. „Auch die Kinder werden nicht älter. Doch wenn die Rattenmenschen Jungen mitnehmen und wir sie dann im nächsten Jahr wiedersehen, sind sie erwachsen und erkennen uns nicht mehr. Sie sind selbst zu Rattenmenschen geworden. Gefühllos, grausam und verroht. Und wenn Sie ein Mädchen holen…“ Gundula verstummte.
    „Diese Banditen kommen nur einmal im Jahr?“
    „Wir schuften den ganzen Sommer über für sie. Da lassen sie uns meistens in Ruhe. Ab und zu überfallen sie ein paar Arbeiter auf dem Feld und…“ Gundula suchte nach den richtigen Worten, „und verschleppen und töten sie. Aber Cecilia und Arne hier“ – sie deutete auf den jungen Mann – „wissen mit ihren Waffen umzugehen und beschützen uns.“
    „Könnt ihr euch nicht verteidigen, wenn die Rattenmenschen anrücken, um euch die Kinder und die Ernte zu stehlen?“
    Voller Verzweiflung schüttelte Gundula den Kopf. „Sie kommen als Trupp. Wir sind ihnen hilflos ausgeliefert. Es sind einfach zu viele.“
    „Ein ganzer Trupp?“, fragte Johannes. „Wie viele genau?“
    „Rund fünfzehn Mann. Aber sie können jederzeit an die hundert Banditen zusammenziehen.“
    Clement pfiff nachdenklich und anerkennend zugleich durch die Zähne.
    Ich dachte daran, wie ich Johannes gefunden hatte, als die Rattenmenschen gerade dabei waren, ihn zu Tode zu foltern. Ich dachte an die Verbrecher, die mich in der Kantina hatten aufhängen wollen, und mir fielen die Menschen ein, deren verstümmelte Überreste wir im Wald gesehen hatten.
    „Ihr habt mir genug erzählt“, hörte ich Johannes sagen. „Ihr braucht Hilfe. Wir werden tun, was wir können. Wann erwartet ihr den Besuch der Rattenmenschen?“
    „Übermorgen“, antwortete Gundula.
     

Kapitel 6
– Elisabeth und Cunningham
     
     
    1
     
    D ie Tür öffnete sich leise. Milchiges Licht strömte zaghaft in den Raum. Ein großer schlanker Mann wurde von hinten beleuchtet. Unbeweglich stand er da, wie ein lebloser Schattenriss. Langsam näherte er sich dem Bett, sorgsam darauf bedacht, keinerlei Geräusch zu machen. Keine zwei Schritte von ihr entfernt verharrte er.
    Ihr eines Auge hatte sich mittlerweile an das trügerische Zwielicht gewöhnt. Sie vermochte seine vornehmen Gesichtszüge zu erkennen, in denen sich tiefe Anteilnahme spiegelte. Der Blick, den er ihr zuwarf, war mitfühlend und voller Zärtlichkeit. Er hielt sich krampfhaft steif und wagte kaum zu atmen.
    „Ich bin wach, mein lieber Charles“, sagte sie.
    „Habe ich dich etwa geweckt?“ In seiner Stimme schwang Angst…, nein, …große Sorge mit.
    „Ich schlafe schon lange nicht mehr.“
    Cunningham beugte sich vor, zog ihre Bettdecke etwas zurecht und lächelte. „Du klingst heute viel besser. Hat deine Medizin gewirkt?“
    Elisabeth wollte verächtlich auflachen. Aber sie hielt sich zurück. Stattdessen antwortete sie: „Das Elixier, das du mir beschafft hast, war zwar nicht rein, aber diesmal wirklich reichlich. Ich fühle mich bedeutend besser.“
    „Nur noch zwei, maximal drei Tage. Unsere Anlage in Frankfurt wurde gerade wieder in Betrieb genommen. Bald erhältst du die Qualität, die deiner würdig ist.“
    Elisabeth fühlte, wie Cunninghams prüfender Blick über ihr Gesicht glitt. Und obwohl sich ihr Vertrauter mit schier übermenschlicher Kraft bemühte, sich nichts anmerken zu lassen, erkannte sie doch, wie sehr ihn ihr elendes Aussehen in seinen Grundfesten erschütterte.
    „Zuerst heilt mein Körper von innen. Es wird lange dauern, bis ich meine frühere Schönheit zurückgewinne“, beschwichtigte sie seine Befürchtungen.
    Cunningham streckte den Arm aus. Seine Fingerspitzen berührten ihre Stirn, schwebten in einer schwerelosen Berührung über ihre Wange und ihr Kinn. „Du bist das schönste und perfekteste Wesen, dem ich jemals begegnet bin. Nichts kann an dieser Tatsache etwas ändern.“
    Elisabeth versuchte wehmütig, ihren Mundwinkel zu verziehen. Allerdings bereiteten ihr die zahllosen Narben im Gesicht eine unerträgliche Pein. Beinahe hätte sie wegen der brennenden Schmerzen laut aufgeschrien, ihre gesamte Qual aus sich herausgestoßen. Aber jetzt war nicht die Zeit dafür.
    „Mir ist langweilig“, sagte sie stattdessen.
    Blitzschnell zog Cunningham die Hand zurück, um sich aufzurichten. „In Ordnung“, sagte er. „Vielleicht kann ich einige deiner Nahrungsträger hier in deinem Zimmer töten. Und wenn ich mir etwas Zeit dabei nehme…, das macht dir

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