Im Auftrag der Liebe
Petersby gefunden!«
»Aber auch nur, weil du ihr letztes Jahr auf deiner Weihnachtsparty einen deinen Verehrer untergejubelt hast und der angebissen hat.«
»Na und? Haben sie sich dann etwa nicht verliebt?«
Ich kraulte Grendel hinter den Ohren. Er schnurrte so laut, dass der Wein in meinem Glas zu vibrieren begann.
Es war sinnlos, mit Dovie über ihre Verdienste als Heiratsvermittlerin zu diskutieren. Und zwar ganz einfach deshalb, weil es bei mir ja auch nicht besser aussah. Aber mein Vater hatte eine Entscheidung getroffen, und eines wusste ich aus langer Erfahrung: Er änderte seine Meinung selten.
»Du solltest mit Dad reden.«
»Heißt das, du willst den Job nicht?«
»Das hab ich nicht gesagt.« Warum ging ich bloß sofort in die Defensive? Eigentlich wollte ich das doch gar nicht machen.
Oder etwa doch?
Vermutlich hatte mein Zögern etwas mit Michael Lafferty, dem verschwundenen Diamantring und dem Skelett im Wald zu tun.
Ich weigerte mich anzunehmen, dass es mir vielmehr um Sean Donahue und meine plötzlichen Hitzewallungen ging. Dem Telefonat zufolge war er mit jemandem zusammen. Und damit für mich absolut tabu. Diese Lektion hatte ich vor ein paar Jahren auf die harte Tour lernen müssen.
»Ich rede mit ihm«, versprach Dovie und trank ein weiteres Glas Pinot Grigio. Sie sah mich viel sagend an und fügte dann hinzu: »Und wusstest du eigentlich, dass Elizabeth gerade Ur großmutter geworden ist?«
»Junge oder Mädchen?«, fragte ich.
»Ein Mädchen. Ist es nicht toll, in so jungen Jahren schon eine Urenkelin zu haben?« Sie stieß ein falsches Kichern aus. »Ich wünschte, ich wäre noch dazu in der Lage, meine Urenkel kennen zu lernen, bevor ich zu alt oder zu klapprig bin, um es zu genießen.«
»Du wirst nie zu alt sein. Oder zu klapprig.«
Dovie holte Teller aus dem Hängeschrank. »Aber man weiß ja nie, was das Leben so mit uns vorhat.«
Auf dieses Spielchen hatte ich keine Lust, also wandte ich mich dem Fernseher und der Berichterstattung über den verschwundenen Jungen zu. Salzige Böen rüttelten an den Fenstern des Häuschens. Wie lange würde der Junge da draußen überleben?
Wenn er überhaupt noch am Leben war.
Dovie stellte die Teller auf dem Esstisch ab, einem wackeligen Klappding aus Plastik, das zu den billigen Metallstühlen passte. Ich sparte für meinen Traumtisch, hatte das nötige Geld aber noch lange nicht beisammen. Bis dahin mussten ein Schonbezug und ein hübsches Tischtuch herhalten, um den momentanen Zustand zu verschleiern.
Jetzt sah ich genauer hin.
»Vier Teller? Wieso denn vier?«
Selbst wenn sie Grendel mit einrechnete, was öfter vorkam, als ich gerne zugeben wollte, wären das trotzdem nur drei Teller. »Wer kommt denn noch?«
Dovie spielte die Sache mit einer lässigen Geste herunter. »Marisol hat vorhin angerufen. Sie sagte, sie hat da was für dich.«
O nein. Wenn Marisol mir etwas vorbeibrachte, dann war es meistens pelzig und brauchte viele Streicheleinheiten.
»Und wer noch?«, fragte ich.
»Darüber solltest du dir nicht den Kopf zerbrechen.«
Grendel schien zu spüren, wie aufgebracht ich war, und hopste mit einem lauten Miauen von meinem Schoß.
»Wer?«, wiederholte ich und glitt vom Hocker.
Sie ignorierte mich und begann, fröhlich Lucy in the Sky with Diamonds vor sich hin zu trällern.
So langsam setzte Panik ein.
Sie würde doch nicht etwa …
Ich betrachtete sie aus dem Augenwinkel.
Und ob sie würde – sie hatte mit Sicherheit den Metzger eingeladen.
Mein Handy klingelte. Ich sah nicht einmal nach der Nummer, sondern stürzte mich quasi darauf.
»Hallo?« Dieser Anruf musste einfach meine Rettung sein.
»Lucy? Hier ist Sean.«
Versuchung statt Rettung. Na ja, das war ja so etwas Ähnliches.
Jetzt hieß es Kampf oder Flucht, und ich hatte nur noch eines im Kopf, nämlich so schnell wie möglich das Weite zu suchen.
»Oh, hi, Suz«, sagte ich lässig. »Gibt es schon was Neues über den kleinen Jungen?«
»Hier ist Sean«, korrigierte er.
»Oh, das ist einfach so traurig«, seufzte ich. »Es werden noch Helfer gebraucht? Ich glaube nicht, dass ich hier wegkann. Meine Großmutter hat Abend …« Um der Dramatik willen hielt ich inne. »Ich weiß, das Leben eines Kindes steht auf dem Spiel … Okay, okay, ich bin mir sicher, dass sie Verständnis dafür haben wird.«
»Wird sie nicht«, warf Dovie ein und klopfte missbilligend mit dem Fuß auf den Boden. Der abgehackte Takt ihres Absatzes hallte in meiner Küche
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