Im Auftrag der Lust
hatte ihre dortige Mitarbeiterin im Agentur eigenen Appartement einquartiert und darauf vertraut, dass sie mit Erie fertig werden würde. Die Frau war zwar erst seit zwei Monaten in der Agentur, aber bei ihren ersten drei Aufträgen hatte sie sowohl Sara als auch Alan beeindruckt. Dementsprechend wenig Bedenken hatte Sara gehabt. Zu Unrecht, wie der Rechtsanwalt namens Nicols bewies, der vollkommen ungerührt in Saras Büro saß und sie wie einen Käfer unter dem Mikroskop ansah.
»Und was genau wird ihr zur Last gelegt?«, fragte Sara, ohne die Klage vor sich zu beachten.
»Ihre Mitarbeiterin, Mrs Peters, hat meinen Mandanten niedergeschlagen, seine Kreditkarten entwendet und ihm mehrere tausend Dollar gestohlen.« Demnach, was Sara durch die Kameraaufnahme gesehen hatte, hatte Susan Peters Erie nicht niedergeschlagen, sondern ihn durch einen beherzten Schlag aufs Gemächt außer Gefecht gesetzt, aber sie war nicht in der Stimmung für solche Spitzfindigkeiten. Stattdessen fixierte sie den Rechtsanwalt vor sich kühl. »Und welche Beweise liegen vor?«
Nicols schien mit so einer Frage gerechnet zu haben, denn er zog eine Mappe aus seiner Aktentasche und reichte sie wortlos an Sara weiter. Die schlug sie auf und musste ein lautes Fluchen unterdrücken. In der Mappe befanden sich körnige Schwarzweißaufnahmen, offenbar von einer Überwachungskamera aus. Sie zeigten eine junge Frau, die an einem Geldautomaten mehrere Scheine einsteckte. Auch wenn die Qualität nicht besonders war, war doch das Gesicht von Susan Peters gut genug zu erkennen.
Sara biss die Zähne zusammen. »Von wie viel Geld reden wir?«, fragte sie tonlos.
Nicols lehnte sich zurück. »Es geht nicht nur um den finanziellen Schaden, Mrs McLaughlin. Dieser liegt bei knapp 500000 Dollar. Zusätzlich fordert Mr Erie auch eine Entschädigung über die gleiche Summe für den ihm zugefügten Schaden an … nun, für die körperlichen Unzulänglichkeiten, die er erleiden musste. Falls Sie dieser Forderung nicht nachkommen, werden wir das Geld einklagen.«
Sara runzelte die Stirn. »Erpressen Sie mich?«
»Ich stelle Ihnen ein Angebot zur Verfügung. Wie Sie es nutzen, liegt ganz bei Ihnen. Lassen Sie mich Ihre Antwort bis Ende der Woche wissen.« Nicols stand auf und reichte Sara eine kleine Visitenkarte, ehe er sich verabschiedete und das Büro verließ. Sara sah durch die Glastüren, wie er an ihrer Sekretärin vorbeiging und dann ganz aus der Agentur verschwand.
Kurz darauf kam Alan herein. Er wirkte fahrig und grüßte die Sekretärin nur mit einem leichten Nicken, ehe er zu Sara ins Büro stürzte. »Ich hab deine Nachricht gerade erst bekommen. Was ist denn passiert?!«
Sara kochte noch immer vor Wut, und am liebsten hätte sie irgendetwas gegen die Wand geworfen. »Wir haben ein Problem am Hals, das ist los!«, gab sie gepresst von sich und tigerte unruhig durch den Raum.
Alan hielt sie auf und drückte sie sanft auf ihren Stuhl zurück. »Was ist los?«, wiederholte er ruhiger.
Sara sah in seine blauen Augen und atmete tief durch. »Die Neue in Las Vegas, Susan Peters, hat uns betrogen. Sie hat einen Kunden ausgeraubt und angegriffen, der erwartet jetzt insgesamt eine Million Dollar als Schadenersatz, oder er geht vor Gericht.«
Alan pfiff durch die Zähne. »Eine Million Dollar? Das ist nicht von schlechten Eltern.«
»Das ist der Ruin«, schnaubte Sara und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Wir haben keine Million Dollar. Selbst wenn ich sämtliche Appartements, die wir haben, verkaufen würde, hätten wir nur knapp die Hälfte zusammen. Einen Kredit kann ich mir abschminken, und Hypotheken kann ich nicht mehr aufnehmen, die Appartements sind schon alle belastet. Und wenn wir nicht zahlen, müssen wir so oder so Konkurs anmelden.«
»Hast du die Suche nach Susan schon in die Wege geleitet?« »Gleich gestern Nacht. Aber entweder ist sie verdammt gut, oder sie hat extrem großes Glück. Bisher hat sich keine meiner Quellen gemeldet. Sie ist wie vom Erdboden verschluckt.«
Alan legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Ich versuche, auch noch ein paar Leute anzurufen, um das Geld aufzutreiben.«
»Versuch es doch mit einem Wunder«, erwiderte Sara bissig und verfluchte sich gleich darauf für diese Worte. Alan meinte es nur gut, und immerhin gehörte ihm die Agentur zu gleichen Teilen, wie ihr auch. »Entschuldige, ich bin nur so ratlos.«
»Es ist dein Baby«, erwiderte Alan und fuhr sich über das stoppelige Kinn.
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