Im Auftrag des Tigers
zündete sich eine Zigarette an und blickte zurück durch den Blättertunnel, durch den er gekommen war.
Der Landrover war zwar wieder vorbeigekommen, die Nandi und der Bursche, der sie gestern in Moong abgeholt hatte, saßen darin, und sie hatten wieder die Richtung nach Moong genommen, aber nur der Teufel mochte wissen, wer sich sonst noch auf der Station herumtrieb.
Jedenfalls: Der Tunnel war genau das, was er brauchte. Sich auf der Piste der Station zu nähern, paßte ihm nicht. Dazu machte die Yamaha viel zu viel Krach. Der hätte alle vorgewarnt.
Also hatte J.P. Bernier die Maschine versteckt, als er den Tunnelpfad entdeckte. Selbst der Gewehrkoffer blieb bei ihr im Busch. Er kannte solche Tunnel. Die Eingeborenen schlugen sie, um einen Weg abzukürzen. Und wo konnte dieser hier schon enden? Bei der Station natürlich.
Er schreckte zusammen. Ein Knacken … Was war das?
Jetzt wieder …
Affen, was sonst?
Und da keckerten sie erst richtig los. Seine rechte Hand tastete über das schweißnasse Hemd und suchte die vertraute, harte Form der Pistole. So ein Griff hatte schon etwas sehr Beruhigendes …
Wieder nahm er einen tiefen Zug, um den Rauch zornig gegen die Schwärme winziger Fliegen anzublasen. Es konnte ja nicht weit sein. Aber die Sonne war nirgends zu sehen, und die Dunkelheit nahm zu.
Er sah auf seine Uhr: sieben, verdammt … Und all die Scheiß-Blätter, die Lianen, das ganze Schlingzeug überall, um dich und über dir, und unter dir ein Knistern, so als tue sich auch da etwas, im Boden, über deinem Kopf, rechts, links – Ameisen, Viechzeug, Skorpione, Würmer, Raupen … Die Insekten werden lauter und lauter, ein sonores, summendes, ständiges Vibrieren, ein Schaben und Aneinanderreiben, ein einziger gedämpfter Teufelslärm, und er könnte dich glatt fertigmachen, wenn du ihn nicht schon einmal erlebt hättest.
Der Tunnel aber führte geradeaus weiter.
Laß ihn mal für heute …
Was du jetzt brauchst, sind zwei Bäume. Und möglichst solche ohne Scheiß-Termiten.
Er hob den Matchsack mit der Hängematte hoch. Darin steckten zwei Rollen Kekse, die Schokoladenriegel, Kaugummi und Drops. Mußten reichen … Auf dem Boden kannst du das Zeug nicht lassen, häng alles im Plastikbeutel an die Hängematte, sonst ist es bis morgen weggefressen und weggeschissen.
Und etwas zum Trinken?
Na, Wasser findest du auch. Hier gibt's doch überall Wasser. Wasser gibt's heute nacht, wenn der Regen runterkommt … Was noch? Sprich dein Gebet, du Arsch, und steig in die Matte …
Sie saßen zu dritt auf der Vorderbank des alten Toyota-Jeeps. Dan steuerte, Maya erzählte. In kurzen, hastigen Sätzen stellte sie die Situation dar, die sie in Taong angetroffen hatte.
Rick versuchte zu resümieren.
Es ging nicht mehr um die Station allein. Auch das eigentliche Projekt, die Aufdeckung der Wilderer-Mafia, die gnadenlos die letzten malaiischen Tiger jagte und mit der chinesischen Untergrund-Pharmazie ihre Geschäfte machte, trat in den Hintergrund. Nun stand die Existenz des Tenenga-Parks selbst auf dem Spiel.
»Ich wollte dir die ganze Geschichte am Telefon erklären, Rick. Aber es war einfach zu kompliziert. Und außerdem hatte ich Angst, daß das Gespräch am Funktelefon mitgehört werden könnte.«
Und während sie weitersprach, ging ihm auf, daß sie mit dieser Sorge durchaus recht haben könnte. Er kannte sowohl die Mentalität, die Möglichkeiten wie auch die Raubritter-Methoden der Holzindustrie.
»Aber schließlich ist die Unversehrbarkeit von Tenenga durch die Stiftung garantiert, oder nicht?«
»Natürlich. Dieses Stiftungsrecht ist sogar von der Zentral-Regierung anerkannt und abgesegnet worden«, sagte Maya. »Aber leider stimmt auch, daß der Schutz des Regenwalds, der Artenschutz und selbst der Schutz der Tiger für diese technikbesessenen Holzköpfe hier eher ein Entwicklungshindernis darstellt … Zwar sind sie mit Sultanats-Rechten in KL immer verdammt vorsichtig umgegangen. Und sie haben auch allen Grund dazu. Sie wissen genau, wenn sich ein Sultan an die Öffentlichkeit wendet, gibt es einen Aufstand. So nennen sie das so hübsch den ›sensiblen föderativen Bereich‹ und spielen mit verdeckten Karten.«
»Trotzdem, wieso können die Taiwanesen sich soviel herausnehmen? Daß sie sogar im Tenenga-Gebiet Straßen zum Holztransport bauen?«
»Wieso, wieso! Für sie ist Jorak doch der letzte echte Hinterwäldler-Staat Malaysias. Und so denkt auch die Regierung. Also muß Jorak auf
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