Im Auftrag des Tigers
USA und in Großbritannien beobachtet worden, wo er vermutlich mit der Durchführung irgendwelcher schmutziger Aufträge dieses sonderbaren Chinesen beschäftigt war.
Dieses sonderbaren Chinesen?
Als Rick Martin vor einem Jahr Bernie Sounders Bericht zum ersten Mal in den Händen hielt, hatte er unter der Code-Bezeichnung ›Der Chinese‹ eine neue Akte für die Sicherheits-Kartei anlegen lassen. Bisher blieb sie leer.
Und Maya kannte ihn persönlich?!
Er wollte sie fragen, ob sie bei irgendeiner Gelegenheit auf den Namen J.P. Bernier gestoßen sei, doch Maya beugte sich nach vom und hob den Arm: »Sieh mal …«
Er sah eine von Hügeln umschlossene Stadt. Ein Fluß wand sich durch das Tal. Über den Dächern erhob sich die Kuppel einer Moschee.
»Hier, das ist meine Heimat«, sagte sie. »Willkommen in Kualang!«
Rick Martins Hand tastete über das zerknüllte, feuchte Laken des Betts. Als von draußen der langgezogene, klagende Ruf des Muezzins hereindrang, glaubte er ein paar Herzschläge lang, er sei irgendwo in Arabien gestrandet.
Doch die türkisfarbene Seidenbluse dort über dem Sessel paßte nicht zu Arabien. Und auch nicht das wilde, rotbraune Blumenmuster der Zimmer-Sessel.
Er richtete sich auf, wußte nun, zu wem die Bluse gehörte, wußte, wo er war, wußte auch, was in dieser Nacht geschehen war. Er lächelte erfüllt von einer Art infantilen, glücklichen Dankbarkeit, und rieb sich die Augen.
Gut, er fühlte sich zerschlagen, und das lag nicht allein am Flug. Erschöpft hatte ihn vor allem das, was in diesem kleinen, komischen Malaien-Hotel geschehen war, in das Maya ihn geführt hatte, und es war so gewaltig gewesen, so unglaublich schön, daß die Erinnerung sich weigerte, es zu reproduzieren.
Und vielleicht ist das irgendwie ganz gut so, dachte Rick, während er die Beine über die Bettkante schwang und mechanisch begann, seine Narbe zu massieren, denn wenn wir uns zu genau daran erinnern könnten, an die ganze Intensivität, an all das Glück, an all die Lust, vielleicht hätten wir dann nichts anderes im Sinn, als uns ausschließlich nur damit zu beschäftigen …
Aber Maya? Welch eine Frau … Frau? … Eine Art Göttin. Eine richtiggehende orientalische Liebesgöttin …
Na herrlich. Er fuhr sich durchs Haar. Mach nur so weiter! Stell sie ganz hoch oben auf den Altar, du wirst schon sehen, wo du landest …
Verzweifelt versuchte er, sich irgendetwas Vernünftiges einfallen zu lassen: das Programm des heutigen Tages zum Beispiel. Aber alles blieb wie ausgelöscht.
So ging er zum Fenster, stieß die Läden auf und blickte in eine dunkle, schattige Gasse, Handwerker waren dabei, ihre Geräte, Hocker und Arbeitstischchen auf die Bürgersteige zu stellen. Lieferwagen drängten sich hupend durch ein Durcheinander von dunklen Köpfen und farbigen Schultern. Und über den Dächern spannte sich ein blauer, blankgeputzter Highland-Himmel, in den ein einziger, riesiger Wolkenturm hinaufwuchs.
Es war noch angenehm kühl. Er sah auf seine Uhr: zehn nach neun.
Wo steckte die Dame?
Er ging zur Dusche, und gerade als er den geblümten Plastikvorhang zurückzog, öffnete sich die Tür.
Da stand sie. Frisch gebügeltes Hemd. Frisch gebügelte Shorts. Das Ganze wie aus dem Ei gepellt.
»Eilig hast du's ja nicht heute morgen! Falls es dich interessiert: Dein Kaffee wartet im Hotel-Garten. Dan und ich übrigens auch.«
»Wieso der Streß?«
»Die alte Schicksalsfrage, nicht?« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn auf die Nase. »Armer Rick … Sieh mich nicht so an … Du kannst dich auf der Station ausschlafen, solange du willst, hier aber haben wir noch einiges zu erledigen. Und bis hinauf nach Taong brauchen wir mindestens sechs Stunden.«
»Sonst fällt dir nichts ein? Hast du mir wirklich nichts anderes zu sagen?«
»Viel. Sehr viel.«
Ihre Augen wurden zärtlich, sie hob den Arm und fuhr ihm leicht mit dem Zeigefinger über die Stirn: »Zuviel … Eigentlich, wenn ich mir's überlege, lauter Dinge, die man gar nicht sagen sollte. Schließlich bist du mein Chef … Wo komme ich denn hin, wenn ich dich auch noch als Liebhaber bewundere?«
»Komisch, so etwas Ähnliches hab' ich gerade auch gedacht.«
Er trocknete sich ab, warf das Handtuch weg und betrachtete sie. »Das also sind die ergebenen, passiven, anschmiegsamen, demütigen, liebevollen indischen Frauen? Wenn mir das einer vorausgesagt hätte …«
»Schlimm, nicht wahr? Aber ich versuche nun mal mein indisches
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