Im Auftrag des Tigers
Erbe zu bekämpfen.«
»Gratuliere zum Erfolg«, sagte er.
Eine halbe Stunde später bereits saß er wieder, eingeklemmt zwischen ihr und Carpenter, auf der Vorderbank des Toyota.
Während sich Dan Carpenter wild hupend einen Weg durch das Zentrum von Kualang bahnte, hielt Maya wie ein glücklich in sich versunkenes Kind ihre neue Kamera im Schoß, streichelte sie, hob sie wieder hoch, schüttelte den Kopf: »Das ist vielleicht ein Baby … Mit der hätte ich mir eine Menge Ärger ersparen können.«
Sie hielt die Kamera in der rechten Hand aus dem Wagen und drückte auf den Auslöser. Sie war so klein, daß sie fast in ihrer Hand verschwand.
Rick Martin grinste, überlegte und verzichtete dann doch darauf, über die ungewöhnlichen Begleitumstände zu berichten, unter denen ihm Phil Mennings dieses ›Baby‹ hatte zukommen lassen. Warum auch? Maya hatte Sorgen genug …
Sie überquerten eine Brücke, fuhren eine Weile an einem Fluß entlang, an dessen Ufer sich ein langgezogener, blumengeschmückter Park erstreckte; dann ging es in einer langen Kurve den Hang zum Sultans-Palast hinauf.
»Dein Prinz scheint ein Frühaufsteher zu sein.«
»Wundert mich auch … Und soll ich euch sagen, was er ins Telefon gebrüllt hat: ›Komm sofort! Ich will dich sofort sehen!‹ … Er schien völlig aus dem Häuschen.«
»Und wieso?«
»Wie soll ich das wissen? Damals, im Raffles-College, wenn ihm nicht gerade eine seiner Verrücktheiten einfiel, gehörte er zu den verschlafensten Transusen. Aber schließlich: Auch für ihn sind die Jahre vergangen. Vielleicht bringen es Prinzen fertig, sich weiterzuentwickeln …«
Die Straße wurde enger und führte nun durch eine hohe Zypressen-Allee. Sie endete vor einem geschwungenen, schmiedeeisernen, mit goldenen Spitzen versehenen Tor.
Aus dem Wachthaus trat ein Mann, dessen Aufmachung Rick Martin an ein Musical oder an einen der alten Hollywood-Kostüm-Schinken erinnerte, für die er sich in seiner Jugend begeistert hatte. Zu einem violetten Turban trug er eine Art rote, goldverschnürte Husaren-Jacke, darunter einen rosafarbenen Sarong. Nur die abgewetzten Laufschuhe wollten nicht so recht zu der prächtigen Aufmachung passen.
Der Mann schob das Tor auf, hörte sich an, was Maya sagte, griff in seinen Husaren-Wams – und holte ein hochmodernes Handy hervor.
»Bitte«, sagte er. »Sie kennen den Weg, hohe Frau?«
»Nicht mehr. Ich war schon lange nicht mehr hier.«
»Oh, macht nichts …«
Er bellte ein paar Worte in sein Telefon, und ein Junge in weißer Livree kam angestürmt, sprang auf die hintere Stoßstange des Landrovers, um den Weg zu weisen.
Azaleen-Büsche, Indien-Rosen – sie fuhren durch einen herrlichen Park, erreichten ein Rondell, auch hier Blumenrabatte und ein Rasen, grün wie der eines englischen Nobel-Golfplatzes … nur die gewaltige Fassade des Palastgebäudes darüber fiel ein wenig aus dem Rahmen: Die geschwungenen Kanten der Portale waren abgebrochen, auch die Säulen-Kapitelle schienen dringend reparaturbedürftig, am Westflügel zeigten sich Risse, die hölzernen Fensterläden hätten dringend einen neuen Anstrich gebraucht. Wohlfühlen konnte man sich anscheinend noch immer im Palast der Sultane von Jorak, denn aus den offenstehenden Fenstern kamen die Klänge von Musik.
»Vielleicht ist er gar nicht hier.«
»Wer?«
»Abdullah, der Chef des Hause«, erklärte Maya. »Er haßt den Palast. Ganz Jorak ging ihm schon früher auf den Geist. Abdullah verbrachte mehr Zeit an der Cote d'Azur als hier.«
»Left hand!« schrie der kleine Junge.
›Left hand‹, links, wuchsen Eukalyptus- und Pfefferbäume, spielten mit Schatten und Sonnenstrahlen. Sie fuhren an ihnen vorbei und waren am Ziel. Der Junge sprang vom Toyota herunter und rannte auf einen flachen, weißgestrichenen Holzbau zu, dessen Terrasse von einem Vordach geschützt wurde.
»Auch dein Wahid hat sich vom Palast abgesetzt«, meinte Rick.
»Vielleicht hatte er Grund dazu. Wir werden ja sehen …«
»Er ist kein übler Bursche«, sagte Dan und stoppte den Landrover in respektvollem Abstand zu dem alten englischen Triumph-Sportwagen, der auf dem Platz vor dem Bungalow stand. Die Motorhaube war aufgeklappt, das rechte Rad abmontiert.
»Der Prinz war zweimal oben in Taong«, fuhr Dan fort. »Sah sich um, tat ziemlich entsetzt und hat alles mögliche versprochen. Geändert hat sich nichts, oder nicht viel … Vielleicht konnte er …«
Maya stieß einen leisen, lachenden Laut aus.
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