Im Auftrag des Tigers
dort machten sie sie dann fest.
Tara und die anderen hatten das Essen ausgeladen. Als Rick keuchend, aber von dem kühlen, klaren Wasser erfrischt zurückkam, brannte bereits das Feuer hinter einer Buschreihe. Reis wurde in Töpfen warmgemacht, Pa-Telo und Tara bereiteten mit ihren Messern geschickt die gesalzenen Fische für das Abendessen vor.
»Hunger, Tuan? Essen!«
»Später«, sagte Rick. »Wir gehen schwimmen.«
Die Senois lachten. War nicht so einfach, sich daran zu gewöhnen. Auch während der Fahrt war es das gleiche gewesen: ein ewiges Nicken, Lächeln, Lachen. Die Bereitschaft, den anderen nicht nur sympathisch zu finden, sondern ihm das auch zu beweisen. Selbst wenn die Situation gefährlich wurde, reichten ein paar Sekunden der Konzentration und dann wurde schon wieder gelacht.
Und er lachte zurück. Er mochte sie. Und wie er sie mochte …
Maya hatte sich den Sarong um die Hüfte festgeschlungen.
Sie stand im Wasser. Von dem Tuch sah man nichts als den rotorangen Streifen um ihre Hüfte. Ihr nackter Oberkörper schimmerte wie der einer polierten Statue. Und das machte die Männer nun doch ernst. Sie waren an die Nacktheit ihrer Frauen gewöhnt, nun aber zeigten sie eine tiefe, schweigende Bewunderung.
Auch Rick hatte keinen Fetzen am Leib. So wie er war, lief er zum Ufer. Seine Muskeln funktionierten, er hatte die Beine, die ein Mann brauchte, da war ein Stein, er kletterte hoch, federte ab, sprang und tauchte, schwamm ihr entgegen, sah im klaren Wasser den hellen Umriß ihres Körpers, durchbrach die Wasseroberfläche, tauchte in die kühle, gründurchflossene Wasserwelt und küßte sie.
Sie ließen sich treiben. Und küßten sich immer wieder. Und er dachte, Gott mußte bei einer ähnlichen Gelegenheit der Gedanke gekommen sein, zu Beginn der Erschaffung der Welt ein Paradies miteinzubauen …
Sie hatten gegessen, Rick hatte sich anschließend rasiert. Die grüne, flüssige Schmiere, die Pa-Telo nach dem Bad im Fluß unter geheimnisvollem Murmeln auf die Blasen an seinen Händen, die Stiche und die anderen kleinen, aber unangenehm juckenden Verletzungen aufgetragen hatte, half tatsächlich.
»Du bist schon ein großer Medizinmann, Pa-Telo. In London könntest du mit dem Zeug ein Vermögen verdienen.«
Pa-Telo blickte fragend.
»London kannst du vergessen«, sagte Maya. »Er weiß nicht, wo es liegt … Aber daß du ihn für einen großen Dayung hältst, gefällt ihm sicher.«
Maya übersetzte und dann sah Pa-Telo ihn an. Es war ein Blick, wie ihn Rick noch nie erfahren hatte: Die schwarzen Pupillen schienen in Öl zu schwimmen und das ganze Auge auszufüllen. Die Augen selbst lagen tief in ihren Höhlen, eingebettet in eine Unzahl kreuzförmiger Fältchen. Was immer der Blick sagen wollte, was immer er ausdrückte, es war ein Blick aus einer anderen Zeit, und er senkte sich auf den Grund seiner Seele.
Pa-Telo sprach etwas. Sehr leise. Auch Maya neigte sich zu diesem schwärzlichen, hageren Waldgesicht, um die Worte zu verstehen.
»Ich bin kein großer Dayung«, sagte Pa-Telo. »Aber mein Vater war ein großer Dayung. Und mein Vater-Vater … Und der Vater zuvor … Und nun, nun verlassen die Geister den Wald.«
Er stand auf. Er lauschte. Da war etwas, das das Plätschern des Flusses auf die leisen Stimmen der Männer am Feuer überlagerte. Es war dunkel und drohend. Es war der Klang eines schweren Motors.
Die Hälfte des Flusses lag noch immer wie in einen rosafarbenen Nebel in den Abglanz des Sonnenuntergangs getaucht.
Das Motorengeräusch kam näher.
Die Männer warfen Steine, Erde und Sand über das Feuer. Maya ergriff Ricks Hand und zerrte ihn hinter einen Busch.
Nur Pa-Telo blieb stehen, mit hängenden Armen, wie versunken. Und erst, als das Boot um die Flußbiegung schoß, setzte er sich neben sie nieder.
Ein Einbaum. Und nicht mal sehr groß. Aber zum Teufel, was für ein Motor hing da dran? Das Ding schoß heran wie ein Torpedo, verursachte eine riesige Bugwelle, Gischt spritzte auf. Im Boot waren die gekrümmten Körper von zwei Männern zu erkennen. Chinesen. Einer hielt den Außenborder, der andere hatte sein Gewehr quer im Schoß.
»Was sind das für Burschen?«
»Company-Leute«, sagte Maya. »United-Typen. Was sonst?«
»Und was wollen die hier?«
»Was weiß ich? Sie müssen das Boot oberhalb des Wasserfalls liegen haben. Es wäre eine gute Jagdzeit. Aber um abends zu jagen, sind die zu feige. Vielleicht machen sie so etwas wie eine Inspektions-Fahrt
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