Im Auftrag des Tigers
Bildung einer Special Tasc Force begründete. Was die terroristischen Hintergründe anging, hatte man wohl eher vorausschauend und abschreckend geplant. Welcher Wahnsinnige würde in dem Polizei-Staat Singapur schon als Terrorist agieren? Die wenigen, die es versucht hatten, waren im Handumdrehen gefaßt worden. Die Politik wiederum? … Nun, in die Geheimdienst-Arbeit der Internal Security wurde die Tasc Force nicht miteinbezogen. Außerdem, Politik ist ein so weiter Begriff, formlos wie Sago, dehnbar wie Gummi. Politik, das konnte ein Haufen Jugendlicher sein, die fehlgeleitet vom Beispiel westlicher, die Werte aufweichender Dekadenz an irgendeinem der Singapurer U-Bahn-Stationen ein Rock-Gitarren-Konzert improvisierten, unflätige Texte sangen und dazu noch, Gipfel der Provokation, kollektiv Zigarettenkippen wegschmissen. Politik, das war auch der ganze Ärger mit den malaiischen, chinesischen oder indonesischen Schwarzarbeitern, armseliges Gesindel, von irgendwelchen Schleppern in den Stadtstaat gebracht, Leute, ohne die man zwar nicht leben konnte, die man aber auch nicht richtig bezahlen wollte und die dann mit ihren Lumpen und ihrem Verhalten immer wieder bei Touristen oder anderen Besuchern unliebsames Aufsehen erregten. Politik … der Versuch irgendwelcher illegaler Gewerkschaften, das Arbeitsrecht agitatorisch auszubeuten. Der Ärger mit den Raubkopien. Alles, was bei der Verfolgung von Ausländern, die wegen Drogen-Delikten überführt wurden, passierte. Schließlich: die Aufklärung des ausländischen Drogenhandels, eine zentrale Aufgabe! Auch sie fiel in den Dienstbereich der Special Tasc Force und war wegen der unglaublichen Sensibilität der westlichen Medien, wegen des immer wieder gewaltigen und negativen Presse-Rummels im westlichen Ausland in hohem Maße ›politisch‹. Welche Dramatisierungen. Welch groteskes Geheul, als Anfang Mai eine junge Holländerin am Galgen für ihren Kokain-Import büßte. Und dann erst noch der Amerikaner, dessen Verurteilung drei Monate später im Changi-Gefängnis vollstreckt worden war. Da sich selbst US-Präsident Clinton eingeschaltet hatte, konnte man wirklich von einem Politikum sprechen.
»Was soll das? Tut es einem Chinesen, Malaien oder Inder nicht genauso weh, wenn man ihn hängt?«, hatte sich Kang Yü Seng, der Superintendent und Chef der Tasc Force erregt. »Glauben die, wir wären anders gebaut?«
Auch heute morgen waren es wieder zwei Ausländer gewesen, die am Flughafen unter dem Verdacht des Heroin-Schmuggels festgenommen wurden. Sie hatten das junge südafrikanische Pärchen aus der Quantas-Maschine herausholen müssen, wobei es sich schreiend wehrte und sogar eine Auseinandersetzung mit anderen westlichen Passagieren provozierte …
Es gab noch andere politische Fälle, deren Definierung diffus wirkte. Ihr Charakter wurde nicht durch Vorschriften, sondern durch die Präsidentschaft, das Innenministerium oder jene Persönlichkeiten bestimmt, die Einsicht in die Sicherheitszusammenhänge hatten.
Die Geschichte heute nacht zum Beispiel. Diese verrückte Sache mit dem Einbruch auf dem Sampan, in dem irgendeiner der Hafen-Mogule, ein Mann mit dem Spitznamen ›Rabenkopf‹ vom Kantonesen-Gang Tiger-Produkte aufbewahrt hatte. Natürlich wußte die Tasc Force Bescheid. Aber da war die Anweisung des Superintendenten, den Mann in Ruhe zu lassen. Einstweilen … Dafür hatten sich andere um ihn gekümmert. Und nun war der Teufel los …
»Sergeant Kuo!«
»Ja, Inspektor.«
»Was ist mit dem Sampan-Fall?«
»Ich sagte doch, wir sind beim Verhör.«
»Wer?«
»Hsi Pei und ich.«
»Dann kommt mal rauf. Und bringt den Burschen gleich mit.«
»Sie sind das also …« Inspektor Chong lehnte sich zurück. Die Lider waren halb geschlossen. In den schmalen Spalten, die sie freigaben, wirkten die Augen wie schwarze Lacksplitter: »Mr. Tan Ling, nicht wahr?«
Der Gefangene blieb stumm.
»Haben Sie Ihren Namen vergessen? Wieso antworten Sie nicht?«
»Ja. Ich heiße Tan Ling.«
Tans helle Baumwollhose hing an der Hüfte und warf Falten. Sie hatten ihm den Gürtel abgenommen.
»Und?« wandte sich Chong an einen der beiden Sergeanten, die, die Arme im Rücken gekreuzt, neben dem schmalen, blassen, erschöpften Mann standen. Hsi Pei war dick und untersetzt und hatte ein rundes, glänzendes Gesicht, der andere Sergeant, Will Kuo, war ein Ein-Meter-achtzig-Schrank mit Pockennarbengesicht und durchtrainierten Muskelwülsten. Kuo war Jahres-Bester in den
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