Im Auftrag des Tigers
wohl, J.P. sag's du mir!«
J.P. warf einen letzten Blick hinauf zu dem Bild, betrachtete noch einmal den Mann mit dem Zopf.
Großvater Wang hatte den rechten Fuß wie ein Feldherr auf die Radhalterung eines hölzernen Schubkarrens gestellt. Vor ihm lagen die Traghölzer mit den geflochtenen Körben, mit denen seit Jahrtausenden die Chinesen das Bild der Erde veränderten – Mauern auftürmten, Paläste bauten, Festungen, Straßen und Kanäle von Tausenden von Kilometern Länge. Oder eine kleine Straße zum Beispiel, die von der kleinen malaiischen Provinzstadt Ipoh im Sultanat Perak in den Dschungel führte, wo man dann im Jahre 1884 im Kinta-Tal das Zinn entdeckt hatte, das schließlich auch Wang Fus Reichtum begründete …
»Willst du nicht vielleicht das Honiggebäck versuchen?« fragte Philip Wang seinen Gast Harry Feng im Chefbüro. »Eine meiner Nichten hat es gebacken. Es ist köstlich, wirklich.«
»Danke.«
»Tee? Kaffee?«
»Laß uns besser an die Arbeit gehen.«
Die Arbeit nannten die beiden Herren ›engineering‹. Und was sie vorhatten, war ja auch durchaus zu vergleichen mit einem Präzisions-Design. Harry Tsi Feng hatte den Deal ersonnen. Mit seinen unerschöpflichen Kapitalreserven würde er auch den größeren Teil des Treibstoffs liefern, denn der Wang-Fu-Konzern war bei dem anhaltenden Bau-Boom in den letzten sieben Monaten zu sehr expandiert. Die Realisierung des Plans aber lag fest in den Händen der East Coast Industries …
An sich bot die Ausgangslage optimale Perspektiven für ein gutes und sicheres Geschäft: Die United Wood, Taiwan galt zu Recht als eines der mächtigsten Unternehmen auf ihrem Gebiet: Holzeinschlag, Holz Verarbeitung, vor allem aber Ex- und Import von Holz. Der Bedarf der Taiwanesen und Japaner an wertvollem Bauholz, vor allem Teak, blieb unerschöpflich. Und wenn es um die erforderlichen Einschlag-Lizenzen in den letzten noch unberührten Regenwäldern Javas, Borneos und Malaysias ging, hatten die Taiwaner auch gegenüber den mächtigen koreanischen, kanadischen und US-Konkurrenten noch stets die Nase vorn gehabt. Wie in so vielen anderen Wirtschaftsbereichen der Region teilten auch im Holzgeschäft die Chinesen die Karten aus. Man blieb unter sich.
Ach, das Meranti, dieses edle, rötlich-glatte Furnierholz, der starke Balau-Baum, der Lauan, der Merbau und wie die Tropenhölzer noch alle hießen! Die Kompanien holten sich alles. Allein die Japaner schon schienen als Kunden unersättlich, bestellten auf Teufel komm raus, importierten jährlich siebenundvierzig Millionen Kubikmeter. Philip hatte es bei einer Firmen-Konferenz seinen Leuten vorgetragen. Selbst Edelhölzer zerschnitzelten die Japaner in ihrem Holz-Hunger zu Papierfabrikaten, diese Rattenkönige, Stäbchen-Akrobaten, Schachtel-Fetischisten.
Aber sie brachten Kapital, Know how, Joint venture – und darauf kam's an.
Bald arbeiteten die Kompanien mit Hochleistungstechnik, schafften beim Waldroden vierundzwanzig Quadratkilometer am Tag. Ein Weltrekord! Holz wurde zu Autos, zu Schiffen, zu Hochgeschwindigkeits-Zügen. Holz wurde zu Glasfaser-Verbindungen, Eisschränken, Fernsehgeräten, ja, sogar zu Flugzeugen. Denn auch die werden in Malaysia schon gebaut.
Ein Traumgeschäft!
Und dann die EG …
Allein die Schweiz brachte es noch vor ein paar Jahren auf achtzigtausend Kubikmeter Edelholz-Importe …
Doch dann fielen die Bestellungen plötzlich ab. Der Wind blies der Konjunktur ins Gesicht. Selbst Japan reduzierte die Importe. Die Schuld daran? Der Westen natürlich mit seiner Umwelt-Hysterie … ›Radikaler Raubbau‹, protestierten sie. ›Klima- und Naturschänder‹.
Konferenzen wurden einberufen, UN-Resolutionen gefaßt, Sanktionen angedroht. Umsonst tobte der malaiische Präsident über die ›scheinheilige Doppelzüngigkeit‹ der westlichen Industrie-Staaten, warf ihnen vor, mit ihrem Energieverbrauch selbst an der Klimazerstörung mitzuwirken und nur die Wirtschaftsentwicklung der jungen asiatischen Völker knebeln zu wollen. – Es half nichts. Der Umsatz sank, die Unsicherheit stieg. Und nun drohten selbst im waldreichen Malaysia Umweltauflagen gegen das Logging, obwohl die Regierung doch schnellstens ein Wiederaufforstungs-Programm entworfen hatte.
»Hast du den letzten Artikel in der New Straits Time gelesen, Harry?«
»Das überlasse ich dir, Philip. Interessiert mich auch nicht. Ich lese Zahlen, keine Artikel.«
»Na gut. Er war aber positiv. Das United-Problem wurde
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