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Im Auftrag des Tigers

Im Auftrag des Tigers

Titel: Im Auftrag des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gewährleistete ein größerer Schuppen natürlich auch die größere Anonymität für einen selber.
    Er ging zur Dusche, drehte sie auf und prüfte die Warm- und Kalt-Abstimmung. Als letztes streifte er sich dann die leichten Baumwoll-Shorts vom Leib. Jedesmal fühlte er dabei dieses kleine Stocken, eine Hemmung, die nicht zu bekämpfen war, so lachhaft das sein mochte. Dieses Mal ging er sogar zurück zum Spiegel. Zunächst vermied er den Blick auf die Stelle zwischen seinen Beinen. Hinzusehen brachte nichts. Und hinzusehen und daran auch noch herumzufingern, das war so ziemlich das Dämlichste. Es war, wie es war …
    Und dann sah er doch hin, um den ewig selben, prickelnden Horror zu fühlen, der vom Becken durch das Rückgrat hoch zum Kopf stieg.
    Ja, dachte er, es ist wie es ist. Und im Grunde bleibt es eine Frage der Perspektive. Was hatte diese kleine russische Hure damals gesagt? Und wie war noch ihr Name? Ludmilla, richtig … Vor sieben Monaten war das gewesen, in Johor. Damals landeten ganze Flugzeuglandungen von Russen-Nutten in Singapur und Malaysia. J.P. hatte sich eines dieser Mädchen herausgepickt, um sie für den Mandarin abzuzweigen. Er war mit ihr auf ihr Zimmer gegangen, um mit ihr zu verhandeln. Natürlich hatte sie das in den falschen Kanal bekommen. Aber schließlich war er auch ein wenig neugierig darauf, was Russinnen so bringen …
    Diese Ludmilla hatte sich ausgezogen und siehe da, sie brachte eine Menge: Ihre Figur war geradezu fantastisch. Er hatte auf dem Bett gesessen, in Shorts, und ehe er es verhindern konnte, hatte sie ihm zwischen die Beine gefaßt und dann die Hand zurückgerissen, als wäre sie an ein elektrisches Kabel geraten.
    »Das, was ist denn das?«
    Was antwortet man auf eine solche Frage?
    »Was hast du denn da unten? Ein Steinchen?«
    Er hatte ihr eine gescheuert, daß sie durchs Zimmer flog. Und anschließend hatte er ihr ein Glas mit Whisky vollgekippt, weil er sich nicht besonders gut dabei fühlte. Frauen prügeln war nicht so sein Fall. Und wie sie da so hockte, heulte und ihn aus diesem blaugeschlagenen Auge furchtsam anstarrte, tat sie ihm sogar leid.
    Er hatte ihr die Vietnam-Geschichte erzählt.
    »Ach so?« Ludmilla hatte ihn angesehen: »Dann war das wohl ein Schuß ins Schwarze?«
    »Das war kein Schuß ins Schwarze«, hatte er geantwortet, während er wie jetzt seine Narben und diese schlimme Pfuscharbeit betrachtete, die ihm die amerikanischen Feldärzte im Hospital von Saigon angetan hatten: »Das ist wie wenn du in ein Loch gestoßen wirst. In ein bodenloses, schwarzes Loch …«
    Sechs Kilometer hinter dem Flugplatz war es mit Malaysia-Vision 2020 zu Ende: Drei rote Warnschilder, ein Sperrgitter – und die vierspurige Autobahn endete in einer schmalen, kurvenreichen, von Schlaglöchern zerfressenen Landstraße.
    Maya kannte sie. Wie oft war sie sie gefahren, diese Strecke, die hinauf nach Taong führte, die einzige Verbindung Kualangs mit dem Wald und der Station.
    Der Uralt-Landrover klapperte gutmütig vor sich hin, Onkel Achmed saß am Steuer und sang aus vollem Hals das Lied von dem Caféhaus-Mädchen, das alle Männer betörte und keinen küssen wollte, die Bäume warfen noch lange Schatten und die dünnen Nebel, die von den Bergen herabströmten, hüllten Land, Felder und Horizont in einen geheimnisvollen, opalfarbenen Glanz.
    Maya streckte sich. Der feuchte Wind streichelte ihr Gesicht. Sie war müde, denn sie hatte die Nacht in einer kleinen malaiischen Pension hinter dem Bazar verbracht, und diese Majong-Spieler hatten sie nicht schlafen lassen. Sie schrien bis um drei. Doch eines war sicher: Niemand kannte sie. Und darauf kam es ihr an …
    »Sultans-Land!« Achmed hob die Hand und wies hinaus.
    Maya nickte. Reihen schlanker Palmstämme schimmerten rötlich-feucht im bläulichen Nebel. Palmöl-Plantagen. Dann wieder Land. Wasserbüffel vor Pflügen und Karren. Und Frauen und Mädchen. In ihren farbigen Kleidern und Sarongs schritten sie daher wie Wesen aus einer anderen Welt.
    Nach zwei Stunden verließen sie das Tal, überquerten auf der alten Hängebrücke, die noch die englische Kolonial-Verwaltung gebaut hatte, den Fluß und fuhren den Hang hinauf. Die Sonne brach durch, und die Hitze wurde lastend. Am Straßenrand wurden Tee und Melonen angeboten. Ab und zu kam ihnen ein Bus oder ein Lastwagen entgegen, was jedesmal komplizierte Ausweichmanöver erforderte. Personenwagen sah man kaum. Die Bewohner der kleinen Dörfer oder der

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