Im Bann der Dämonin
das wusste Brandon.
„Ihr könnt ja machen, was ihr für nötig haltet. Aber ich gehe da rein. Und zwar jetzt.“
„Warte!“ Arielle streckte die Hand nach ihm aus. „Du kannst dich nicht schutzlos einem Haufen Dämonen aussetzen. Sie werden dir alle Glieder ausreißen und dich bei lebendigem Leibe verbrennen, so wie diesen Menschen. Außerdem verdient es dieser Mann nicht, gerettet zu werden.“
„Wir können ihn nicht einfach seinem Schicksal überlassen“, argumentierte Brandon und sah Arielle scharf an. „Folter ist niemals gerechtfertigt.“
Damit drehte er sich um und konzentrierte sich auf das, was er gleich tun würde. Wahrscheinlich würde er dabei umkommen.
Jetzt packte Infusino ihn am Arm, um ihn zurückzuhalten.
Doch Brandon machte sich los und lief auf die Tür der Fab- rik zu – seinem sicheren Tod entgegen.
Eine einzelne Feder kam in Lucianas Blickfeld. In dem Moment, als sie sie durch die Fabrikhalle schweben sah, wurde sie ein wenig melancholisch. Corbin wird sich den Engel holen, das wusste sie. Und das war das Ende.
Wie kann er mich nur gefunden haben?
Wieder öffneten sich die schweren Eisentüren, und alle Türhüter wendeten sich um. Die Gegenwart des Engels zog die Blicke magisch an.
Brandon betrat die Fabrikhalle und die Plattform. Er sah himmlisch aus. Die Tätowierungen auf seinen muskulösen Armen glänzten in der Hitze. Er war umgeben von Licht, das jede Oberfläche erleuchtete. Selbst die Feuer in den Öfen bildeten im Vergleich zu ihm nur einen schwachen Kontrast. Als Luciana den Blick auf ihn richtete, sah sie, dass auch seine Augen glühten. Schillernd. Eindringlich. Stark.
Aber er war allein gekommen.
Da wusste sie, dass alles verloren war.
So stark er auch sein mochte, ein einzelner Engel hatte gegen eine Horde Dämonen nichts auszurichten. Hier konnte er nicht gewinnen. Nicht einmal fliehen konnte er. Doch Brandon selbst schien das nicht zu wissen. Er stand da mit seinen breiten Schultern und strahlte ein unerschütterliches Selbstbewusstsein aus – wie bei ihrer allerersten Begegnung mit ihm.
„Aufhören!“, rief der Schutzengel jetzt mit donnernder Stimme.
Augenblicklich setzte alle Geschäftigkeit in der Fabrik aus.
Ruhe kehrte ein. Nur das Feuer in den Öfen knisterte und loderte weiter.
Brandon ging die Metalltreppe hinunter, und jeder seiner Schritte hallte in dem großen Raum wider.
Die Dämonen standen immer noch wie gelähmt da und beobachteten ihn. Doch nur einen Moment später erlangten sie ihre Fassung wieder. Sie bildeten einen Kreis um ihn. Ihre Brenneisen glühten mit Höllenfeuer, während sie sich immerdichter um ihn scharten. Doch keiner von ihnen wagte es, ihn zu berühren.
Mit entschlossenen Schritten ging der Schutzengel auf Jude zu und löste seine Fesseln.
Dann warf er sich seinen Mörder über die Schulter. Und schritt würdevoll zurück zur Treppe.
Da trat Corbin ihm in den Weg. „Du glaubst wohl, du könntest hier hereinspazieren und mitnehmen, was uns gehört? Massimo, kümmere dich um den Eindringling!“
Der Erzdämon schnippte mit den Fingern. Fast lautlos trat Massimo vor.
Er hatte eine Spritze in der Hand. In seinen Augen brannte Rache.
Luciana erkannte diese Spritze. Sie selbst hatte sie Massimo übergeben mit den Worten: Ich vertraue sie dir an.
„Wenn das das Ende ist, dann soll es so sein. Ich bereue nichts. Ich werde nicht vor dem Bösen davonlaufen.“ Brandon stand stark und unbeugsam vor dem Erzdämon.
Doch Massimo machte keinerlei Anstalten, dem Engel die Spritze zu verabreichen.
Stattdessen riss er blitzschnell den Arm nach oben und stieß sie Corbin in den Hals. Mit einer sanften, geschmeidigen Bewegung injizierte er den Inhalt der Spritze in die Halsschlagader des Erzdämons.
Corbin sah ihn überrascht an. „Wieso?“
„Wegen meiner Mutter“, flüsterte Massimo.
„Luciana, diese Schlampe, ist nicht deine Mutter“, würgte Corbin hervor.
„Ich weiß. Ihr Name war Carlotta Rossetti.“
Corbin schluckte. Es war nur eine kleine Bewegung seines Adamsapfels. Plötzlich fasste er sich an den Hals und begann zu husten. Ein Schwall Blut landete auf dem Fußboden. Und dann begann sein Todeskampf. Grausige Laute drangen aus seinerKehle. Es war der Klang des Todes, den Luciana so viele Male gehört hatte. Der Erzdämon fiel zu Boden. Zuckend lag er auf dem Betonfußboden, als er sein Leben aushauchte.
Alles erstarrte.
Die Türhüter sahen Corbin bei seinem Todeskampf zu, ungläubig, als erwarteten
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