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Im Bann der Dämonin

Im Bann der Dämonin

Titel: Im Bann der Dämonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Chong
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einem bunten Mosaikrahmen eingefasst war. Ein bulliger Türhüter öffnete eine der beiden Türen einen kleinen Spalt, nachdem sie angeklopft hatte.
    „Ja?“
    „Ich muss mit dem Maestro sprechen“, verkündete die Dämonin. „Sag ihm, Luciana Rossetti ist hier.“
    Kurz darauf erschien der Glasbläsermeister in der Tür. Ein rotgesichtiger Mann, der eine schwere Schürze mit roten Spritzern darauf trug. Er runzelte kurz die Stirn, verbeugte sich jedoch und sagte: „ Baronessa , welche Überraschung, Sie hier zu sehen! Wir hätten nie erwartet, dass Sie uns mit Ihrem Besuch beehren würden.“
    In Wirklichkeit meinte er: Wir hätten nie geglaubt, dass Sie sich dazu herablassen würden, jemals hierherzukommen.
    Jeder Dämon in Venedig wusste, dass Luciana Rossetti die Hitze und den Lärm hasste, die in einer fornace herrschten. Und dass sie die Glasbläsereien mied wegen ihrer Verbindung zu der bewussten Glasgalerie und zu Carlotta. Aber auch, und das wusste nur Luciana, wegen der Morde, die hier stattfanden und die sie für wenig raffiniert hielt.
    Das hier hatte nichts mit der Kunst des Glasbläserhandwerks zu tun.
    Sondern nur mit der Arbeit des Maestro und seiner Türhüter.
    Ich habe keine Wahl. Ich muss diese Aufgabe zu Ende bringen. Für Brandon .
    „Ich habe einen ganz besonderen Gast bei mir.“ Luciana ignorierte das Stirnrunzeln des Maestros und dessen unverhohlene Botschaft. „Er verdient es, Venedig von einer Seite kennenzulernen, die er nur mit mir kennenlernen kann.“
    „In diesem Fall treten Sie bitte ein“, forderte der Maestro sie auf.
    „Dafür willst du sicher bei vollem Bewusstsein sein.“ Sie schnippte vor Judes Gesicht einmal mit den Fingern, und schon erwachte er aus seinem Trancezustand.
    Er blinzelte ein paarmal und versuchte, seine Umgebung irgendwie einzuordnen. Der Maestro stand vor ihnen und grinste schon voller Vorfreude. In diesem Moment öffnete derTürhüter beide Eisentüren; sie quietschten laut, und eine Gluthitze erfasste sie. Jude wankte zurück, die Hitze warf ihn beinahe um.
    Und das, was er vor sich sah.
    Die Dämonin stieß ihn durch die geöffneten Türen in die Fabrik. Die erhöhte Metallplattform, auf der sie standen, bot einen Blick auf die Werkshalle. Hunderte von Türhütern hielten in ihrer Arbeit inne und sahen sie an. Die Geschäftigkeit an den Öfen kam einen Moment zum Stillstand, denn alle wollten wissen, wer gekommen war. Einige der Türhüter nickten Luciana zur Begrüßung zu.
    Und dann wandten sich die Arbeiter so abrupt, wie sie sie unterbrochen hatten, wieder ihrer jeweiligen Tätigkeit zu.
    Einige von ihnen bliesen Glas. Sie standen vor den Brenn-öfen mit ihren glühend heißen Flöten, mit Hand- und Lang-brennern. Aus den flüssigen Glasblasen formten sie filigrane Gebilde, Skulpturen, Vasen und Stielgläser.
    Andere schmiedeten Waffen, verschiedene Arten von Schwertern und Messern. Sie erhitzten das Metall im Ofen und bearbeiteten es dann mit schweren Hämmern. Das Echo der Hammerschläge erklang im weiten Raum der Werkshalle.
    Weitere Türhüter warfen Gegenstände in einen Ofen, um sie zu verbrennen. Ein blutiger Haufen aus zerschmetterten Gliedmaßen, von Mensch und Tier gleichermaßen, erhob sich in der Mitte der Werkshalle aus einer großen Blutlache. Es roch nach verbranntem Fleisch.
    „In der Tradition der fornaci di Murano , den traditionellen Glasbläsereien, brennen die Öfen vierundzwanzig Stunden am Tag, an sieben Tagen in der Woche. Sie gehen nie aus“, erklärte der Maestro. „Die menschlichen Glasbläsermeister beginnen morgens um sechs mit ihrer Arbeit und beenden sie um sechzehn Uhr. Wir Dämonenkünstler arbeiten dagegen rund um die Uhr. Die Öfen werden für viele verschiedene Zwecke eingesetzt, wie Sie sehen.“
    Jude riss die Augen auf. Voller Entsetzen betrachtete er die Szenerie.
    „Normalerweise sind die Ofenöffnungen relativ klein, mit nur wenigen Zentimetern Durchmesser. Doch wie Sie feststellen werden, haben wir die Öfen für unsere Zecke modifiziert“, erklärte der Maestro.
    Sie sind groß genug, dass ein Mensch durchpasst. Oder auch mehrere, wenn nötig.
    Das war es, was der Maestro damit sagen wollte, dachte Luciana.
    „Vieles von unserer Arbeit befindet sich noch in einem experimentellen Stadium“, fuhr der Mann fort. „Wir bereiten uns auf die Zukunft vor. Es gilt, noch etliches zu verbessern. Wenn wir einmal so weit sind, wird unsere bescheidene fornace einen wichtigen Beitrag leisten auf dem Weg

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